| # taz.de -- Nach Schusswechseln in Guinea-Bissau: Alles „unter Kontrolle“? | |
| > Im westafrikanischen Land ist es anders als befürchtet doch nicht zu | |
| > einem Umsturz der Regierung gekommen. Schwach bleibt der Staat aber | |
| > trotzdem. | |
| Bild: Der Präsident von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embalo, bei der UN-Genera… | |
| Cotonou taz | Die Aufregung war in Westafrika groß gewesen – kurz nachdem | |
| am Dienstagnachmittag die ersten Schüsse auf den Präsidentenpalast in | |
| Guinea-Bissau gefallen waren. Alles deutete auf den zweiten Staatsstreich | |
| innerhalb gut einer Woche in Westafrika hin. Erst am 24. Januar hatte das | |
| Militär in [1][Burkina Faso] geputscht. Nach einem „fünfstündigen | |
| Schusswechsel“ kam in der Nacht zu Mittwoch aber die Entwarnung aus dem | |
| knapp zwei Millionen Einwohner*innen großen Land: „Die Situation ist | |
| unter Kontrolle“, sagte Präsident Umaro Sissoco Embaló vor Fernsehkameras, | |
| betonte aber auch: „Man hat versucht, mich zu töten.“ Der Angriff soll auch | |
| seinem Kabinett gegolten haben, mit dem er sich am Dienstagnachmittag | |
| getroffen hatte. Zum Zeichen, dass es allen gut geht, traten mehrere | |
| Minister*innen ebenfalls vor die Kameras. | |
| Anfangs hatte es geheißen, dass die Angreifer bereits Staatsradio und | |
| -fernsehen besetzt hätten. Informationen verschiedener Medien zufolge | |
| sollen sie Zivilkleidung getragen haben. Am Mittwochmittag wird von | |
| mindestens sechs Toten ausgegangen: vier Angreifer und zwei Wächter. | |
| Soldat*innen patrouillieren weiter rund um den Präsidentenpalast. Wie | |
| viele Menschen bisher verhaftet wurden, ist offiziell nicht bekannt. | |
| Grund für den Anschlag, so sieht es Embaló, seien seine restriktive | |
| Drogenpolitik und sein Kampf gegen Korruption. Ein Teil der Täter sind | |
| möglicherweise in den Drogenhandel verstrickt. Guinea-Bissau galt lange als | |
| Drehkreuz für den Transport von Kokain von Lateinamerika nach Europa. Immer | |
| wieder hat es den Verdacht gegeben, dass auch die Armee in den Handel | |
| verstrickt ist. Embaló, Brigadegeneral der Reserve, hat diese Spekulationen | |
| aber zurückgewiesen: „Dem Putschversuch hat sich kein Lager angeschlossen. | |
| Er war isoliert.“ | |
| Embaló ist erst seit 2020 im Amt. Als Oppositionsführer ging der einstige | |
| Premierminister 2019 in die Präsidentschaftswahl und gewann nach | |
| Einschätzung der Wahlkommission die Stichwahl gegen Domingos Simões | |
| Pereira. Dennoch folgte ein wochenlanger Streit, und beide Lager | |
| vereidigten eigene Präsidenten und Premierminister. Eine monatelange | |
| Blockade folgte. | |
| ## Eine stabile Politik gab es hier ohnehin nie | |
| Eine stabile Politik hat es in Guinea-Bissau, das 1974 in einem | |
| Befreiungskrieg von Portugal unabhängig wurde, ohnehin nie gegeben. Vier | |
| Putsche hat es seitdem verzeichnet, den letzten 2012. Doch auch | |
| Präsidentschaftswahlen wurden nicht in vorgegebenen Zeitfenstern | |
| vorbereitet. Deshalb wurde 2019 beispielsweise José Mário Vaz entmachtet. | |
| Er war zwar noch Präsident, hatte in den letzten Monaten aber keinerlei | |
| Befugnisse mehr. Auch zwischen Staatschefs und ihren Premierministern kam | |
| es immer wieder zu Zerwürfnissen, und im Parlament blockierten sich die | |
| verschiedenen Parteien gegenseitig. | |
| Auf dem Index für instabile Staaten der US-amerikanischen Denkfabrik Fund | |
| for Peace rangiert Guinea-Bissau zum Beispiel weit hinten auf Platz 23 von | |
| 178 Ländern. Knapp 70 Prozent der Menschen leben unterhalb der | |
| Armutsgrenze. | |
| Dass Guinea-Bissau schnell kippen kann, weiß die Westafrikanische | |
| Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nur zu gut, musste sie doch regelmäßig | |
| intervenieren, da die Regierungen geschwächt oder zerstritten waren. Am | |
| Dienstagnachmittag sprach die Regionalorganisation von „großer Besorgnis“ | |
| über die aktuelle Entwicklung. Einen weiteren Staatsstreich kann die Region | |
| nach Burkina Faso auf keinen Fall brauchen. [2][Auch Mali steht seit August | |
| 2020 ohne gewählte Regierung dar]. In Guinea kam es im September 2021 zum | |
| Coup. | |
| 2 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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