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# taz.de -- Aus für Fahrradspur auf Friedrichstraße: Flaniermeile bald mit Ko…
> Die Mobilitätsverwaltung hat ein Einsehen: Zügiges Radfahren passt nicht
> zum Konzept der autofreien Friedrichstraße.
Bild: Idyll oder Tristesse? Die Meinungen gingen da bisher auseinander
Seit August 2020 gilt der mittlere Abschnitt der Friedrichstraße offiziell
als „Flaniermeile“. Restlos überzeugt hat die Hybridlösung aus
Fußgängerzone und Fahrradstraße aber nie. Nun hat sich auch die für den
Verkehrsversuch verantwortliche Senatsverwaltung für Mobilität
positioniert. Die Kombination der Nutzungen habe „so nicht funktioniert“,
teilte Jan Thomsen, der Sprecher von Senatorin Bettina Jarasch (Grüne), am
Donnerstag mit. Fazit: „Der Radweg wird aus der Friedrichstraße
herausgenommen“, so Thomsen. Das ergebe „eine entscheidende Verbesserung“.
Am kommenden Montag soll die detaillierte Auswertung des Verkehrsversuchs
vorgestellt werden. Die fällt insgesamt durchaus positiv aus, wie Jaraschs
Sprecher jetzt schon mitteilte: Es gebe eine „sehr hohe Zufriedenheit von
Passantinnen und Passanten mit der Aufenthaltsqualität in einer autofreien
Friedrichstraße“, vier von fünf Befragten wünschten sich, dass der
motorisierte Verkehr dauerhaft verbannt bleibe.
Präsentiert wird dann auch das neue „Nahbereichskonzept zur Lösung von
Verkehrsproblemen“. Es beinhaltet, dass der Radverkehr künftig über die
Charlottenstraße geführt werden soll, aus der gleichzeitig der motorisierte
Durchgangsverkehr verbannt wird. Erreichbar für Kfz und damit auch für den
Lieferverkehr blieben aber alle Geschäfte und Häuser, so Thomsen. Ein
Gestaltungswettbewerb für das gesamte Areal sei in Vorbereitung, dabei
werde es auch eine Beteiligung der Zivilgesellschaft geben: „Gespräche
laufen bereits.“
All das wird offensichtlich eine Weile dauern, ließ der Sprecher
durchblicken. Die breite und von vielen RadfahrerInnen mit zügigem Tempo
genutzte „Safety Lane“ in der Mitte der Friedrichstraße könnte aber schon
bald wegfallen – dann nämlich, wenn die beantragte „Teileinziehung“, also
die Herausnahme des Kfz-Verkehrs, genehmigt ist. Dann verschwänden auch die
gelben Markierungen und Baustellenbaken. Radfahren soll laut Thomsen in der
so entstehenden FußgängerInnenzone erlaubt bleiben, der Fußverkehr habe
dann aber Vorrang.
„Wir definieren den Begriff Flaniermeile neu“, ließ sich die Senatorin
selbst am Donnerstag vernehmen. Das erhöhe die Aufenthaltsqualität und
helfe „auch dem Einzelhandel am Ort“. [1][Wie sich der
Flaniermeilen-Versuch auf die Nutzung der darbenden Einkaufsstraße
ausgewirkt hat, ist durchaus umstritten.] Während BefürworterInnen des
aktuellen Zustands eine private Auswertung von Mobilfunkdaten zitieren,
laut der die Besucherzahlen der Straße angestiegen sind, verweisen
KritikerInnen wie das von Gewerbetreibenden getragene Bündnis „Rettet die
Friedrichstraße“ auf eine andere private Auswertung, die das genaue
Gegenteil nachweist.
## „RadlerInnen nicht warten lassen“
In einer ersten Reaktion sagte die Sprecherin von Changing Cities e. V.,
Ragnhild Sørensen, es sei „schade, dass das Konzept der ‚Safety Lane‘ ni…
angenommen wurde“, es habe ja dadurch keine Unfälle gegeben. Und obwohl die
Gestaltung der Friedrichstraße „nie sehr liebevoll“ gewirkt habe, sei die
Aufenthaltsqualität durch die Autofreiheit enorm gestiegen. Sørensen
betonte, dass der Radstreifen nicht ohne fertige Alternative „abgebaut“
werden könne: „Es geht natürlich nicht, jetzt die Friedrichstraße zur
Fußgängerzone zu machen und dann die Radfahrenden zwei oder drei Jahre
warten zu lassen, bis die Charlottenstraße fertig ist.“
Der Sprecher von „Stadt für Menschen“, Matthias Dittmer, findet es „gut,
dass jetzt weitergedacht wird“. [2][Die Initiative hatte schon früh mit
eigenen Aktionen auf eine autofreie Friedrichstraße gedrängt.] Durch die
Vermischung mit dem Fahrrad-Durchgangsverkehr sei das Experiment aber
„letztlich eine halbe Sache“ gewesen, so Dittmer. Er regte an, den
Radverkehr auf der ebenfalls parallelen Glinkastraße abzuwickeln und die
Charlottenstraße sowie den Gendarmenmarkt stattdessen in die Flanierzone
einzubeziehen: „Darüber würden sich sicher auch viele Anrainer freuen.“
28 Apr 2022
## LINKS
[1] /Autofreie-Friedrichstrasse/!5851285
[2] /Zwei-Stunden-Flanieren-in-Mitte/!5556585
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Bettina Jarasch
Friedrichstraße
Mobilitätswende
Radverkehr
Changing Cities
Volker Wissing
Sternfahrt
Bettina Jarasch
8. Mai 1945
Friedrichstraße
Friedrichstraße
Regine Günther
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