# taz.de -- #Aufstehen offiziell gegründet: Die doppelte Wagenknecht | |
> Die Fraktionsvorsitzende der Linken stellt „Aufstehen“ offiziell vor. Und | |
> bedauert die verpasste Chance auf Rot-Rot-Grün. Das solle sich ändern. | |
Bild: Ist heute als Aktivistin da: Sahra Wagenknecht in der Bundespressekonfere… | |
BERLIN taz | Gemeinsame Pressekonferenzen von Linken, Grünen und SPD gab es | |
in der Vergangenheit nicht so oft. Konstatiert zufrieden Sahra Wagenknecht. | |
Und kritisiert, dass die Chance auf eine gemeinsame Konstellation vor der | |
Bundestagswahl liegen gelassen worden sei. „Alle drei Parteien, die sich | |
das Label „Links“ auf die Fahnen heften, müssen etwas falsch gemacht | |
haben.“ | |
Da reibt man sich schon verwundert die Augen: Das sagt die | |
Spitzenkandidatin der Linkspartei zur Bundestagswahl 2017, jene Sahra | |
Wagenknecht, die in den letzten Jahren munter gegen die neoliberalen Grünen | |
und Sozialdemokraten ausgeteilt hat. Und die mit dafür gesorgt hat, dass | |
die eigene Partei ja keinen rot-rot-grünen Lagerwahlkampf führt. | |
Aber auf dem Podium der Bundespressekonferenz sitzt an diesem Dienstag | |
Vormittag nicht Sahra Wagenknecht, die Parteipolitikerin, sondern Sahra | |
Wagenknecht die Bewegungsaktivistin. Gemeinsam mit der Flensburger | |
SPD-Oberbürgermeisterin Simone Lange, dem Grünen-Urgestein Ludger Volmer | |
und dem Dramaturgen am Berliner Ensemble Bernd Stegemann gibt sie den | |
offiziellen Start der von ihr mitgegründenten Sammlungsbewegung #Aufstehen | |
bekannt. | |
Mit der Verpflichtung Langes ist den Initiatoren ein kleiner Coup geglückt. | |
Im April als Gegenkandidatin für den Parteivorsitz angetreten, war Lange | |
für kurze Zeit die Hoffnungsträgerin all jener Sozialdemokraten, die gegen | |
eine Neuauflage der Großen Koalition waren. Sie sei Sozialdemokratin aus | |
vollem Herzen, wie Lange am Dienstag betont, und lädt auch andere | |
Parteifreunde ein bei #Aufstehen mitzutun. | |
## Mehr als 100.000 Anmeldungen auf der Website | |
Und tatsächlich: Unter den rund 80 UnterstützerInnen, die seit Dienstag nun | |
erstmals auf der [1][Webseite] veröffentlicht werden, findet sich auch der | |
Bundestagsabgeordnete Marco Bülow. | |
Auch SchriftstellerInnen wie Eugen Ruge und Daniela Dahn, die | |
Musikproduzentin Annette Humpe und die Sängerin Nina Hagen stehen auf. Dazu | |
enge Vertraute von Wagenknecht in der Bundestagsfraktion, namentlich Fabio | |
de Masi und Sevim Dagdelen. | |
Weitere rund 100.000 Menschen sollen sich laut Initiatoren auf der Webseite | |
angemeldet haben. | |
Laut dem nun ebenfalls öffentlichen Gründungsaufruf will sich #Aufstehen | |
für eine neue Friedenspolitik engagieren, für sichere Jobs, gute Löhne, | |
gerechte Steuern und einen starken Sozialstaat. Außerdem sind sie gegen | |
Privatisierungen, für eine ökologische Wirtschaft und exzellente Bildung. | |
Das steht so ähnlich aber auch in den Parteiprogrammen der Parteien, denen | |
sich die Gründungsmitglieder nahe fühlen oder in denen sie (noch) Mitglied | |
sind. Ein detailliertes Programm will sich #Aufstehen in einem, wie es im | |
Gründungsaufruf heißt, transparenten Diskussionsprozess noch erarbeiten. | |
## Eine Bewegung vor allem im Netz | |
Obwohl die Sammlungsbewegung in einem kleinen Zirkel gegründet wurde, der | |
im Vorfeld eher wie ein Geheimbund, denn eine Massenbewegung agierte, | |
betonen die Initiatoren, dass man keine Bewegung von oben sei. Vielmehr | |
wolle man mit den normalen Bürgern ins Gespräch kommen. Konkret bietet die | |
Plattform auf ihrer Webseite das Debattentool Pol.is an. Als Testversion. | |
Zunächst funktioniert #Aufstehen also vor allem im Sitzen und im Netz. | |
Demnächst soll es aber auch Aufrufe und Anleitungen geben, wo sich die | |
Menschen einbringen können. | |
Führende Parteipolitiker hatten sich im Vorfeld von der Bewegung | |
distanziert. Der Linke Ministerpräsident Thüringens Bodo Ramelow nannte | |
#Aufstehen einen Fehler. Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hatte | |
moniert, dass diejenigen, die #Aufstehen initiiert hätten, nicht in | |
Chemnitz auf die Straße gegangen seien. | |
Und tatsächlich hatte Wagenknecht zu Chemnitz lange geschwiegen. In der | |
Bundespresskonferenz sagt sie am Dienstag eher allgemeine Sätze. Die | |
Menschen fühlten sich von der Politik im Stich gelassen. Ohnmacht und | |
aufgestaute Wut würden den Nährboden für Hass und Intoleranz bilden. | |
## Eine Ergänzung für die Parteien | |
Eine klare Absage an die rechten Aufmärsche von Pro Chemnitz klingt anders. | |
Und tatsächlich passt dieser Ton zur Intention Wagenknecht und ihres | |
Ehemannes Oskar Lafontaine mit #Aufstehen einen Resonanzraum für eine | |
restriktivere Flüchtlingspolitik innerhalb der Linkspartei zu schaffen und | |
zur AfD abgewanderte Wähler wieder an die Partei zu binden. | |
Zum Thema Flüchtlinge heißt es im Aufruf, man wolle das Recht auf Asyl für | |
Verfolgte gewährleisten. Gleichzeitig wird konstatiert, dass die | |
Flüchtlingsentwicklung zu zusätzlicher Verunsicherung geführt habe und | |
bereits vorhandene Probleme wie den Mangel an Sozialwohnungen, überforderte | |
Schulen oder fehlende Kitaplätze weiter verschärft habe. | |
#Aufstehen selbst will niemanden verdrängen, so der Grünen-Politiker | |
Volmer. Man sieht sich als Ergänzung zu anderen Parteien und will Parteien | |
verändern. Ob das gelingt, wird auch davon abhängen, wie viele analoge | |
Unterstützer die Bewegung tatsächlich mobilisieren kann. | |
4 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.aufstehen.de/ | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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