| # taz.de -- Aufruf zu Kundgebung vor Synagoge: Antisemitische Hetze wird teuer | |
| > Wegen Beleidigung wurde ein Rechtsextremer in Braunschweig verurteilt. Er | |
| > hatte 2020 eine antisemitische Mahnwache vor der Synagoge angemeldet. | |
| Bild: Hier wollten Rechtsextreme eine „Mahnwache“ gegen Zionismus abhalten:… | |
| Hamburg taz | Ein Motto hat Konsequenzen: Das Amtsgericht Braunschweig | |
| verurteilte am Dienstag [1][Johannes Welge] wegen Beleidigung. [2][Der | |
| ehemalige Kreisvorsitzende der rechtsextremen Kleinstpartei „Die Rechte“] | |
| hatte 2020 eine Mahnwache vor der Synagoge in Braunschweig angemeldet. | |
| Motto: „Freiheit für Palästina – Menschlichkeit ist nicht verhandelbar! | |
| Zionismus stoppen!“ Stattfinden sollte die Mahnwache zwischen 19:33 Uhr und | |
| 19:45 Uhr. Dafür hat das Gericht nun eine Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro | |
| gegen Welge verhängt. | |
| Bernadette Gottschalk zeigte sich nach dem Urteil erleichtert. Das | |
| Verfahren hatte sie mit ihrer Anzeige ausgelöst. Jedoch war es für sie bis | |
| zur gestrigen Verurteilung ein langer Kampf: Die Staatsanwaltschaft | |
| Braunschweig sah anfänglich keinen Straftatbestand – es folgte eine lange | |
| Auseinandersetzung zwischen Gottschalk und der Staatsanwaltschaft. | |
| Für Gottschalk ist offensichtlich, dass in der Ankündigung mit dieser | |
| Zeitangabe ein deutlicher Bezug zur Verfolgung jüdischer Menschen und zum | |
| Holocaust erkennbar ist. „Durch die damalige Judenverfolgung sollte der | |
| Zionismus gestoppt werden und zwar durch einen umfassenden Völkermord“, | |
| schrieb sie der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. | |
| Sie betonte, dass sie Jüdin sei und sie die Anmeldung als „einen Angriff | |
| auf mein Judentum“ einordne. Ein Großteil der Familie der pensionierten | |
| Pädagogin aus Laatzen war in Auschwitz ermordet worden, auch ihre | |
| Großeltern. Vor Gericht schilderte sie am Dienstag, wie betroffen sie das | |
| Motto der Mahnwache gemacht hatte. | |
| Doch das beeindruckte die Staatsanwaltschaft anfänglich nicht. Schon zwei | |
| Wochen nach der Anzeige teilte sie Gottschalk mit, dass keine ausreichenden | |
| Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten festzustellen | |
| seien – „insbesondere nicht der Anfangsverdacht einer Volksverhetzung“. | |
| Deshalb stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. | |
| Unterstützt von ihrem Mann, dem Juristen Joachim Gottschalk, legte sie | |
| Beschwerde ein. Sie wandten sich auch an die damalige niedersächsische | |
| Justizministerin Barbara Havliza (CDU). Aufgrund der Beschwerde der | |
| Gottschalks hob die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung auf. | |
| Selbes tat sie mit einem zweiten von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft | |
| eingestellten Verfahren, in dem die Gottschalks Beschwerde eingelegt | |
| hatten: Die Staatsanwaltschaft sah auch in den Äußerungen von Martin Kiese | |
| kein Problem und stellte zwei Mal die Ermittlungen ein. Der ehemalige | |
| Co-Vorsitzende von „Die Rechte“ soll bei einer Demonstration zum | |
| Volkstrauertag 2020 [3][Medienvertretern „Judenpresse“ und „Judenpack“ | |
| entgegengerufen] und ihnen mit „Feuer und Benzin“ gedroht haben. | |
| In der Beschwerde an die Justizministerin hatten die Gottschalks bereits | |
| angeregt, ob zu überprüfen sei, bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft | |
| die Zuständigkeit einzelner Personen zu verändern. | |
| Zwar hob die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung der Braunschweiger | |
| Kollegen wieder auf, teilte aber auch mit, dass zwar nicht wegen | |
| Volksverhetzung, aber wegen Beleidigung ermittelt werden kann. | |
| ## „Zionismus“ als Codewort für „Juden“ | |
| Die angekündigte Mahnwache mit dem nun inkriminierten Motto sollte am 24. | |
| November vor eineinhalb Jahren an der Synagoge stattfinden. Die Aktion | |
| hatte „Die Rechte“ aber nicht umgesetzt. In der Urteilsbegründung hob die | |
| Richterin hervor, dass es nicht relevant sei, ob die Aktion stattgefunden | |
| hat. Relevant sei einzig, dass das Motto an die Öffentlichkeit gerichtet | |
| war. Auch sei „Zionismus“ vielmehr als Codewort für „Juden“ verwendet | |
| worden. | |
| Dass klare Urteile im Kontext von Antisemitismus geboten sind, offenbart | |
| eine weitere Aktion in Braunschweig: Vergangene Woche fand ein Mitarbeiter | |
| der KZ-Gedenkstätte Schillstraße eine handgefertigte Gipsfigur mit der | |
| Botschaft „Tötet alle Juden“ – sowie einen Rosenstrauß mit abgetrennten | |
| Blüten. | |
| Welge, der bereits wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und Verwendens | |
| von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt ist, kann | |
| noch Berufung einlegen. | |
| 29 Mar 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Spendenlauf-verkehrt/!5015752 | |
| [2] /Demo-auf-Nordseeinsel-abgesagt/!5867250 | |
| [3] /Verfahren-gegen-Neonazi-eingestellt/!5917672 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
| ## TAGS | |
| Die Rechte | |
| Antisemitismus | |
| Braunschweig | |
| Shoa | |
| Holocaust | |
| Kolumne Der rechte Rand | |
| Schwerpunkt Pressefreiheit | |
| Antisemitismus | |
| Rechtsextremismus | |
| Antisemitismus-Vorwurf | |
| Rot-Grün Hamburg | |
| Braunschweig | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Neuer „Nazi-Kiez“ in Braunschweig: Gemeinsam gegen rechts | |
| In einem Stadtbezirk Braunschweigs machen sich Neonazis breit. Mit einem | |
| lokalen Aktionsplan will ein Bündnis linker Parteien dagegen vorgehen. | |
| Verfahren gegen Neonazi in Braunschweig: Bewährung wegen „Judenpresse“ | |
| Das Braunschweiger Amtsgericht verurteilt einen Neonazi: Er hatte mehrere | |
| Journalisten beleidigt und sich wegen Volksverhetzung schuldig gemacht. | |
| Anklage im dritten Anlauf: „Judenpack“ vielleicht doch Hetze | |
| Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft klagt nun doch den Rechtsextremen | |
| Martin Kiese an. Der habe Pressevertreter antisemitisch beleidigt. | |
| Messerangriff durch Burschenschaftler: Schweigen über rechte Gewalt | |
| Mitte Februar stach in Bingen ein Burschenschaftler auf einen anderen ein. | |
| Das Opfer hatte sich zuvor über Nazi-Musik beschwert. | |
| Antisemitismus in der Klimabewegung: Ist FFF Bremen antisemitisch? | |
| Die Bremer Ortsgruppe von Fridays for Future sieht sich seit einigen | |
| Monaten Antisemitismusvorwürfen ausgesetzt. Aber worum geht es eigentlich | |
| genau? | |
| Änderung der Hamburger Verfassung: Antiziganismus bleibt unerwähnt | |
| SPD, Grüne und CDU wollen Kampf gegen Antisemitismus in die Verfassung | |
| heben. Sinti:zze und Rom:nja beklagen, dass sie unerwähnt bleiben. | |
| Verfahren gegen Neonazi eingestellt: „Judenpack“ gilt nicht als Hetze | |
| Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft findet auch bei wiederholter Prüfung | |
| nichts Volksverhetzendes an den Ausfällen von Martin Kiese. |