| # taz.de -- Asylrecht für Geflüchtete aus Afghanistan: Eine Frage der Auslegu… | |
| > Das Asylrecht birgt für Asylsuchende aus Afghanistan Unsicherheiten. Der | |
| > Flüchtlingsrat fordert vom Bremer Innensenator ein Entgegenkommen. | |
| Bild: Horrorszenario für Geflüchtete: Abschiebung eines Afghanen im Juli 2019 | |
| Bremen taz | Der Bremer Flüchtlingsrat hat den Senat aufgefordert, die in | |
| der Stadt lebenden Afghan:innen aus einer asylrechtlichen Zwickmühle zu | |
| befreien. Weil Afghanistan bisher [1][als sicheres Herkunftsland galt], | |
| erhielten sie in der Regel kein Asyl, sondern nur eine befristete | |
| Aufenthaltserlaubnis. Jetzt, da die Taliban wieder an der Macht sind, | |
| könnten sie einen erneuten Antrag, einen sogenannten Asylfolgeantrag | |
| stellen. Doch damit riskieren sie ihren Aufenthaltsstatus. | |
| Für Afghan:innen, die oft [2][eine schwere Flucht] hinter sich haben, | |
| stelle der bestehende Aufenthaltsstatus eine wichtige Sicherheit dar, die | |
| sie nicht leichtfertig aufgeben wollten, sagt Holger Dieckmann vom | |
| Flüchtlingsrat. Denn beim Aufenthaltsstatus geht es um viel: die | |
| Arbeitserlaubnis, Sozialleistungen und letztendlich eine Niederlassung. | |
| Nun könnte die konkrete Auslegung des Asylrechts einen Unterschied für die | |
| Betroffenen machen. Denn im Gesetz heißt es, dass nur durch einen | |
| Asylantrag der bisherige Status erlischt. Nicht explizit genannt wird der | |
| Asylfolgeantrag, also ein erneuter Asylantrag aufgrund veränderter | |
| Umstände. | |
| Viele der Bremer Afghan:innen könnten einen solchen Asylfolgeantrag | |
| stellen, denn ihr Asylantrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die | |
| Taliban nicht ganz Afghanistan kontrollierten. Das ist nun nicht länger der | |
| Fall, somit haben sie heute bessere Chancen auf Asyl. | |
| Der Flüchtlingsrat fordert deshalb vom Bremer Innensenator Ulrich Mäurer | |
| (SPD) die wörtliche Auslegung des Gesetzes. Asylanträge und | |
| Asylfolgeanträge seien verschiedene Dinge. Das Erlöschen des bisherigen | |
| Status solle für den Asylfolgeantrag nicht gelten. So könnten Bremer | |
| Afghan:innen, die einen Asylfolgeantrag stellen, geschützt bleiben. | |
| ## Bremen pocht auf bundesgesetzliche Regelung | |
| Laut Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators, ist auch der | |
| Senat der Ansicht, dass das Gesetz nicht für Asylfolgeanträge gilt. So habe | |
| es der Senat auch dem Bund gesagt. Angesichts der realen Situation in | |
| Afghanistan ergebe es keinen Sinn, dass die befristete Aufenthaltserlaubnis | |
| für Afghan:innen mit Abschiebeschutz erlösche, wenn sie einen | |
| Asylfolgeantrag stellen. | |
| Der Senat könne die Sorgen in der afghanischen Community gut | |
| nachvollziehen. „Da Bremen aber nach dem Verteilungsschlüssel gerade mal | |
| für ein Prozent der Afghanen zuständig ist und es sich zudem um | |
| bundesgesetzliche Regelungen handelt, müsste zwingend eine Einigung der | |
| rechtlichen Auslegung auf Bundesebene erfolgen“, sagt Gerdts-Schiffler. Um | |
| die bemühe sich der Senat aktuell „auf Hochdruck“. | |
| Die Behauptung, es müsste erst eine Einigung auf Bundesebene geben, hält | |
| Dieckmann für Quatsch. Dafür reiche eine Verwaltungsanweisung des Senators, | |
| das Gesetz wörtlich auszulegen. Einen solchen Erlass gibt es im Land Berlin | |
| bereits seit Längerem. So wie dort könne es auch der Bremer Innensenator | |
| regeln, findet Dieckmann. | |
| Gerdts-Schiffler widerspricht. Da es eine bundesgesetzliche Regelung sei, | |
| gebe es keinen Ermessensspielraum. Der Berliner Erlass sei rechtlich | |
| zweifelhaft. | |
| Dieckmann findet es merkwürdig, dass Bremen nicht die „falsche“ Auslegung | |
| einiger anderer Bundesländer bemängelt, sondern die aus Berlin, der es sich | |
| vermeintlich anschließt. „Dass der Innensenator rumdruckst und beim gerade | |
| abgewählten BMI um Erlaubnis fragen möchte, ob er eine Meinung zu | |
| Entscheidungen seiner Behörde haben darf, mag ja unterhaltsam sein, es ist | |
| aber auch unwürdig“, urteilt er. | |
| Auch Sofia Leonidakis von der Bremer Linksfraktion hält den Berliner Erlass | |
| für eine gute Lösung. Schließlich sei er bisher unangefochten. Die Frist | |
| für Asylfolgeanträge, die am 15. November gewesen wäre, ist zwar vom | |
| Europäischen Gerichtshof ausgesetzt worden, doch diese Info habe noch nicht | |
| alle Betroffenen erreicht. Sie stünden unter Druck, jetzt einen Antrag zu | |
| stellen. Deshalb bräuchten sie schnell und unkompliziert Sicherheit. | |
| Außerdem zweifelt sie an der Entscheidung des Bundesinnenministeriums, | |
| sollte sie noch unter Seehofer getroffen werden. | |
| 5 Nov 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Paul Petsche | |
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