# taz.de -- Antarktis bleibt schutzlos: Raub-Fischerei wird weiter geduldet | |
> Die Staatengemeinschaft hat es nicht geschafft, ein dringend nötiges | |
> Schutzgebiet in der Antarktis einzurichten. China und Russland | |
> blockieren. | |
Bild: Pinguine in der Antarktis brauchen ein Schutzgebiet | |
BERLIN taz | Im Südpolarmeer wird es auch künftig kein Schutzgebiet geben. | |
Die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis | |
([1][CCAMLR]) konnte sich nicht auf die drei vorgeschlagenen Gebiete | |
einigen und vertagte die Entscheidung – wie schon auf ihrer Tagung im | |
vergangenen Jahr. Auch damals hatten genau wie dieses Mal Russland und | |
China eine Einigung blockiert. Die 24 Mitgliedsländer und die EU müssen | |
ihre Entscheidungen einstimmig fällen. | |
Geschützt werden sollen drei Gebiete mit einer Fläche von insgesamt rund | |
vier Millionen Quadratkilometern. Das entspricht etwa einem Prozent der | |
globalen Meeresfläche. Die Gebiete liegen im Weddellmeer, in der | |
Ostantarktis sowie westlich der antarktischen Halbinsel. [2][Chinesische | |
und russische Fischer fischen vor Ort] vor allem Seehecht und antarktischen | |
Krill. Vorwürfen, auch illegale Fischerei ihrer Flotten zu dulden, begegnen | |
sie mit Abwehr. | |
Allerdings konnte sich die CCAMLR darauf einigen, eine Schutzmaßnahme für | |
Krill zu verlängern. Die Fangmengen des Krebstieres werden begrenzt, um die | |
Nahrungskette nicht zu zerstören. Viele Tiere, etwa der Blauwal, ernähren | |
sich von Krill. | |
„Trotz der fehlenden Ausweisung neuer Schutzgebiete sind wir erleichtert, | |
dass die Schutzmaßnahme zur Einschränkung des Krillfangs verlängert wurde“, | |
sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen | |
Umwelthilfe. „Aus neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen wissen wir | |
jedoch, dass diese Maßnahme allein nicht ausreicht, um eine übermäßig | |
konzentrierte Fischerei rund um die Antarktische Halbinsel zu verhindern.“ | |
## Die EU hat Druck gemacht – und ist gescheitert | |
Leider wachse der Druck, mehr Fischerei zuzulassen, insbesondere auf Krill | |
als Futter für Aquakulturen, sagt Rainer Froese, wissenschaftlicher | |
Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Marine Evolutionsökologie am Kieler | |
Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR). | |
„Fischerei auf Krill entnimmt die wichtigste Nahrungsquelle für viele | |
Lebewesen wie Wale oder Pinguine“, so Froese: „Diese müssen als Folge | |
längere Wege zurücklegen, um genug Nahrung für sich und ihren Nachwuchs zu | |
finden“. Die Antarktis leide schon jetzt besonders durch den Klimawandel. | |
Der dadurch verursachte Stress werde durch die Fischerei verstärkt. „Die | |
Krillbestände sind bereits rückläufig. Jede Fischerei darauf sollte | |
eingestellt werden“, so Froese. | |
„Die Antarktis ist durch die Versauerung und Erwärmung besonderem Druck | |
ausgesetzt, während sie gleichzeitig einen bedeutsamen Faktor der | |
Klimastabilität darstellt“, sagt Nele Matz-Lück, Co-Direktorin am | |
Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht an der Universität | |
Kiel. „Industrielle Fischerei erhöht den Druck auf Bestandteile des | |
Ökosystems, ohne dass die Folgen im Zusammenhang mit dem Klimawandel | |
abschließend erforscht wären“, so Matz-Lück. | |
Für die neuen Schutzgebiete hatte sich vor allem die EU stark gemacht. | |
Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevičius [3][hatte im Frühjahr die | |
EU-Minister extra zu einem Treffen eingeladen], um den jetzigen | |
Verhandlungen Nachdruck zu verleihen – offenbar vergebens. | |
29 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ccamlr.org/en/organisation/home-page | |
[2] /Bedrohte-Fischbestaende/!5752414 | |
[3] /Meeresschutz-am-Suedpol/!5768829 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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