# taz.de -- Afghanistan-Aufnahmeprogramm: Ampel spart an Humanität | |
> Die Bundesregierung will die Aufnahme von gefährdeten Afghan*innen | |
> abwickeln. Am Jahrestag des Abzugs äußern NGOs scharfe Kritik an den | |
> Plänen. | |
Bild: Kabul, Mittwoch: Die Herrschaft der Islamisten bedeutet für Menschenrech… | |
Berlin taz | Drei Jahre nach dem Abzug der westlichen Truppen aus Kabul | |
kritisieren Hilfsorganisationen, dass die Ampel das | |
Afghanistan-Aufnahmeprogramm zusammenstreichen will. Die Aktivist*innen | |
befürchten das endgültige Ende der Rettungsbemühungen um die von den | |
Taliban bedrohten Menschenrechtler*innen und andere vulnerable | |
Personen, etwa Homosexuelle. Für den Posten „Resettlement und humanitäre | |
Hilfe“, unter den das Programm fällt, sind im Haushaltsentwurf für 2025 | |
[1][nur 9 Millionen Euro vorgesehen] – im laufenden Jahr sind es noch über | |
70 Millionen Euro. | |
Kerstin Becker vom Paritätischen Gesamtverband sagte der taz, die | |
Bundesregierung lasse die bedrohten Afghan*innen „im Stich“, wenn die | |
Pläne so umgesetzt würden. Die Bundesregierung dürfe sich ihrer | |
Verantwortung nicht entziehen. „Mit dem chaotischen Abzug der Truppen aus | |
Afghanistan trägt auch Deutschland eine Mitschuld daran, dass die Taliban | |
jetzt wieder an die Macht kommen konnten“, so Becker. | |
Theresa Bergmann von Amnesty International nannte die Pläne „beschämend“. | |
Die Bundesregierung breche „ihr eigens geäußertes Versprechen gegenüber | |
afghanischen Menschenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen und | |
Anwält*innen“. Und Tareq Alaows von Pro Asyl sprach von einem | |
„Bundesversagen-Programm statt einem Bundesaufnahme-Programm“. Er forderte: | |
„Alle Schutzzusagen müssen eingehalten werden.“ | |
Hintergrund der geplanten Einsparungen ist das Gerangel der | |
Ampelkoalitionäre um den Bundeshaushalt. Seit dem Frühjahr zanken sich die | |
Regierungsfraktionen um die Frage, wo wie viel im Haushalt für 2025 gespart | |
werden muss. Der aktuelle Entwurf sollte den Streit eigentlich beenden, | |
hängt derzeit aber im Kabinett fest, weil Finanzminister Christian Lindner | |
(FDP) zuletzt noch weiteren Einsparbedarf ermittelt haben will. | |
## 600 Aufnahmen – statt 22.000 wie geplant | |
Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass den geplanten Kürzungen beim | |
Aufnahmeprogramm nicht nur finanzielle Überlegungen zugrunde liegen. Eva | |
Beyer von der Organisation Kabul Luftbrücke berichtete der taz, dass die | |
Regierung ihr Engagement schon jetzt herunterfahre – obwohl für das | |
laufende Jahr nicht gespart werden muss. „Das Aufnahmeprogramm steht | |
bereits still.“ Seit Mitte Juli würden keine Aufnahmezusagen mehr vergeben. | |
Beyer spricht mit Blick darauf von „politischem Unwillen“, der die | |
Aufnahmebemühungen von Anfang an ausgebremst habe. | |
Das Bundesinnenministerium ging am Donnerstag auf die Nachfrage der taz | |
nicht ein, ob tatsächlich keine Aufnahmezusagen mehr vergeben werden. Ein | |
Sprecher teilte mit: „Über die Zukunft des Programms wird regierungsintern | |
beraten.“ | |
Menschenrechtsorganisationen hatten das Aufnahmeprogramm von Anfang an als | |
zu zaghaft kritisiert. Seit dem Start 2022 wurden nur rund 600 Personen | |
ausgeflogen, nach den ursprünglichen Zielvorgaben hätten es bis heute | |
22.000 sein sollen. Insbesondere Verzögerungen bei der Visavergabe und | |
langwierige Sicherheitsüberprüfungen bremsten die Aufnahmebemühungen massiv | |
aus. | |
Anfang 2023 wurde das Programm für einige Monate [2][sogar komplett | |
ausgesetzt], nachdem es Sicherheitsbedenken gegeben hatte. Teils wurden | |
einmal gegebene Aufnahmezusagen auch [3][wieder zurückgezogen]. Tausende, | |
die durch das Programm evakuiert werden sollten, sitzen so bis heute in | |
Pakistan fest. | |
Über frühere Mechanismen, etwa das Listenverfahren, das dem | |
Aufnahmeprogramm voranging, wurden dagegen rund 32.000 Afghan*innen | |
evakuiert. Für ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr gibt es ein separates | |
Aufnahmeprogramm. | |
15 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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