# taz.de -- AfD und CDU gegen Muslim-Staatsvertrag: Alles Antisemiten? | |
> In Hamburg wollen AfD und CDU den Staatsvertrag mit den Muslimen | |
> aussetzen. Der Grund: antisemitische Demoaufrufe einer Moschee in der | |
> Vergangenheit. | |
Bild: Zankapfel Imam-Ali-Moschee: Trägt der Staatsvertrag zur Zähmung der rad… | |
HAMBURG taz | Der Staatsvertrag mit der Schura Hamburg, dem Rat der | |
Islamischen Gemeinschaften, soll ausgesetzt werden. Das fordern CDU und AfD | |
in Anträgen zur Junisitzung der Hamburgischen Bürgerschaft. Ihr Vorwurf: | |
Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), welches zur Schura gehört, steht | |
unter besonderer Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die schiitische | |
Moschee ist [1][eng mit dem iranischen Regime verbunden]. In der | |
Vergangenheit hatte das IZH mehrfach zur Teilnahme an den alljährlichen | |
[2][Demonstrationen zum „Al-Quds-Tag“ in Berlin] aufgerufen, an dem jeweils | |
am letzten Freitag im Ramadan im Iran organisierte Massendemonstrationen | |
gegen Israel stattfinden. | |
Deswegen fordert die CDU [3][schon seit einigen Jahren], dass die Verträge | |
ausgesetzt oder beendet werden. Das IZH mit der häufig fotografierten | |
„Blauen Moschee“ an der Schönen Aussicht in Uhlenhorst gehöre zum | |
„islamistischen Spektrum“, heißt es in einer Pressemitteilung der Behörde | |
für Inneres. Laut CDU dulde die Schura damit Antisemitismus und | |
Demokratiefeindlichkeit in den eigenen Reihen. | |
Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU, gehört zu den | |
Antragstellern. Er fordert eine Aussetzung des Staatsvertrags mit der | |
Schura, solange das „antisemitische IZH“ dort geduldet werde. Obwohl die | |
AfD Ähnliches fordert, distanziert sich Gladiator von der Partei: Der | |
Antrag der CDU sei ganz anders als jener der AfD. | |
Seine Forderung begründet Gladiator mit dem allgemein vermehrten Aufkommen | |
antisemitischen Gedankenguts. Das eindeutigste Zeichen dafür sei die | |
Kundgebung vom 28. Mai auf dem Steindamm gewesen, die der Verfassungsschutz | |
als antisemitisch bewertete. Weder Schura noch das IZH standen jedoch mit | |
der Kundgebung in Verbindung. Die Schura hatte sich von der Demonstration | |
sogar distanziert. | |
## AfD: Antisemitismus „überwiegend islamisch geprägt“ | |
Die AfD geht noch einen Schritt weiter: „Der gegenwärtig in Deutschland | |
aufkeimende Antisemitismus ist überwiegend islamisch geprägt“, heißt es in | |
ihrem Antrag. Die Schura sei „von Islamisten unterwandert worden“ und müsse | |
deshalb vom Staatsvertrag „ausgeschlossen werden“, der „nach dem Ablauf v… | |
zehn Jahren in seiner gegenwärtigen Form nicht zu verlängern“ sei. Das wäre | |
im kommenden Jahr. | |
Özlem Nas, Vorstandsmitglied der Schura Hamburg, ermüden die Forderungen | |
von CDU und AfD: „Dieser [4][mantraartige Ruf nach Kündigung des | |
Staatsvertrages] ist schon Tradition geworden.“ Es störe einige, dass ein | |
Austausch auf Augenhöhe stattfinde. Dass AfD und CDU Antisemitismus als | |
Grund für die Anträge nennen, findet Nas gefährlich: Die Anträge | |
unterstellten, dass der Antisemitismus in Deutschland ein islamischer | |
Antisemitismus sei. Statistiken zeigten jedoch, dass Antisemitismus in | |
Deutschland zum Großteil dem rechten Milieu zuzuschreiben sei. | |
Auf die Kritik der CDU am IZH entgegnet Nas, dass der Dialog durch den | |
Staatsvertrag eben solche spannungsreichen Situationen entspannen helfe. | |
Der Staatsvertrag habe maßgeblich dazu beigetragen, dass das IZH inzwischen | |
nicht mehr zur Beteiligung am Al-Quds-Tag aufruft. Das IZH sei zudem offen | |
für einen Austausch. Gerade bei kritischen Themen sei es wichtig, den | |
Austausch nicht zu unterbinden, so Nas. | |
## Grüne: Keine „Kollektivhaftung“ | |
Laut Michael Gwosdz, dem religionspolitischen Sprecher der Grünen Hamburg, | |
würde ein Aussetzen der Verträge das Signal senden, man wolle alle | |
Muslim*innen in Kollektivhaftung nehmen. „Die Verträge wurden 2011/2012 | |
beschlossen, um den muslimischen Bürger*innen zu zeigen, dass wir sie | |
auf gleicher Ebene behandeln wollen wie alle anderen religiösen | |
Gemeinschaften, mit denen wir ja auch schon entsprechende Verträge haben.“ | |
Als drittgrößte Religionsgemeinschaft Hamburgs sollten Muslim*innen da | |
nicht ausgegrenzt werden, so Gwosdz. | |
Dass das IZH das iranische Regime repräsentiere, habe die Stadt Hamburg | |
schon gewusst, als die Verhandlungen über die Verträge unter Schwarz-Grün | |
begonnen und unter der SPD abgeschlossen wurden. „Wäre die Schura | |
antisemitisch, würde der Landesrabbiner sicherlich nicht mit ihr gemeinsam | |
zum Friedensgebet einladen“, schließt Gwosdz. | |
Gladiator dagegen ist nicht der Meinung, dass die Rechte muslimischer | |
Bürger*innen besonders geschützt werden müssten. Er betont, dass das | |
Grundgesetz alle Muslime genau so schütze wie Christen und Atheisten. Dafür | |
brauche es keine Verträge. | |
16 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Lukas Door | |
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