# taz.de -- Ärger mit dem Wohnungskonzern Vonovia: In Kiel brennt die Hütte | |
> In Kiel fehlt Wohnraum und es gibt Ärger mit dem Vermieter Vonovia. Die | |
> Stadt greift nun mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft in den Markt ein. | |
Bild: Soll künftig auch wieder von Stadt veranlasst werden: Wohnungsbau in Kiel | |
NEUMÜNSTER taz | In Kiel ist ein Kampf ums Wohnen entbrannt – ganz | |
wörtlich: Unbekannte warfen einen Brandsatz in ein Büro der | |
Wohnungsgesellschaft Vonovia, wenige Wochen zuvor besetzte eine Gruppe von | |
Aktivist*innen ein Haus, das Vonovia leerstehen lässt. Die Stadt will mit | |
einer eigenen Wohnungsgesellschaft auf dem Mietmarkt eingreifen. Reicht das | |
aus? | |
Das Thema Wohnen sei nun auch in Kiel „hochbrisant“, sagt Ann Sophie | |
Mainitz, Geschäftsführerin des [1][Mietervereins]. Teilweise seien die | |
Mieten in der Innenstadt ähnlich hoch wie in Hamburg und auch in mittleren | |
Lagen zögen die Preise an. Ältere oder Alleinerziehende, die ihr Viertel | |
nicht verlassen könnten, weil sie ihre nahen Ärzte oder Kita bräuchten, | |
„sparen dann lieber beim Essen, als umzuziehen“, weiß Mainitz aus der | |
täglichen Beratung. | |
Häufig ist es die Vonovia, die mit [2][Mieterhöhungen] für Druck sorgt. In | |
anderen Vonovia-Wohnungen [3][bleiben Sanierungen aus], sodass es zu | |
Mängeln bis hin zu Schimmel kommt. Ein weiteres Ärgernis sind aus Mainitz’ | |
Sicht [4][intransparente Nebenkostenabrechnungen]. „Wenn wir dagegen | |
vorgehen, kann es Monate oder sogar ein Jahr dauern, bis wir vom | |
Unternehmen Auskünfte erhalten.“ | |
Mainitz gibt zu, dass sie nicht objektiv ist: „Wir sehen ja nur die Fälle, | |
in denen Leute sich ungerecht behandelt fühlen.“ Aber davon gibt es eine | |
ganze Menge. Hinzu kommt: Viele der Wohnungen, die sich heute im Bestand | |
der Vonovia befinden, waren ursprünglich städtisch. 1999 verkaufte der | |
Stadtrat die Kieler Wohnungsbaugesellschaft KWG mit 11.000 Wohnungen für | |
250 Millionen DM. Kiel setzte ein Zeichen im Land, viele Kommunen folgten: | |
„Wir hatten landesweit mal 220.000 kommunale Wohnungen, sind jetzt nur noch | |
46.600“, sagt Mainitz. Und Jahr für Jahr fallen weitere Objekt aus der | |
Preisbindung. | |
## Druck durch Mieterhöhung | |
Mit dem Verkauf wollte die Stadt Schulden tilgen. Die Käuferin, die | |
Hamburger WCM Beteiligungs- und Grundbesitz AG, wurde verpflichtet, soziale | |
Projekte fortzusetzen und Mieten nur mäßig zu erhöhen. Doch die Realität | |
sah anders aus: Die Häuser wurden mehrfach weiterverkauft und fielen | |
schließlich an die Vonovia, die heute mit rund 15.000 Wohnungen einer der | |
größten Player in Kiel ist. Bundesweit besitzt die Bochumer Firma 350.000 | |
Objekte, mehr als doppelt so viele wie die Deutsche Wohnen. Im vergangenen | |
Jahr machte Vonovia über eine Milliarde Euro Gewinn. | |
Dieser Gewinn fällt nicht vom Himmel, davon sind die Aktivist*innen | |
überzeugt, die im Januar 2020 eine leerstehende Vonovia-Villa besetzten: | |
„Der Konzern beutet seine Mieter*innen aus, indem er die Wohnungen auf ihre | |
Kosten modernisiert. Gleichzeitig tut Vonovia nichts bei Problemen wie | |
Schimmel und Wassereinbrüchen“, heißt es in einer Mitteilung. | |
Die Firma reagiert auf eine taz-Anfrage zu diesen Vorwürfen mit einem | |
allgemein gehaltenen Statement: „Wir bei Vonovia stehen für Dialog und | |
verstehen uns als verantwortungsvollen Vermieter“, teilt die | |
Pressesprecherin mit. Für ein „langfristiges und bezahlbares Zuhause | |
investieren wir langfristig in unseren Bestand“. Zum Vorwurf der | |
intransparenten Kosten heißt es nur, die Preise seien „marktüblich“, die | |
Abrechnungen hätten „hohe Qualität“. Aber ja, angesichts von jährlich ru… | |
fünf Millionen Rechnungsvorgängen „passieren natürlich da auch Fehler“. … | |
besetzte Villa stehe zum Verkauf, es sei nicht im Interesse der Vonovia, | |
Gebäude leerstehen zu lassen. | |
Der damalige Verkauf der KWG war ein „Riesenfehler“, sagt Kerstin Graupner, | |
Sprecherin der Stadt. Das Wohnungsthema bestimmte den Wahlkampf 2019, in | |
dem erneut Ulf Kämpfer (SPD) zum Bürgermeister gewählt wurde. Im Herbst | |
beschloss der Stadtrat mit großer Mehrheit, wieder eine | |
Wohnungsgesellschaft zu gründen: Die Kieler Wohnungsgesellschaft mbH & Co. | |
KG“ (KiWoG). | |
„Sozialer Wohnungsbau ist keine Nostalgie, sondern Schlüssel zur Zukunft“, | |
heißt es stolz auf der Homepage der Stadt. Doch die KiWoG beginnt | |
bescheiden. Laut Homepage ist ein Bestand von 1.000 Wohnungen geplant. Das | |
sei nur ein Anfang, betont Graupner, sie nennt 4.000 Wohnungen als das | |
nächste Ziel, davon soll ein Drittel zum Sozialtarif vermietet werden. | |
„Wir kaufen, wo es geht, oder bauen selbst.“ Der Vorteil von Kiel: „Es gi… | |
hier so viele Baulücken, die man schön füllen kann.“ | |
Den Aktivist*innen reicht das nicht: „Solange keine Lösung für das Kieler | |
Wohnraumproblem gefunden wird, ist kein leerstehendes Haus vor uns sicher“, | |
teilt die Gruppe nach Ende der einwöchigen Besetzung an. | |
19 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.kieler-mieterverein.de/ | |
[2] /Mietwohnungen-in-Hamburg/!5606681 | |
[3] /Streit-einer-Bremer-Mieterin-mit-Vonovia/!5654098 | |
[4] /Urteil-Hoehere-Miete-nach-Sanierungen/!5659695 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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