| # taz.de -- Bundestagsdebatte zum Rentenpaket: Die links-grüne Saalschlacht lo… | |
| > In der Rentendebatte haben Grüne und Linke die Rollen getauscht und sich | |
| > dafür gegenseitig beschimpft. Weit wird die Opposition damit nicht | |
| > kommen. | |
| Bild: Machte Druck auf Merz: Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek | |
| Im Parlament war am Freitag Gegenteiltag. Erster Teil: [1][In der Debatte | |
| um das Rentenpaket] der schwarz-roten Koalition haben Grüne und Linke die | |
| Rollen getauscht. Bislang waren es meistens erstere, die Beschlüsse | |
| mitgetragen haben, auch wenn sie inhaltlich höchstens zum Teil | |
| dahinterstanden. Mal aus staatspolitischer Verantwortung und mal, weil | |
| kleine Erfolge besser sind als gar keine Erfolge. Die Linke hat das oft | |
| belächelt: Konstruktive Opposition? Nichts da, Friedrich Merz kriegt von | |
| uns keine Hilfe. | |
| Nun also andersherum. Die Grünen nehmen sich seit Monaten mehr | |
| Konfliktbereitschaft vor und haben den Vorsatz jetzt einmal umgesetzt. | |
| Schluss mit betreutem Regieren. Sie stimmten gegen das Rentenpaket, für das | |
| die Kanzlermehrheit bis zuletzt wackelte. Dafür klingt Heidi Reichinnek | |
| plötzlich wie frisch aus einem Seminar der Böll-Stiftung zur | |
| Verantwortungsethik: An Friedrich Merz ist viel zu kritisieren und an | |
| diesem Rentenpaket auch, aber erst mal lässt es die Renten steigen – da | |
| können wir nicht Nein sagen. | |
| Worum es in diesem Kommentar nicht geht: Um die Frage, welcher der beiden | |
| Wege der richtige war. [2][Für beide Optionen gibt es gute Argumente,] | |
| zumal aus Sicht der jeweiligen Fraktionen. Die Grünen standen in den | |
| letzten Jahren zu oft als Abnicker da und [3][die Linken als Aussätzige, | |
| mit denen kein Staat zu machen ist.] Imagepflege konnten beide unter | |
| gegensätzlichen Vorzeichen brauchen und das gegenseitige Verständnis müsste | |
| eigentlich groß sein: Oft genug war man in der Vergangenheit doch selbst in | |
| der Rolle des jeweils anderen. | |
| In der Bundestagsdebatte am Mittag war davon allerdings nichts zu spüren. | |
| Verrat, Ambitionslosigkeit, Unterwerfung, Blamage, Scheinheiligkeit und | |
| Obsessionen unterstellten sich Grüne und Linke gegenseitig. Vorne am Pult | |
| warfen sich die Redner*innen die Vorwürfe an den Kopf, hinten in den | |
| Sitzreihen brüllten sich die Abgeordneten ebenfalls an. Zum Glück sitzt | |
| zwischen beiden Seiten noch die SPD, ansonsten hätten sich Linke und Grüne | |
| noch eine Saalschlacht geliefert. | |
| Ein Stück weit ist das Abgrenzungsbedürfnis verständlich. Linke und Grüne | |
| kämpfen zum Teil um die gleichen Wähler*innen, ein paar Prozentpunkte gehen | |
| schnell hin oder her und Glaubwürdigkeit in der Sozialpolitik ist ein | |
| zentraler Faktor. Aber bei aller Konkurrenz: An dem Konflikt, der sich | |
| wirklich lohnt, sind die beiden Fraktionen am Freitag weit vorbeigesegelt. | |
| ## Gegeneinander geht es nicht | |
| Sie haben dem Gegenteiltag noch einen zweiten Teil verpasst. Nicht mehr die | |
| Koalition steht als zertritten dar, [4][nicht mehr der Kanzler und sein | |
| Fraktionschef als unfähig.] Der Zoff innerhalb der demokratischen | |
| Opposition prägte das Bild dieser Debatte. | |
| Das Fatale daran: Eine Mitte-Links-Mehrheit in der Zukunft, als Perspektive | |
| ohnehin schon wenig realistisch, machen solche Auftritte noch | |
| unwahrscheinlicher. Eskalation zwischen zwei Oppositionsparteien mit | |
| beschränkter Relevanz, die in der Tendenz doch das gleiche wollen, | |
| mobilisiert keine Massen. | |
| Dafür würde sich der große Richtungsstreit besser eignen: Auf der einen | |
| Seite der Kanzler und seine Union, mit denen faire Renten auf Dauer nicht | |
| zu machen sind. Auf der anderen Seite die Parteien links der Mitte, die | |
| zumindest auf dem Papier gerechte Konzepte haben, in denen die Reichen mehr | |
| abgeben und die Mehrheit auf Dauer weniger Angst vor Altersarmut haben | |
| muss. Auf dem Weg dahin geht es nicht ohne verteilte Rollen. Aber | |
| gegeneinander lassen sich diese Pläne auf Dauer auch nicht umsetzen. | |
| 5 Dec 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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