| # taz.de -- Pro / Contra: Soll sich die Linke bei der Rente enthalten? | |
| > Die Linke wird am Freitag dafür sorgen, dass das Rentenpaket der | |
| > Koalition im Bundestag durchkommt. Ist das sinnvoll oder Verrat? | |
| Bild: Umstrittene Haltung? Die Linksfraktionschef:innen Heidi Reichinnek und S�… | |
| Ja! | |
| Schon erstaunlich, wie groß die Empörung in manchen Kreisen über die | |
| angekündigte Enthaltung der Linken bei der für diesen Freitag geplanten | |
| Bundestagsabstimmung über das Rentenpaket der schwarz-roten Regierung ist. | |
| Da stehen plötzlich die Grünen in einer Front mit Wagenknechts BSW und | |
| Seit’ an Seit’ mit so manchen linksradikalen Revolutionsromantiker:innen, | |
| denen es nicht um die Sache, sondern nur ums Prinzip geht. | |
| Aber ist es wirklich besser, per Nein-Stimme das unsägliche Treiben der | |
| Gruppe [1][junger Schnösel in der Union] praktisch zu unterstützen, die | |
| [2][das Rentenpaket verhindern] wollten? Der geschniegelte neoliberale | |
| Unionsnachwuchs faselt zwar viel von „Generationengerechtigkeit“, | |
| tatsächlich jedoch geht es ihm – neben der eigenen Profilierung – um | |
| Sozialabbau, um die Demontage des staatlichen Rentensystems, wovon übrigens | |
| besonders kommende Generationen betroffen wären. | |
| Dabei hat es schon eine gewisse Ironie, wenn sich ausgerechnet die Grünen | |
| über die vermeintlichen „[3][Mehrheitsbeschaffer für Friedrich Merz]“ aus | |
| der Linken empören – und zwar nicht nur, weil die einstigen Ökopaxe doch | |
| selbst so gerne sogar mit ihm zusammen regiert hätten. Vielmehr | |
| dokumentiert die Partei damit, dass die Beschwörung der sozialen Frage auf | |
| ihrem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende nicht mehr als bloße | |
| Camouflage war. Ihr sind Machtspielchen wichtiger. | |
| Wem die realen Verhältnisse der lohnabhängigen Bevölkerung nicht völlig | |
| egal sind, der oder die wird der Entscheidung der Linksfraktion hingegen | |
| einiges abgewinnen können. Sich daran zu orientieren, ob Lebensbedingungen | |
| verbessert oder verschlechtert werden, ist kein falscher Maßstab. Dass eine | |
| Stabilisierung des Rentenniveaus nicht an der Linken scheitern soll, folgt | |
| dieser Logik. Wenn die Linke durch ihre Enthaltung zumindest vorerst | |
| verhindern kann, dass das Rentenniveau weiter abgesenkt wird, wäre das | |
| deshalb auch kein „Verrat“, sondern ein Erfolg. | |
| Das steht keineswegs im Widerspruch zu ihrer – berechtigten – | |
| weitergehenden Forderung nach einer lebensstandardsichernden Rente. Denn | |
| Ziele lassen sich schlechter erreichen, wenn sie sich entfernen. Und | |
| Schwarz-Rot wird leider noch genug Gelegenheiten bieten, wo entschieden | |
| dagegen gestimmt werden muss. | |
| Pascal Beucker | |
| Nein! | |
| Nein, die Linke sollte sich nicht als Fraktion geschlossen enthalten, und | |
| der Grund dafür liegt vielleicht nicht auf der Hand, aber er prangt auf dem | |
| linken Unterarm von Heidi Reichinnek: ein Porträt von Rosa Luxemburg. Wenn | |
| sich die Linke-Fraktionsvorsitzende die Marxistin nicht aus rein | |
| oberflächlicher Sympathie hat stechen lassen, dann zieht das auch ein | |
| politisches Programm mit sich: sich nicht in den falschen | |
| Entweder-oder-Fragen kapitalistischer Politik zu verheddern, sondern eine | |
| Partei aufzubauen, welche die Mehrheit der Gesellschaft – also Menschen, | |
| die von ihrer Arbeit abhängig sind – organisieren kann. Und zwar so, dass | |
| diese Mehrheit Politik und Wirtschaft nach ihren Bedürfnissen gestalten | |
| kann. | |
| Wie [4][Reichinnek in ihrer Pressemitteilung] am Mittwoch | |
| öffentlichkeitswirksam formulierte, ist ja weder die von Schwarz-Rot | |
| anvisierte [5][Stabilisierung des Rentenniveaus] bei 48 Prozent, noch deren | |
| Gegenteil wünschenswert. Vielmehr fordert die Partei eine Erhöhung auf | |
| „lebensstandardsichernde 53 Prozent“. Eine mögliche Forderung wäre auch: | |
| Löhne in einer Höhe, dass schon die dadurch steigenden Rentenbeiträge das | |
| angebliche Finanzierungsproblem lösen. Und Rosa Luxemburg würde sogar für | |
| eine tiefergreifende Umwälzung der gesamten Besitzverhältnisse plädieren, | |
| die wirklich der Mehrheit der Gesellschaft dient. | |
| Die Union habe „ein Machtspielchen auf dem Rücken von Millionen | |
| Rentner:innen“ ausgetragen, stellt Reichinnek korrekt fest. Um dann auf dem | |
| Rücken besagter Rentner:innen eine PR-Botschaft zu formulieren, die vor | |
| allem zwei Werbeclaims kommunizieren soll: Erstens, an potenzielle | |
| Wähler:innen, dass die Linke wählbar ist. Zweitens, an Union und SPD und | |
| vielleicht sogar die Grünen, dass die Linke als kompetente Juniorpartnerin | |
| in Betracht kommt. | |
| Eine Partei, die auch außerparlamentarisch organisieren möchte, muss eine | |
| größere Botschaft haben. Dass sich Abgeordnete in solchen | |
| Abstimmungsdilemmafragen enthalten, geschenkt. Aber daraus die PR-Botschaft | |
| zu generieren, wie verantwortungsvoll man die jetzigen Zustände mit | |
| verwalten könne? Darauf hat sich schon die ursprünglich marxistische SPD | |
| spezialisiert – gegen den Rat von Reichinneks Idol Rosa Luxemburg. | |
| Thomas Salter | |
| 4 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Gerangel-um-das-Rentenpaket/!6130818 | |
| [2] /Enthaltung-zum-Rentenpaket/!6135250 | |
| [3] https://www.sueddeutsche.de/politik/rentenstreit-gruene-linke-bundestag-li.… | |
| [4] https://www.dielinkebt.de/presse/pressemitteilungen/heidi-reichinnek/ | |
| [5] /Rentenstreit-in-der-Union/!6134941 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
| Thomas Salter | |
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