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# taz.de -- Stahlgipfel im Kanzleramt: Merz will Stahlindustrie vor Konkurrenz …
> Der Kanzler sieht die Branche in einer existenzbedrohenden Krise, auch
> wegen des schwierigen Umbauprozesses. Schutzzölle und billigere Energie
> sollen sie stützen.
Bild: Noch ist der Hochofen in Duisburg in Betrieb
Die Bundesregierung will sich für mehr Schutz vor Billigimporten und die
Bevorzugung heimischen Stahls bei der Auftragsvergabe einsetzen, um die
angeschlagene Branche zu stützen. Das kündigte Bundeskanzler Friedrich Merz
(CDU) im Anschluss an den „Stahlgipfel“ am Donnerstag an. „Die Unternehmen
sind in einer existenzbedrohenden Krise“, sagte er. Die Zeiten offener
Märkte und fairen Handels seien vorbei. „Deswegen müssen wir unsere
Hersteller schützen“, sagte er.
Bei dem Treffen sprachen Politiker:innen, Manager:innen und
Gewerkschafter:innen über Maßnahmen, mit denen der angeschlagenen
Branche geholfen werden könnte. Die Stahlhersteller leiden unter einer
schwachen Nachfrage, weil Großabnehmer wie die Autoindustrie und das
Baugewerbe in der Krise sind. Ihnen machen außerdem hohe Energiepreise zu
schaffen. „Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um die Preise zu
senken“, sagte Merz.
Die Bundesregierung hat schon länger vor, ab 2026 für drei Jahre einen
Industriestrompreis einzuführen, um die Belastung der Unternehmen zu
senken. Das muss die EU genehmigen. Die Aussichten seien gut, dass das
geschehe, so Merz.
Ein weiteres Problem für die Stahlbranche ist die Zollpolitik des
US-Präsidenten Donald Trump. Die hohen Einfuhrzölle für die Vereinigten
Staaten sind für deutsche Stahlhersteller auch deshalb ein Problem, weil
dadurch mehr Stahl nach Europa kommt. Dabei leiden sie bereits unter
Billigkonkurrenz aus China. Die EU will die hiesige Stahlindustrie mit
höheren Zöllen und geringeren Importquoten schützen. „Ich werde diesen
Vorschlag nach Kräften unterstützen“, sagte Merz.
## Klimaschädliche Produktion
Zu diesen Problemen kommt, dass die Branche am Anfang eines schwierigen
Umbauprozesses steht. In den kommenden 20 Jahren müssen sie ihre Produktion
umstellen, die das Klima schwer belastet. Bis 2045 soll Deutschland
klimaneutral sein. Doch die [1][Herstellung von grünem Stahl] beginnt erst
und wird zunächst sehr teuer. Beim Stahlgipfel wurde zwar über
Anreizsysteme für grünen Stahl gesprochen, von konkreten Maßnahmen war im
Anschluss aber nicht die Rede.
Heute gehen etwa 7 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen in Deutschland auf
die Stahlproduktion zurück, vor allem durch die Roheisenproduktion mithilfe
von Koks. Eigentlich müssen Unternehmen für den CO₂-Ausstoß einen Preis
zahlen. Doch die Stahlhersteller erhalten kostenlose Emissionszertifikate.
Das soll sich aber ändern und durch das neue System der CO₂-Grenzabgabe
(CBAM) ersetzt werden. Die Grenzabgabe soll gewährleisten, dass europäische
Unternehmen durch Klimaschutzmaßnahmen keine Wettbewerbsnachteile haben.
„Das System soll nachgebessert werden“, sagte Merz. Wie genau, ist unklar.
## Kritik von Grünen und Linken
Die Grünen üben harsche Kritik an der Bundesregierung. Friedrich Merz und
[2][Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche] seien dabei, die
Stahlbranche in Deutschland zu ruinieren, sagte der Fraktionsvize der
grünen Bundestagsfraktion, Andreas Audretsch, der taz. „Sie tragen
Verantwortung für den schlechten Deal mit Donald Trump.“ Die USA erheben
nach wie vor 50 Prozent Zoll auf Stahleinfuhren. Die Industrie warte noch
immer auf verlässlich günstigen Strom und auf klare verlässliche
Leitplanken, sagte er.
„Die Stahlindustrie braucht jetzt einen Kanzler, der sich klar hinter sie
stellt und handelt“, betonte Audretsch. Er fordert die Einführung eines
Industriestrompreises von 5 Cent pro Kilowattstunde, der bis Mitte der
2030er Jahre gilt. Außerdem müsse die Bundesregierung mit Abnahmegarantien
für eine verlässliche Nachfrage nach grünem Stahl sorgen.
Aus Sicht der Linkspartei ist der Stahlgipfel gescheitert. „Das heutige
Treffen zur Zukunft der deutschen Stahlindustrie im Kanzleramt ist ein
Reinfall“, so die Vorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner. Die
Bundesregierung müsse „endlich vom Reden ins Handeln kommen und einen
tragfähigen Plan vorlegen, wie die Branche zukunftsfest gemacht werden
kann“. Schwerdtner fordert, dass der Bund dabei eine zentrale Rolle
übernimmt. „Dazu gehören Bundesbeteiligungen oder Vergesellschaftungen, um
Sicherheit beim notwendigen Umbau der Stahlindustrie zu schaffen“, sagte
sie.
Würde die deutsche Stahlindustrie die derzeitige Krise nicht überstehen,
wären die Folgen nicht nur angesichts der 80.000 Arbeitsplätze in der
Branche fatal. Stahl ist für viele Industrieprodukte wichtig. Die
Abhängigkeit von Importen kann zu großen Problemen führen, wenn aufgrund
geopolitischer Konflikte oder Lieferkettenproblemen die Einfuhren zum
Beispiel aus China in kurzer Zeit stark gedrosselt oder eingestellt würden.
Laut einer [3][von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie] würde ein
derartiger „Stahlschock“ die deutsche Wirtschaft bis zu 50 Milliarden Euro
jährlich kosten. „Wirtschaftliche Resilienz für Deutschland und Europa
setzt eine starke deutsche Stahlindustrie voraus, die zeitnah und breit auf
klimafreundliche Produktion umstellt“, stellen die Autoren Tom Krebs und
Patrick Kaczmarczyk fest.
6 Nov 2025
## LINKS
[1] /Stahlgipfel-im-Kanzleramt/!6126888
[2] /Wirtschaftsministerin-Katherina-Reiche/!6103133
[3] https://www.vwl.uni-mannheim.de/media/Lehrstuehle/vwl/Krebs/Gruener_Stahl.p…
## AUTOREN
Anja Krüger
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Schwerpunkt Klimawandel
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