| # taz.de -- Durchsuchungen in mehreren Bundesländern: Dobrindt verbietet islam… | |
| > Wegen einer „verfassungsfeindlichen Grundhaltung“ hat das | |
| > Bundesinnenministerium den islamistischen Verein verboten. | |
| Bild: Im vergangenen Jahr organisierte „Muslim Interaktiv“ Demonstrationen … | |
| taz | Gerade erst wieder wetterte [1][„Muslim Interaktiv“] auf seinem | |
| Tiktok Kanal gegen die deutsche Staatsräson für Israel und warf arabischen | |
| Staaten, die an einer Friedenslösung für Nahost eintreten, „Verrat“ vor. | |
| Die Hamas preist die Gruppe als „legitime Widerstandsbewegung“. Und mit bis | |
| zu 2.300 Anhängern stand sie im vergangenen Jahr auch [2][mehrmals in | |
| Hamburg auf der Straße] und forderte, in schwarze Pullover gewandet, ein | |
| „Kalifat“. | |
| Nun ist damit Schluss: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat am | |
| Mittwochfrüh den Verein „Muslim Interaktiv“ verboten. Das | |
| Bundesinnenministerium wirft der Gruppe vor, gegen die verfassungsmäßig | |
| Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung zu verstoßen. Sieben | |
| Objekte in Hamburg wurden durchsucht, wo die Gruppe vor allem aktiv war. | |
| Zudem wurden zwölf weitere Objekte in Berlin und Hessen durchsucht, die den | |
| ähnlich orientierten Gruppen „Generation Islam“ und „Realität Islam“ | |
| zugerechnet werden. | |
| „Wer auf unseren Straßen aggressiv das Kalifat fordert, in unerträglicher | |
| Weise gegen den Staat Israel und Juden hetzt und die Rechte von Frauen und | |
| Minderheiten verachtet, dem begegnen wir mit aller rechtsstaatlicher | |
| Härte“, erklärte [3][Dobrindt]. Eigentlich war das Verbot schon für den | |
| Sommer geplant gewesen. An der Begründung der Verfügung wollte das | |
| Innenministerium dann aber nochmal nachbessern. | |
| Nach taz-Informationen richteten sich die Durchsuchungen am Mittwoch auch | |
| gegen den Wortführer von „Muslim Interaktiv“, Joe Adade „Raheem“ Boate… | |
| Behörden werfen der Gruppe vor, sich klandestin organisiert zu haben, der | |
| Student aber gilt als zentrale Figur. | |
| [4][„Muslim Interaktiv“ hatte sich Anfang 2020 gegründet], wurde bereits | |
| wenig später als extremistisch eingestuft und war schon länger ein | |
| Verbotskandidat – gilt sie doch als eine Nachfolgevereinigung der | |
| [5][bereits 2003 in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir]. Dort, wie bei | |
| „Muslim Interaktiv“, ist das erklärte Ziel ein weltweites Kalifat der | |
| Muslime – dem sich Nichtmuslime unterwerfen sollen. Staatliche | |
| Einflussnahmen werden abgelehnt. | |
| Neben durchchoreografierten Kundgebungen setzt die Gruppe vor allem auf | |
| Social Media. Allein auf Tiktok hatte sie zuletzt 18.800 Follower*innen, | |
| denen aufwändig produzierte Videos präsentiert wurden, viele davon von | |
| Wortführer Boateng. Und die Teilnehmendenzahlen ihrer Kundgebungen in | |
| Hamburg zeigten, wie mobilisierungsfähig die Gruppe auch auf der Straße | |
| war. | |
| „Muslim Interaktiv ist die innovativste Gruppe im deutschen Islamismus | |
| bislang“, sagt der Islamwissenschaftler Michael Kiefer von der Universität | |
| Osnabrück. Indem die Organisation religiöse Motive mit Elementen aus | |
| Jugend- und Straßenkultur kombiniert habe, sei es ihr gelungen vor allem | |
| junge Männer anzusprechen. „Klug gemachte Agitation“, nennt Kiefer das. | |
| Dabei habe „Muslim Interaktiv“ mit dem Krieg zwischen Israel und Hamas in | |
| Gaza oder zuletzt der „Stadtbild“-Debatte gezielt Themen | |
| instrumentalisiert, die muslimische Jugendliche umtreiben würden. Auch der | |
| Hamburger Verfassungsschutz hatte zuletzt eingeschätzt, die Gruppe | |
| befördere eine „desintegrative Wirkung unter der muslimischen Bevölkerung | |
| und eine Spaltung der Gesellschaft“. | |
| Dass Verbot hält Islamwissenschaftler Kiefer für richtig, der Staat müsse | |
| sich gegen seine Feinde zur Wehr setzen. Kiefer warnt aber auch: „Verbote | |
| schaffen das Problem nicht aus der Welt.“ Hizb ut-Tahrir sei noch nach | |
| jedem Rückschlag schnell unter neuem Namen wieder aufgetaucht. Kiefer | |
| fordert deshalb auch eine Stärkung der Islamismusprävention in Deutschland, | |
| etwa in Form von Bildungsprojekten oder Aussteigerprogrammen. Helfen könne | |
| zudem eine Altersbeschränkung für soziale Medien. | |
| Dobrindts Ministerium wirft der Gruppe zudem vor, das Existenzrecht Israels | |
| zu bestreiten. Immer wieder wetterte die Gruppe gegen „Zionisten“, denen | |
| Deutschland einen „Blankoscheck“ ausstelle. Die Hamas-Angriffe auf Israel | |
| am 7. Oktober 2023 wurden begrüßt. | |
| Hamburgs Innenminister Andy Grote (SPD) erklärte zu dem Verbot, es sei eine | |
| „gefährliche und sehr aktive islamistische Gruppierung ausgeschaltet“ | |
| worden. Hamburg habe maßgeblich an dem Verbot mitgewirkt. Man gehe „mit | |
| aller Härte und Konsequenz gegen islamistische Strukturen vor“, so Grote. | |
| Auch Wortführer von „Realität Islam“ und „Generation Islam“ waren zul… | |
| für ein Kalifat eingetreten und auf Social Media aktiv. Das | |
| Innenministerium begründete die Razzien auch bei diesen Gruppen damit, dass | |
| sie „dringend verdächtig“ seien, die gleichen Verbotsgründe wie „Muslim | |
| Interaktiv“ zu vertreten. Im Sommer hatten beide Gruppen indes beteuert, | |
| sich aufgelöst zu haben. Ihre Wortführer aber machten weiter und | |
| mobilisierten auch zu Kundgebungen. In Berlin folgten dem etwa im Juli | |
| immer noch rund 1.500 Personen. | |
| Die Razzien gegen „Realität Islam“ und „Generation Islam“ dienten den | |
| Behörden denn auch dazu, Licht in deren organisatorische Strukturen und | |
| damit auch deren potenziell finanzielle Schlagkraft zu bringen. Insgesamt | |
| rechneten die Behörden dem Nachfolgespektrum der Hizb ut-Tahrir in | |
| Deutschland zuletzt 850 Mitglieder zu – eine Verdoppelung im Vergleich zu | |
| vor fünf Jahren. | |
| 5 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| Frederik Eikmanns | |
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