Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Razzien bei islamistischem Verein: Tiktok-Salafisten-Verein verboten
> Niedersachsen verhängt ein Vereinsverbot gegen die Deutschsprachige
> Muslimische Gemeinschaft. Die Polizei durchsucht den Vereinssitz und
> Wohnungen.
Bild: Morgens um 6 Uhr begann die Polizei mit der Durchsuchung der Vereinsimmob…
Hannover taz | Im Visier hatte der Verfassungsschutz sie schon länger: Die
Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft (DMG) in Braunschweig [1][hat
sich in den vergangenen Jahren zum Salafisten-Hotspot entwickelt.] Jetzt
hat Niedersachsen Innenministerin Daniela Behrens (SPD) ein über mehrere
Monate vorbereitetes Vereinsverbot verkündet.
In den frühen Morgenstunden rückte am Mittwoch die Polizei aus, [2][um
insgesamt acht Objekte in Braunschweig und Berlin zu durchsuchen]. Dabei
ging es vor allem um den Vereinssitz und die Moschee, aber auch um
Privatwohnungen von führenden Mitgliedern und Predigern.
Die DMG rekrutiert vor allem junge Menschen. Seit der Coronapandemie habe
sie ihr Online-Angebot noch einmal massiv ausgebaut, erklärt ein Experte
des Verfassungsschutzes. Namhafte Prediger der Szene geben sich hier die
Klinke in die Hand, darunter Abu Baraa, Pierre Vogel, Sami Abu Hamza und
Hassan Dabbagh.
Ihre Predigten und sonstige Einlassungen werden dann professionell
aufbereitet [3][und vor allem über Youtube, Tiktok, Twitch und Instagram
verbreitet], wo sie jeweils mehr als 80.000 Menschen erreichen. Die DMG ist
auf nahezu allen Social-Media-Kanälen und in Messengerdiensten vertreten.
Von einer „schweren Vergiftung einer jungen Generation“ spricht die
Innenministerin.
## Dem jungen Publikum zugewandt
Die Freitagspredigten und andere Wochenendveranstaltungen in Braunschweig
ziehen regelmäßig 300 bis 400 Besucher an. Aber auch für Kinder und
Jugendliche gibt es ein umfangreiches Angebot mit Koran-Camps und
Ähnlichem. Sogar eine Heiratsvermittlung für die Schwerstgläubigen wird
angeboten.
Die Strategie ist immer dieselbe: Die Salafisten geben sich lebensnah und
ihrem jungen Publikum zugewandt, beantworten Alltagsfragen wie: „Ist es
okay, bei Klausuren abschreiben zu lassen?“, „Darf ich einen Hamster
halten?“, aber auch: „Soll man die Unterhose wechseln, wenn man Lusttropfen
verloren hat?“ Damit etablieren sie ein Narrativ, in dem der Koran
angeblich auf jede noch so kleine Alltagsfrage eine Antwort weiß.
Gleichzeitig wird auf Ungläubige, Juden und Frauen herabgesehen. So
verweist der Verfassungsschutzexperte Dirk Hausfeld etwa auf
Predigtinhalte, in denen es darum geht, seine Ehefrau so zu züchtigen, dass
es keine Spuren hinterlässt, oder in denen dafür gebetet wird, dass Allah
Ungläubige bestrafen oder töten solle.
Auch ohne den direkten Aufruf zur Gewalt werden radikalisierte Anhänger
daraus wohl ihre Schlüsse ziehen. Dass der Rest der Welt es immer auf
rechtschaffene Muslime abgesehen hat, gehört ebenfalls fest zum
ideologischen Repertoire. Offiziell behauptet die Vereinigung aber, stets
auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen und lediglich die Meinungs- und
Religionsfreiheit ausleben zu wollen.
Während die Innenministerin in einer Pressekonferenz das Verbot und die
Durchsuchungen verkündet und erklärt, sind allerdings ein Großteil der
DMG-Kanäle immer noch online. Man habe die Plattformbetreiber aufgefordert,
sie offline zu nehmen, aber das brauche eben seine Zeit, erklärt Behrens.
## Die Ideologie bleibt
Verhaftungen gab es im Zusammenhang mit dieser Aktion zunächst keine. Das
Vereinsverbot bezieht sich auf Aktivitäten, die sich in
„aggressiv-kämpferischer Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den
Gedanken der Völkerverständigung“ richten – das funktioniert auch unterha…
der Schwelle der Strafbarkeit, erläutert Behrens. Dafür glaubt man nun
genügend Belege gesammelt zu haben. 54 Seiten hat die Verbotsverfügung.
Die Durchsuchungen dienen in erster Linie dazu, die Strukturen aufzuklären,
das Vereinsvermögen zu beschlagnahmen und eine weitere Betätigung zu
unterbinden. Jeder, der sich jetzt noch zugunsten des Vereins betätigt oder
seine Kennzeichen verwendet, macht sich strafbar.
Verschwunden sind damit weder die Ideologie noch ihre Anhänger.
Erfahrungsgemäß dauert es aber eine Weile, bis sich die Szene neu gruppiert
hat und wieder eine ähnliche Reichweite etablieren kann.
In Niedersachsen hat die DMG wohl auch die Lücke gefüllt, die der noch
[4][sehr viel radikalere Deutschsprachige Islamkreis Hildesheim (DIK)]
hinterlassen hatte. Der hatte zahlreiche IS-Ausreisende produziert und war
2017 verboten und zerschlagen worden. [5][Der Hauptprediger Abu Walaa
sitzt] wegen der Unterstützung einer ausländischen terroristischen
Vereinigung im Gefängnis und versucht gerade, juristisch seine Auslieferung
zu verhindern, bislang allerdings erfolglos.
12 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/ni…
[2] https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/ka…
[3] /Nahostdebatte-in-Deutschland/!5969353
[4] /Schwerpunkt-Islamistischer-Terror/!t5251352
[5] /Mehr-als-zehn-Jahre-Haft-fuer-Islamisten/!5750536
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Salafismus
Islamismus
Vereine
Niedersachsen
Innenministerium
Social-Auswahl
Bayern
Salafismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Islamismus
Islamwissenschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach Kritik an Anti-Salafismus-Video: Ministerium hat einen Schuldigen
Nach Rassismus-Vorwürfen zog die bayerische Regierung im September ein
Web-Video zurück. Jetzt sagt sie: Die Werbeagentur hat es versemmelt.
„Aufklärungsvideo“ zu Salafismus: Die Rechtsextremismus-Falle
Kaum veröffentlicht, musste das bayerische Innenministerium sein
rassistisches Salafismus-Video wieder löschen. Dabei ist Aufklärung nötig.
Islamisten-Demo in Hamburg: Alle Faschos sind gleich
In Hamburg demonstrierten am Wochenende Islamisten. In ihrer Sehnsucht nach
Autorität und Tradition ähneln sie den Reichsbürgern um Prinz Reuß.
Nahostdebatte in Deutschland: Der Hass der Insta-Islamisten
Durch die Eskalation in Nahost wähnen sich islamistische Extremisten in
Deutschland im Aufwind. Schaute die Politik ihrem Treiben zu lange zu?
Wissenschaftler über Radikalisierung: „Lehrer sind überfordert“
Der Osnabrücker Islamwissenschaftler Michael Kiefer untersucht Prozesse der
islamistischen Radikalisierung an Schulen. Er fordert mehr Sozialarbeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.