| # taz.de -- Regierungskrise in Spanien: Herber Schlag für Ministerpräsident S… | |
| > Katalanische Separatisten kündigen Linkskoalition auf, womit die | |
| > Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez ihre Parlamentsmehrheit verliert. | |
| Bild: Perpignan, Frankreich, 27. Oktober: Carles Puigdemont gibt eine Pressekon… | |
| Steht Ministerpräsident Pedro Sánchez nach sieben Jahren vor dem Aus? Das | |
| ist die Frage, die seit Montagabend alle TV- und Radiodebatten in Spanien | |
| bestimmt. Denn am späten Montagnachmittag hat Junts, die Partei des | |
| ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont, der Linkskoalition | |
| in Madrid die Unterstützung „mangels Vertrauen“ aufgekündigt. | |
| Junts verfügt im spanischen Parlament über sieben Sitze. Ohne sie hat | |
| Sánchez keine Mehrheit. Das musste er bereits in mehreren Abstimmungen in | |
| den letzten Monaten schmerzlich erfahren, als Junts mit der konservativen | |
| Partido Popular (PP) und der rechtsextremen VOX stimmte und so | |
| prestigereiche Gesetzesvorlagen wie etwa die 37-Stunden-Woche zu Fall | |
| brachte. | |
| Sánchez verfügt mit seiner sozialistischen PSOE und der linksalternativen | |
| Sumar nur über 146 Sitze. Die Mehrheit liegt bei 176 Abgeordneten. Sánchez | |
| hat dies nur, wenn alle Parteien mit Ausnahme der konservativen PP, Vox und | |
| ein paar kleinere rechte Formationen gemeinsam mit der Regierung stimmen. | |
| „Die Junts-Führung hat beschlossen, ihre Unterstützung für die Regierung | |
| aufzugeben und in die Opposition zu gehen“, erklärte Puigdemont nach einer | |
| Vorstandssitzung im südfranzösischen Perpignan. Am Mittwoch und Donnerstag | |
| wird die Parteibasis zu diesem Beschluss befragt. | |
| ## Puigdemont: „Es fehlt an Vertrauen“ | |
| Das 50-köpfige Führungsgremium von Junts tagte außerhalb Spaniens, da der | |
| im belgischen Exil lebende Puigdemont zu Hause nach wie vor per Haftbefehl | |
| in Folge des Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 gesucht wird. | |
| Zwar wurden alle in Zusammenhang mit der Durchführung der Volksabstimmung | |
| begangenen Delikte [1][amnestiert], doch [2][wird Puigdemont nach wie vor | |
| Veruntreuung öffentlicher Gelder bei der Vorbereitung des trotz Verbots aus | |
| Madrid abgehaltenen Urnenganges vorgeworfen]. Ob auch dies unter die | |
| Amnestie fällt und der katalanische Ex-Präsident endlich nach Hause darf, | |
| wird derzeit noch gerichtlich verhandelt. Die Amnestie war als Bedingung | |
| von Junts ausgehandelt, um Sánchez’ Minderheitsregierung zu unterstützen. | |
| „Es fehlt an Vertrauen, und genau das wollten wir aufbauen. Der PSOE fehlt | |
| der Wille, die politischen Vereinbarungen zügig umzusetzen“, wirft | |
| Puigdemont den Sozialisten vor. Sánchez, dessen Regierung im Zuge einer | |
| „Normalisierung der Beziehungen mit Junts“ in der Schweiz mit der | |
| Unabhängigkeitspartei einen Dialog führt, habe Versprechen wie eine bessere | |
| Finanzierung Kataloniens nicht umgesetzt. Ausserdem habe Sánchez nicht | |
| alles getan, damit die katalanische Sprache in der Europäischen Union | |
| offiziell anerkannt wird. Mehrere Versuche dazu scheiterten an der | |
| Ablehnung von Ländern wir Deutschland. | |
| Angesichts der Krise mit Junts hat sich die Bundesregierung bereiterklärt, | |
| mit Madrid erneut über dieses Thema zu verhandeln. „Die Regierung wird sich | |
| nicht auf die Mehrheit verlassen können, sie wird keinen Haushalt | |
| verabschieden (…). Sie mag die Macht haben, aber sie wird nicht in der Lage | |
| sein, zu regieren“, warnte Puigdemont. | |
| ## Ein Misstrauensvotum ist eher unwahrscheinlich | |
| Die PSOE reagierte betont ruhig. Die Regierung Sánchez werde weiterhin „die | |
| Hand für Verhandlungen ausstrecken“. In einer Erklärung der Parteizentrale | |
| heißt es: „Wir verstehen Politik als Instrument zum Brückenbau. Und so wird | |
| es auch bleiben.“ Die Regierung werde alles tun, um die bei Amtseinführung | |
| eingegangenen Vereinbarungen umzusetzen. Sie wolle weiterhin | |
| Gesetzesentwurf für Gesetzesentwurf mit Junts verhandeln, um handlungsfähig | |
| zu bleiben und vorgezogene Neuwahlen zu vermeiden. Die Legislatur geht im | |
| Frühjahr 2027 zu Ende. | |
| Sánchez weiß, dass ein Misstrauensvotum gegen ihn nur dann Erfolg hat, wenn | |
| Junts gemeinsam mit PP und VOX stimmt. Das gilt als unwahrscheinlich. Denn | |
| ein solches Foto mit der spanischen Rechten kann sich Puigdemont nicht | |
| leisten. | |
| PP und VOX sind strikt gegen jedwede Eigenständigkeitsbestrebungen und die | |
| Normalisierung der Sprache Kataloniens. Sie fordern gar die Inhaftierung | |
| von Puigdemont und VOX will die Rücknahme der Amnestie. | |
| Falls sich der PP-Vorsitzende Alberto Nuñez Feijóo dennoch auch nur die | |
| leichtesten Hoffnungen auf ein Misstrauensvotum gegen Sánchez machen | |
| sollte, bekam er noch am Montagabend eine ernüchternde Nachricht aus der | |
| VOX-Zentrale: „Mit den Separatisten auf keinen Fall.“ | |
| 28 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Amnestiegesetz-in-Spanien/!6010568 | |
| [2] /Nach-dem-Unabhaengigkeitsreferendum/!6077872 | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
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