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# taz.de -- Razzia bei Kärntner Antifa-Camp: Polizeieinsatz in Österreich war…
> Der massive Polizeieinsatz in der NS-Gedenkstätte Peršmanhof war
> rechtswidrig. Das stellt nun ein Bericht des österreichischen
> Innenministeriums fest.
Bild: Pressekonferenz der Betreiber*innen des Peršmanhofs und des Bildungscamp…
Bei einem antifaschistischen Bildungscamp an der NS-Gedenkstätte Peršmanhof
in Kärnten kam es am 27. Juli zu einem [1][massiven Polizeieinsatz], der
viele Fragen aufwirft. Um diese zu beantworten, setzte das österreichische
Innenministerium eine Expert*innenkommission ein, die am Donnerstag
[2][ihren Bericht] vorlegte.
Das Antifa-Camp veranlasste die Polizei zu einem großangelegten Einsatz auf
dem abgelegenen Gedenkstättengelände in den Bergen – obwohl die
Veranstaltung mit Unterstützung der Gedenkstätte stattfand. Beteiligt waren
das Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), die
Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl
(BFA), acht Streifenbeamt*innen, drei Mitglieder der Schnellen
Interventionsgruppe, eine Diensthundeführerin mit ihren Hunden sowie ein
Polizeihubschrauber.
Offiziell begründet wurde das Vorgehen mit Verstößen gegen das
Campingverbot und Anstandsverletzungen. Der Einsatz löste Entsetzen bei den
Nachfahren der NS-Opfer, scharfe Proteste aus der slowenischen Politik und
ein breites Medienecho aus.
Der Ort ist eine zentrale Gedenkstätte der Kärntner Slowen*innen, weil in
den Abendstunden des 25. April 1945 elf Mitglieder der Familien Sadovnik
und Kogoj von einem SS-Polizeiregiment ermordet wurden – darunter sieben
Kinder im Alter von einem bis zwölf Jahren. Nachfahren der Opfer
verurteilten das jüngste Vorgehen der Polizei daher als retraumatisierend
und unsensibel.
Das Ergebnis der eingesetzten Kommission fällt eindeutig aus: Der Einsatz
war unverhältnismäßig, unter falschem Vorwand durchgeführt, von der
falschen Behörde geleitet – und letztlich rechtswidrig.
Willkür der Einsatzleiter
Laut dem Bericht liegt die Hauptverantwortung für den Einsatz beim
stellvertretenden Leiter des LSE, der das Vorgehen mit „Beschwerden aus der
Bevölkerung“ rechtfertigte. Allerdings konnte keine einzige Person
ausfindig gemacht werden, die sich über das Zeltlager beschwert hat. Der
Beamte gab an, eine Beschwerde von einer Privatperson erhalten zu haben,
wisse jedoch nicht, wie diese heiße. Ein ungewöhnlicher Anlass für einen
solch massiven Polizeieinsatz. Der Mann wurde inzwischen einer anderen
Dienststelle zugewiesen. Zudem wurde ein Verfahren wegen des Verdachts auf
Amtsmissbrauch eingeleitet.
Der behördliche Einsatzleiter war Bezirkshauptmann Gert-André Klösch, der
sowohl im Vorfeld eingebunden war als auch während der Amtshandlung
weitgehend vor Ort. Klösch stand in der Vergangenheit in der Kritik, weil
er jahrelang das „[3][Kroatengedenken“ im nahegelegenen Bleiburg/Pliberk]
geduldet hat – eine Veranstaltung, bei der über Jahre Tausende
Teilnehmer*innen die kroatischen Nazikollaborateure der Ustascha
verherrlichten. Umso absurder wirkt das Vorgehen gegen das kleine
antifaschistische Camp in den Bergen mit rund 60 Teilnehmenden. Klösch ist
weiterhin im Amt.
Wildcampen ist kein Extremismus
Nach Einschätzung der Kommission war das LSE Kärnten für den Einsatz nicht
zuständig, da es sich beim Wildcampen nicht um Extremismus handelt.
Hinsichtlich möglicher Verstöße gegen die Campingplatzverordnung kommt die
Kommission zu dem Schluss, dass lediglich zwei Zelte außerhalb des
Gedenkstättengeländes aufgestellt waren – diese hätte die Polizei
kontrollieren dürfen. Die Identitätsfeststellung aller Teilnehmer*innen
des Antifa-Camps war jedoch unzulässig.
Der Bericht widmet sich ausführlich der Geschichte des Peršmanhofs und der
Verfolgung der Kärntner Slowen*innen. Der Einsatz richtete sich laut
Kommission zwar nicht gegen die Volksgruppe oder die Gedenkstätte selbst,
wohl aber gegen das „pauschal als linksextrem wahrgenommene Antifa-Camp“.
Ziel sei gewesen, die Identitätsdaten der Teilnehmenden zu erfassen.
Um an diese Daten zu gelangen, zeigte die Polizei bemerkenswerte
Kreativität bei der Begründung ihres Vorgehens. So wurde etwa der Einsatz
des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) damit gerechtfertigt, dass
Ausländer vor Ort gewesen seien. Einer 24-jährigen Person mit deutscher
Staatsbürgerschaft drohten die Behörden nach der Polizeikontrolle sogar mit
einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – sprich: Ausweisung. [4][Die taz
berichtete.]
Ein Vorgehen gegen die slowenische Minderheit in Kärnten und die
Gedenkstätte war laut Bericht nicht das Ziel des Einsatzes. Den
Verantwortlichen war jedoch offenkundig egal, dass ein solches Vorgehen
tiefe Wunden bei den Nachfahren der Opfer und Angehörigen der Kärntner
Slowen:innen hinterlässt. Angehörige der Minderheit wiederum betonten
bei einer Pressekonferenz am Freitagmorgen, dass sie das Vorgehen durchaus
als Angriff auf sich als Gruppe sehen.
Ortstafeln beschmiert
Der Bericht wird die offenen Wunden kaum schließen können – auch weil die
konservative ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ in Kärnten nicht den
Polizeieinsatz, sondern den Bericht kritisieren. Der Rechtsanwalt Rudi Vouk
sagt: „Die Reaktionen auf den Bericht sind ein Skandal. Der Innenminister
hat es nicht über die Lippen gebracht, sich bei den direkten Betroffenen zu
entschuldigen.“ Auch die slowenische Außenministerin Tanja Fajon fordert
eine Entschuldigung bei den Teilnehmer*innen des Camps.
In der Umgebung des Peršmanhofs wurden zudem in der vergangenen Woche acht
zweisprachige Ortsschilder beschmiert, wobei die slowenischen
Ortsbezeichnungen im zweisprachigen Gebiet unkenntlich gemacht wurden –
sieben in Bad Eisenkappel/Železna Kapla und eines in Bleiburg/Pliberk. Die
Schmierereien haben in der Region einen hohen symbolischen Charakter, da
die Kärntner Slowen:innen jahrzehntelang im sogenannten Ortstafelstreit
um ihre Minderheitenrechte kämpfen mussten.
24 Oct 2025
## LINKS
[1] /Beamte-stuermen-Gedenkstaette/!6099731
[2] https://www.bmi.gv.at/Downloads/files/Bericht_Persmanhof_DE_Web.pdf
[3] /Faschisten-unter-der-Decke-der-Kirche/!5604086
[4] /Polizeieinsatz-gegen-Linke/!6115411
## AUTOREN
Krsto Lazarević
## TAGS
Schwerpunkt Antifa
Österreich
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