| # taz.de -- Koalitionspläne für Ukraine-Flüchtlinge: Der Bund schaut mal, we… | |
| > Weil die Regierung Geflüchteten aus der Ukraine kein Bürgergeld mehr | |
| > zahlen will, kommen Kosten auf die Kommunen zu. Aber wer zahlt dafür? | |
| Bild: Kein Bürgergeld mehr für Geflüchtete aus der Ukraine | |
| Berlin taz | Die schwarz-rote Koalition will Flüchtlingen aus der Ukraine | |
| künftig kein Bürgergeld mehr zugestehen, sondern nur noch | |
| Asylbewerberleistungen. Für die Finanzierung wäre dann nicht mehr der Bund | |
| zuständig, sondern die Kommunen. Deren Mehrkosten sollen eigentlich | |
| ausgeglichen werden, einen Plan für die Kompensation hat die | |
| Bundesregierung bislang aber nicht. „Mit Blick auf die anstehenden | |
| Gespräche mit den Ländern kann die Bundesregierung hierzu noch keine | |
| Aussage treffen“, heißt es in der Antwort des Sozialministeriums auf eine | |
| Bundestagsanfrage der Grünen. | |
| In den Koalitionsverhandlungen [1][hatte die Union die Umstellung auf die | |
| niedrigeren Asylbewerberleistungen durchgesetzt.] Sie soll für | |
| Ukrainer*innen gelten, die seit April 2025 neu nach Deutschland gekommen | |
| sind oder noch kommen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat das | |
| Sozialministerium im August vorgelegt und darin auch die Absicht erklärt, | |
| „begleitend zu diesem Gesetzgebungsverfahren“ mit den Ländern eine „eine | |
| pauschalierte Kostenentlastung“ zu vereinbaren. | |
| Dass es nicht bei der Ankündigung bleibt und dass eine komplette Erstattung | |
| kommt, hatte [2][zuletzt unter anderem der Deutsche Städtetag gefordert.] | |
| In einem Beschluss aus dem September heißt es, der Bund müsse die | |
| zusätzlichen Kosten „vollständig und dauerhaft übernehmen“. | |
| Angesichts der leeren Kassen in den Kommunen sei nämlich zu befürchten, | |
| dass „nicht durch den Bund refinanzierte Mehraufwände (…) gravierende | |
| Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Städten haben | |
| könnten“. Auszugleichen sei auch der höhere Verwaltungsaufwand. | |
| ## Der Staat spart nichts | |
| Unterm Strich, dass ging schon aus dem Gesetzesentwurf hervor, sind für die | |
| öffentlichen Haushalte durch die Reform keine Einsparungen zu erwarten. Ein | |
| großer Teil der Kosten verteilt sich höchstens anders zwischen Bund, | |
| Ländern und Kommunen. Wie das Sozialministerium in der Antwort an den | |
| Bundestag bestätigt, rechnet es einmalig sogar mit zusätzlichen | |
| Umstellungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro. | |
| Für den laufenden Betrieb geht die Regierung dann nicht von einem höheren | |
| Verwaltungsaufwand aus. Das zweifelt man aber unter anderem in der | |
| Grünen-Fraktion an, da im Asylbewerberleistungsgesetz mehr | |
| Einzelfallprüfungen vorgesehen seien als beim Bürgergeld. Anders als im | |
| Bürgergeld [3][sind Betroffene zum Beispiel nicht krankenversichert]. Über | |
| die Kostenübernahme für Behandlungen wird in den Ämtern individuell | |
| entschieden. | |
| Die grüne Bundestagsabgeordnete Karoline Otte wirft der Bundesregierung | |
| angesichts der Pläne „rechtspopulistische Quatschpolitik“ vor. „Im besten | |
| Fall steht der Bund zu seiner Verantwortung und übernimmt die Mehrkosten | |
| bei den Kommunen, dann ist das Motto linke Tasche, rechte Tasche“, sagte | |
| sie der taz. „Im schlimmsten Fall bleiben die Städte und Gemeinden auf den | |
| Kosten sitzen.“ Ihr Fazit: „Während die überlasteten Kommunen regelmäßig | |
| als Vorwand für Verschärfungen in der Migrationspolitik herhalten müssen, | |
| werden sie nun zusätzlich belastet.“ Das beweise, dass es eben nicht um die | |
| Entlastung der Kommunen gehe. | |
| ## Entlastung durch Abschottung | |
| In der Bundestagsanfrage hatten die Grünen auch danach gefragt, wie die | |
| Regierung die Kommunen dabei unterstützt, sich auf den Worst Case | |
| vorzubereiten: einen starken Anstieg der Zuzüge aus der Ukraine wegen eines | |
| „sich verändernden Kriegsverlaufs“. Die Antwort der Regierung: Man stelle | |
| regelmäßig „Zahlen zum Migrationsgeschehen und migrationsbezogene | |
| Lageeinschätzungen“ zur Verfügung. Allgemein helfe der Bund den Kommunen | |
| schon seit Kriegsbeginn unter anderem dadurch, dass er ihnen Unterkünfte | |
| mietfrei überlasse. | |
| Aus der Antwort an die Grünen-Fraktion geht auch hervor, dass Schwarz-Rot | |
| die Pauschale nicht erhöhen will, die der Bund den Kommunen für jede Person | |
| zahlt, die einen Asylantrag stellt. Sie wurde 2023 auf 7.500 Euro pro Jahr | |
| festgelegt und seitdem trotz der Inflation nicht erhöht. Statt durch mehr | |
| Kompensationen, so das Sozialministerium jetzt, entlaste man die Kommunen | |
| insbesondere durch eine andere Maßnahme: die „Reduzierung der | |
| Flüchtlingszahlen“. | |
| 2 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Gefluechtete-aus-der-Ukraine/!6101898 | |
| [2] https://www.staedtetag.de/positionen/beschluesse/2025/458-praesidium-ruecka… | |
| [3] /Behauptungen-ueber-Gefluechtete/!5963049 | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Flüchtlinge | |
| Geflüchtete | |
| Bürgergeld | |
| Kleine Anfrage | |
| Reden wir darüber | |
| GNS | |
| Bürgergeld | |
| Bürgergeld | |
| Sozialpolitik | |
| Ukraine | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Forscher zu Bürgergeld-Sanktionen: „Verweigern Personen Arbeit, kann es gute… | |
| Der Koalitionsausschuss hat über härtere Bürgergeld-Sanktionen entschieden. | |
| Schon die Ampel hatte sie für „Totalverweigerer“ verschärft. Was hat es | |
| bewirkt? | |
| Friedrich Merz und Sozialkürzungen: Unklar, ob so viel Geld gespart werden kann | |
| 5 Milliarden Euro Sparpotenzial beim Bürgergeld? Das Sozialministerium | |
| stützt die Prognose des Kanzlers nicht, sondern nennt sie offenbar | |
| „unseriös“. | |
| Wirtschaftsweise Truger: „Der Sozialstaat ist ein Schutzfaktor, kein Krisenfa… | |
| In der Debatte über Wirtschaftskrise und Sozialkürzungen wirbt der | |
| Wirtschaftsweise Truger dafür, „nicht die Ärmsten die Zeche zahlen“ zu | |
| lassen. | |
| Studie zu Geflüchteten: Ukrainer wollen Jobs statt Sozialleistungen | |
| Eine europaweite Studie zeigt: Geflüchteten aus der Ukraine sind | |
| Jobmöglichkeiten wichtiger als Sozialleistungen. Das entkräftet | |
| Behauptungen von CSU-Chef Söder. |