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# taz.de -- Die Kunst der Woche: Marke Rot
> Zurück in die Siebziger und rein in die Gegenwart führt die Galerie
> Friese mit Elvira Bach. Grund zu feiern: Die Galerie Tanja Wagner wird 15
> Jahre alt.
Bild: Blick in Elvira Bachs Ausstellung „So rot, so rot“ in der Galerie Fri…
Wenige Künstlerinnen gibt es, bei deren Namen man sofort ein Bild vor Augen
hat. Eins von der Kunst. Und auch eins von der Künstlerin. Unter den
Malerinnen ihrer Generation ist Elvira Bach vielleicht sogar die einzige,
der das gelungen ist – aus sich selbst eine Marke zu machen. Elvira Bach,
geboren 1951 im Taunus, berühmt geworden als „Junge Wilde“ in den 1980ern
in Berlin.
Flamboyant im Leben und auf der Leinwand, so kennt man sie. Divenhaft im
wallenden Gewand, mit Turban auf dem Kopf, großem Gebamsel am Ohr, rotem
Lippenstift. Rauchend. Schrill-bunte Frauenfiguren, Elviras malte Bach vor
allem ab den späteren 1990ern. Zu repetitiv, zu dekorativ, so lautete
mitunter der Vorwurf. Sie habe ihr Leben gemalt, hat sie nicht nur einmal
gesagt. Immer sei sie von sich selbst ausgegangen. Von wem auch sonst?
Die Ausstellung in der [1][Galerie Gerrit Friese] zeigt eine etwas andere
Seite der Künstlerin. Sie entstand, weil sich Bach von Atelierräumen
verabschieden musste und was liegt da näher als ein Blick ins Archiv?
Teresa Karst, Kuratorin der Ausstellung, entdeckte dort Gemälde und
Zeichnungen, die zarter wirken, als man das von Bach kennt, weniger
plakativ, jünger. Ins Jahr 1978 verweist die älteste der Arbeiten. „So rot,
so rot“ gab der Schau ihren Titel, zeigt Erdbeeren – wie sie da schon Teil
von Bachs visuellem Vokabular waren – und dahin schraffierte Buchstaben
über schemenhaften Köpfen.
Im Kopf bleibt auch eine kleinere Arbeit, gemalt mit Acryl auf Papier, aus
dem Jahr 1980, die eine junge Frau im Bett zeigt. Im schwarzen Negligé und
mit wallenden Locken zwischen hellblauen Laken, umgeben von übergroßen
Blumen und einem Telefon. 1980, da stand Elvira Bach noch ganz am Anfang,
war 29 Jahre alt, hatte gerade erst ihr Studium der Malerei an der
Hochschule der Künste Berlin abgeschlossen. Zwei Jahre später dann wurde
sie zur documenta 7 eingeladen.
Der Fokus der Ausstellung liegt auf frühen Werken der 1970er und 80er
Jahre, in der Vergangenheit verharrt sie aber nicht. Zu den alten Bildern
gesellen sich neue Keramiken, geformt und glasiert von der Künstlerin in
diesem Sommer. Erdbeeren sind auch dabei, so rot, so rot.
## 15 Jahre klares Profil: Tanja Wagner
Einen Bogen von Vergangenheit zu Gegenwart zieht auch die
Gruppenausstellung, mit der Tanja Wagner den 15. Geburtstag ihrer Galerie
feiert. Ihren Titel „Why We Do What We Do“ kann man dabei wörtlich nehmen.
Für die zehn Künstler*innen im Programm der Galerie, unter denen mit Ulf
Aminde nur ein Mann ist, und von denen viele – auch das spricht für die
Galeristin – schon seit langem, teils schon von Anfang an mit Tanja Wagner
zusammenarbeiten, war das der Arbeitsauftrag: Arbeiten auszuwählen, die
symbolisieren, was sie künstlerisch antreibt. Jeweils eine Arbeit pro
Künstler*in ist ausgestellt, kombiniert jeweils mit einem kurzen Text.
Eröffnet hatte Wagner ihre eigenen Räume 2010, nach mehreren Jahren in der
Galerie Max Hetzler. Mutig war der Weg in die Selbstständigkeit damals
schon, viele Galerien hat sie über die Zeit kommen und gehen sehen. Ihre
eigene ist geblieben. Auch, weil sie von Anfang an ein klares Profil hatte,
mit einem Fokus auf Kunst zu gesellschaftlich relevanten Themen gezeigt
hat, Arbeiten von Künstler*innen mit diversen Perspektiven, die sich
zumeist direkt vermitteln.
So wie etwa die Werke der bosnischen Künstlerin Šejla Kamerić. Kamerić ist
eine der Künstlerinnen, die von Beginn an im Programm der Galerie sind. In
die Ausstellung hat sie einen eingeseiften Militärparka gehängt, der jene
Jacke zitiert, die Melania Trump 2018 bei ihrem Besuch in einem
Internierungslager für Migrantenkinder trug, bedruckt mit dem Satz: „I
really don’t care, do you?“. Die Antwort darauf, so formuliert es die
Künstlerin, müsse eine andere Frage sein: „How could we not care?“
Vom Druck, der auf Pflegepersonal lastet, erzählt eine Installation von
Anna Witt, die dafür deren Kittel zwischen Plexiglas gepresst hat,
dazwischen erscheinen Arbeitshandschuhe comichaft wie Hände, die kaum
hinterherkommen.
Auf die Kraft der Farbe wiederum setzt Anna Steinert, deren mit Ölkreiden
überzeichnetes Ölgemälde auf die „Immortal Quest“ verweist, das
unsterbliche Streben, mit dem sie sich in den physischen Akt des Malens
stürze. „Mit all seinen Rückschlägen, dem Zorn, der Zerstörung, aber auch
mit dem ständigen, zarten Neuanfang“. Jedes Bild, schreibt sie, entfache
aufs Neue die Hoffnung auf weitere Abenteuer.
Vielleicht auch das passende Motto für die Galerie, der noch viele weitere
Abenteuer zu wünschen sind.
22 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.galeriefriese.de/
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
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