| # taz.de -- Trans Personen in Europa: Eingriff in die Menschenwürde | |
| > Trans Personen mussten sich lange Zeit sterilisieren lassen, wenn sie ihr | |
| > Geschlecht offiziell ändern wollten. Die emotionalen Folgen sind | |
| > verheerend. | |
| Bild: Alexandra aus Tschechien ließ sich 2022 sterilisieren | |
| Als Alexandra sich 2022 sterilisieren ließ, zählte für sie nur eins: | |
| endlich vollständig vom tschechischen Staat als Frau anerkannt zu werden. | |
| Die damals 22-Jährige hielt das Leben mit einem falschen Geschlechtseintrag | |
| im Ausweis nicht mehr aus. Ständig war da die Angst vor der peinlichen | |
| Situation, als trans geoutet zu werden: Würden sie die Arzthelfer*innen | |
| im Wartezimmer wieder vor allen Leuten „Herr X.“ rufen? Würde die | |
| Rezeptionist*in im Hotel zweimal hinschauen, wen sie da vor sich hat? | |
| „Ich wollte kein Leben führen, in dem ich vom Staat als Mann registriert | |
| bin und die Gesellschaft mich als Frau behandelt“, erinnert sich Alexandra. | |
| Die damalige Studentin lebte offen als Frau und fühlte sich in ihrer | |
| Identität mehr als wohl. Im Alltag auf den Straßen der tschechischen Stadt | |
| Pilsen wurde sie auch so behandelt: als Frau. Eigentlich wollte sie keine | |
| Operation. Sie erschien ihr als zu riskant, zu belastend. Durch den | |
| Testosteronblocker Androcur, den sie seit Jahren nahm, sei sie | |
| wahrscheinlich sowieso unfruchtbar gewesen, schätzt sie. Aber das | |
| tschechische Gesetz war streng: Wer seinen Geschlechtseintrag ändern lassen | |
| wollte, musste sich bis Ende Juni dieses Jahres sterilisieren lassen. | |
| Alexandra war mit diesem Dilemma nicht allein. Jahrzehntelang galten in | |
| weiten Teilen Europas ähnlich restriktive Regeln. Die Unfruchtbarkeit, zu | |
| der trans Personen in Tschechien, aber auch in Belgien, Deutschland, | |
| Finnland, den Niederlanden und Schweden gedrängt wurden, war bis teils noch | |
| vor wenigen Jahren in den jeweiligen nationalen Gesetzen verankert. | |
| Eine umfassende grenzübergreifende Recherche des | |
| Journalist*innennetzwerks Investigate Europe ergab, dass mindestens | |
| 11.000 Menschen in diesen sechs Ländern ihre Fortpflanzungsfähigkeit im | |
| Gegenzug für die legale Anerkennung ihres Geschlechts aufgeben mussten. | |
| Knapp die Hälfte dieser Menschen kommen aus Deutschland. Ein | |
| Erklärungsansatz dafür könnte sein, dass Deutschland das mit Abstand | |
| bevölkerungsreichste Land der sechs ist. Die Daten, die aus Ministerien, | |
| Behörden, Gerichtsakten und wissenschaftlichen Studien stammen, deuten auf | |
| die große Reichweite einer Politik hin, die wiederholt von UN-Expert*innen | |
| und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt wurde. | |
| Alexandra unterzog sich widerwillig einer Orchiektomie. Der 30-minütige, im | |
| Allgemeinen risikoarme Eingriff, bei dem die Hoden entfernt werden, verlief | |
| gut. Aber mit jedem folgenden Tag wurden die Schmerzen schlimmer. Eine | |
| Woche später sei sie mit qualvollen Schmerzen aufgewacht. Alexandra hatte | |
| eine Infektion entwickelt. „Die Wunde war aufgeplatzt. Um mich herum waren | |
| Blutklumpen und Eiter.“ Sie sei zurück ins Krankenhaus geeilt. Ihre | |
| Genesung, sagt sie, habe zwei Monate gedauert. | |
| Als ihre neuen Dokumente einen Monat nach ihrer Operation eintrafen, habe | |
| sie keine Freude empfunden, sondern nur Schmerz. Auch drei Jahre später ist | |
| die Wut noch immer da: „Ich bin verbittert, und das zu Recht. Ich habe all | |
| das auf mich genommen für etwas, das eigentlich schon längst hätte mir | |
| gehören sollen.“ | |
| Die Sterilisation von trans Personen, die um eine amtliche Anerkennung | |
| ihres Geschlechts kämpften, war auch in Dänemark, Norwegen und der Slowakei | |
| gängige Praxis. In anderen Ländern wie Zypern, Frankreich, Griechenland, | |
| Italien und Rumänien verlangten Richter*innen den Nachweis einer | |
| chirurgischen Intervention, die zum Ziel haben sollte, dass eine trans Frau | |
| keine Kinder mehr zeugen und ein trans Mann keine Kinder mehr gebären | |
| könnte. | |
| Zuverlässige, über Jahre kontinuierlich fortgeschriebene Daten lagen nur in | |
| Belgien, Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Schweden und Tschechien | |
| vor. In der Regel bedeuteten die staatlich verordneten Eingriffe eine | |
| Kastration: trans Frauen wurden die Hoden entfernt (Orchiektomie), bei | |
| trans Männern die Gebärmutter (Hysterektomie). Oftmals wurden auch Penis | |
| oder Eierstöcke, Eileiter und Brüste entfernt. Einige trans Personen | |
| wünschen sich solche Eingriffe im Rahmen ihrer körperlichen Transition – | |
| aber eben nicht alle. Alexandra wünschte sich den Eingriff nicht. | |
| Die ersten gesetzlichen Regelungen wurden in den 70er und 80er Jahren in | |
| Schweden, den Niederlanden und in Deutschland eingeführt. Laut dem | |
| Rechtswissenschaftler Peter Dunne von der Universität Bristol seien sie mit | |
| dem Familienrecht begründet worden. Das besagte, dass ein Kind einen Vater | |
| haben müsse, der rechtmäßig das männliche Geschlecht besitzt, und eine | |
| Mutter, die das weibliche Geschlecht besitzt. Ein schwangerer Mann würde | |
| diese Ordnung gefährden. Es wurde argumentiert, dass trans Personen, die | |
| Kinder zeugen könnten, „Chaos“ auslösen würden und es möglicherweise zu | |
| Problemen beim Kinderschutz kommen würde. | |
| Joz Motmans vom Universitätsklinikum Gent glaubt, dass das belgische Gesetz | |
| von 2007, durch das der OP-Zwang endgültig im Gesetz verankert wurde, auf | |
| einer fehlgeleiteten binären Denkweise beruhte. „Die ganze Idee dessen, was | |
| sie Transsexualität nannten, war, dass eine Person im falschen Körper | |
| geboren wurde“, erklärt der Psychologe. „Das war es, was Ärzt*innen | |
| taten: Sie halfen der Person, den Körper zu korrigieren.“ Für diese | |
| „Korrekturen“ wurde es als unvermeidlich angesehen, dass trans Personen auf | |
| die Möglichkeit verzichten müssten, Kinder zu bekommen. | |
| Motmans, der selbst trans ist, war vor etwa 20 Jahren als Doktorand bei den | |
| Sitzungen im belgischen Parlament dabei und erlebte die Entstehung des | |
| Gesetzes hautnah mit. Er erinnert sich noch gut an seinen Schock über den | |
| Vorschlag, dass Antragstellende „keine Kinder mehr in Übereinstimmung mit | |
| ihrem früheren Geschlecht zeugen können“. Bis 2017 galt diese Gesetzeslage | |
| in Belgien. Gesellschaftliche Proteste dagegen gab es immer wieder. Laut | |
| Zahlen des Justizministeriums beugten sich mehr als 700 trans Menschen und | |
| ließen sich operieren. | |
| In Deutschland mussten sich trans Personen bis 2011 operieren lassen, um | |
| amtlich anerkannt zu werden. Paragraf 8 des Transsexuellengesetzes von 1980 | |
| (TSG) schrieb vor, dass eine Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags nur | |
| nach einer geschlechtsangleichenden Operation und einer irreversiblen | |
| Sterilisation möglich sei. Zudem mussten zwei psychologische Gutachten | |
| vorgelegt werden. Trans Personen durften zudem nicht verheiratet sein, wenn | |
| sie ihren Geschlechtseintrag amtlich ändern lassen wollten. | |
| In der Praxis bedeutete dies für trans Frauen, dass ihnen Penisschaft und | |
| Hoden amputiert wurden und sie weibliche äußere Geschlechtsorgane geformt | |
| bekamen. Trans Männern wurden Eierstöcke, Eileiter und Gebärmutter | |
| entnommen. Oftmals ging damit eine Brustverkleinerung einher. Wer dies | |
| nicht wollte, konnte zwar seinen Namen, aber nicht sein amtliches | |
| Geschlecht ändern. | |
| Diese Regelung galt 30 Jahre lang, bis eine 62-jährige trans Frau dagegen | |
| klagte. Mit Erfolg: Das Bundesverfassungsgericht stufte den Paragrafen im | |
| Jahr 2011 als verfassungswidrig ein. Die erzwungene Sterilisation und die | |
| Anpassung der Geschlechtsorgane verletze das Recht auf körperliche | |
| Unversehrtheit sowie das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Paragraph 8 | |
| des TSG wurde ausgesetzt und die Bundesregierung zu einer Änderung des | |
| Gesetzestexts aufgefordert. Dieser blieb jedoch noch über zehn Jahre | |
| unverändert. Erst mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den | |
| Geschlechtseintrag (SBGG), das am 1. November 2024 in Kraft trat, wurde das | |
| TSG endgültig abgeschafft. Trans Menschen können seitdem ihren | |
| Geschlechtseintrag im Personenstandsregister [1][durch eine einfache | |
| Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern] lassen. | |
| Eine der rund 5.400 Personen in Deutschland, die zwischen 1980 und 2011 | |
| sterilisiert wurden, ist Cathrin Ramelow. Sie ließ sich 2000 in München | |
| operieren. An einen möglichen Kinderwunsch habe sie zu dem Zeitpunkt nicht | |
| gedacht. Andere Probleme überwogen. „Ich hatte keine wirkliche Wahl. Mir | |
| ging es psychisch immer schlechter. Ich hatte Gedanken an Suizid. Ich | |
| konnte nicht so weiterleben“, erzählt Ramelow. Insgesamt dauerte der | |
| rechtliche Prozess von der Namensänderung bis zur amtlichen Änderung ihres | |
| Geschlechtseintrags vier Jahre. | |
| Als ihre damalige Beziehung zerbrach, weil sie keine Kinder mehr bekommen | |
| konnte, fiel sie mental in ein tiefes Loch. „Ich hätte mir gewünscht, dass | |
| es andere Möglichkeiten gegeben hätte“, sagt sie, zum Beispiel das | |
| Einfrieren ihres Spermas. Oder eine Samenspende. Aber darüber habe man mit | |
| ihr im Vorfeld der OP gar nicht gesprochen. | |
| Zwei psychotherapeutische Gespräche waren damals vor einer Operation | |
| verpflichtend. „Ich fühle mich betrogen um Möglichkeiten. Dass mir in | |
| keinem der vielen verpflichtenden Gespräche gesagt worden war, dass es rein | |
| medizinisch noch Möglichkeiten gegeben hätte.“ Auch eine Adoption wäre | |
| damals für Ramelow und ihre Partnerin nicht möglich gewesen. Erst ab 2017, | |
| mit der Einführung der Ehe für alle, konnten juristisch | |
| gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland Kinder adoptieren. | |
| Die amtliche Änderung des Geschlechts war technisch gesehen freiwillig, in | |
| der Praxis aber kaum zu umgehen. Ob Wohnungssuche, Gesundheitsversorgung, | |
| Jobsuche, Reisen, Einlasskontrollen oder Aufenthaltsrecht – ein falscher | |
| Geschlechtseintrag in Ausweisdokumenten erschwerte trans Menschen in vielen | |
| Situationen das Leben. Alexandra sagt: „Ich habe diese Entscheidung nicht | |
| getroffen, weil ich es wollte, sondern weil ich es musste. Es ging im | |
| Wesentlichen darum, die gleichen Rechte zu haben wie andere Frauen in | |
| meinem Umfeld.“ Sie gehört zu rund 1.800 Menschen in Tschechien, die | |
| zwischen 2012 und 2025 ihren amtlichen Geschlechtseintrag ändern ließen, | |
| wie aus Zahlen des Gesundheits- und Innenministeriums hervorgeht. | |
| Auch der Norweger Aleksander Sørlie berichtet Ähnliches: „Ich glaube, viele | |
| denken, es geht um eine Bestätigung der Identität, und verstehen nicht, | |
| dass die Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags eine konkrete Funktion | |
| hat: Schutz vor Belästigung, Diskriminierung und Gewalt sowie die | |
| Möglichkeit, ein normales Leben zu führen“, sagt Sørlie. Er ließ sich 2014 | |
| sterilisieren, obwohl er es eigentlich nicht wollte. Aber nach jahrelanger | |
| Diskriminierung sah er keinen anderen Weg mehr für sich. | |
| Investigate Europe sprach mit über einem Dutzend Menschen, die ähnliche | |
| Geschichten wie Alexandra, Ramelow und Sørlie zu erzählen haben. Mindestens | |
| drei Befragte gaben an, darunter zu leiden, dass sie keine biologischen | |
| Eltern werden können. Einige litten unter schwerwiegenden gesundheitlichen | |
| Komplikationen oder waren frustriert, nicht richtig aufgeklärt worden zu | |
| sein, andere wiederum wütend auf den Staat. | |
| Cianán Russell von der LGBTQ+-Interessengruppe ILGA-Europe sagt, die | |
| Gesetzeslage habe trans Personen gezwungen „sich zwischen zwei ihrer | |
| Menschenrechte zu entscheiden – dem Recht auf körperliche Unversehrtheit | |
| und die Freiheit von ungewollten medizinischen Eingriffen und dem Recht auf | |
| Privatsphäre und Anerkennung vor dem Gesetz“. | |
| ## „Keine Entscheidung mehr“ | |
| Russell ist seit fast 30 Jahren Aktivist*in für die Rechte von queeren, | |
| intersex und trans Personen. Ihm zufolge hat die nationale Gesetzgebung in | |
| vielen europäischen Ländern trans Personen zur Sterilisation gezwungen: | |
| „Wenn man sich für einen medizinischen Eingriff ‚entscheiden‘ muss, um | |
| sicher und frei leben zu können – etwa um ein Bankkonto zu eröffnen oder | |
| sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben –, dann ist der medizinische | |
| Eingriff nicht länger eine Entscheidung.“ | |
| Ab 2010 schafften verschiedene Staaten den Operations- und | |
| Sterilisationszwang nach und nach ab. Dem Beispiel Deutschlands folgten | |
| schließlich Schweden, die Niederlande, Italien, Griechenland und Norwegen. | |
| Mehrere Staaten, darunter Frankreich, Rumänien und Italien, wurden wiederum | |
| vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt: Französische | |
| Richter*innen verlangten bis 2016 umfangreiche Operationen oder | |
| Hormonbehandlungen, die das Risiko einer Unfruchtbarkeit bedeuteten, auch | |
| wenn eine Sterilisation gesetzlich nicht vorgeschrieben war. Im Jahr 2017 | |
| entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erstmals, dass die | |
| Sterilisierung von trans Personen zwecks amtlicher Anerkennung als „Mann“ | |
| oder „Frau“ das Recht auf Privatsphäre gemäß Artikel 8 der Europäischen | |
| Menschenrechtskonvention verletzt. | |
| Dennoch haben bis heute nur wenige Staaten Verantwortung übernommen. | |
| Lediglich zwei der Staaten, die Investigate Europe untersucht hat, haben | |
| sich offiziell entschuldigt und den Betroffenen eine Entschädigung | |
| angeboten. Als erstes Land weltweit führte Schweden 2018 eine | |
| Entschädigungsregelung ein – nach jahrelangen Kampagnen von Aktivist*innen. | |
| Trans Personen, die sich sterilisieren lassen mussten, um ihren | |
| Geschlechtseintrag anzupassen, erhalten seitdem jeweils rund 225.000 | |
| schwedische Kronen, umgerechnet rund 20.440 Euro. Bisher erhielten 530 | |
| Personen eine solche Zahlung. Die Niederlande folgten 2020: 1.259 | |
| niederländische trans Personen haben seitdem jeweils 5.000 Euro | |
| Entschädigung vom Staat erhalten. In einer offiziellen Entschuldigung | |
| bezeichneten zwei niederländische Minister das Gesetz, das von 1985 bis | |
| 2014 in Kraft war, als „Verletzung der körperlichen Autonomie, die heute | |
| kaum vorstellbar wäre“. | |
| In Deutschland warten die Betreffenden noch immer auf eine offizielle | |
| Entschuldigung und eine Entschädigung. Seit das Bundesverfassungsgericht | |
| die Sterilisation von trans Personen vor 14 Jahren für verfassungswidrig | |
| erklärte, ist dazu nicht viel passiert. Trotz Forderungen des | |
| Bundesverfassungsgerichts blieb der Gesetzestext im TSG bis 2024 | |
| unverändert. Erst mit dem Gesetz über die [2][Selbstbestimmung in Bezug auf | |
| den Geschlechtseintrag, das am 1. November 2024 in Kraft trat], können | |
| trans Menschen ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister ohne | |
| psychologische Gutachten oder medizinische Behandlungen ändern. Ein | |
| Anspruch auf eine Entschuldigung oder Entschädigung wird im neuen Gesetz | |
| nicht genannt. | |
| Cathrin Ramelow zufolge entzieht sich die Bundesregierung ihrer | |
| Verantwortung: „Die handelnden Politiker heute sind zwar nicht diejenigen, | |
| die aktiv das Unrecht begangen haben“, sagt sie. Aber es sei „das Mindeste, | |
| dass sie anerkennen, dass Leid verursacht wurde. Gutmachen kann man es | |
| ohnehin nicht“. | |
| Vor drei Jahren diskutierte die damalige Ampelregierung über | |
| Entschuldigungen sowie Entschädigungszahlungen. Bis dato ohne Ergebnisse. | |
| Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und | |
| Jugend unter der Ampelregierung sagte gegenüber Investigate Europe, dass | |
| „die Beratungen über die Möglichkeiten der Anerkennung des von trans- und | |
| intergeschlechtlichen Menschen erlittenen Leids und Unrechts innerhalb der | |
| Bundesregierung noch nicht abgeschlossen“ seien. | |
| Auf eine neuerliche Nachfrage im August, nun unter der schwarz-roten | |
| Koalition, antwortet das Bildungsministerium nicht. Ramelow überrascht das | |
| nicht: „Ich glaube nicht, dass da noch viel passieren wird. Bei der | |
| jetzigen Regierung sowieso nicht. Es wird eher darum gehen, dass wir das | |
| Selbstbestimmungsrecht weiterhin verteidigen müssen.“ | |
| Investigate Europe und die beteiligten Reporter*innen haben die Behörden | |
| aller Länder, die diese Geschichte betrifft, um eine Stellungnahme gebeten. | |
| Die meisten, darunter auch die tschechischen Behörden, haben nicht | |
| geantwortet. | |
| Die Interessenvertretung Transgender Europe warnt vor gefährlichen | |
| Rückschritten. Im Mai berichtete die Organisation, dass zum ersten Mal seit | |
| einem Jahrzehnt mehr Rückschritte als Fortschritte der Rechte von trans | |
| Personen in 54 europäischen Ländern zu verzeichnen seien. Und in zwölf | |
| EU-Ländern würden noch immer sogenannte „missbräuchliche medizinische | |
| Anforderungen“ gestellt, etwa die einer obligatorischen Operation oder | |
| einer Hormonbehandlung. | |
| So verbot der konservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán 2020 | |
| die rechtliche Anerkennung von Geschlechtsänderungen – die zuvor möglich | |
| war – nun vollständig, und zwar egal ob mit oder ohne sterilisierende | |
| Operation. In der Slowakei ist seit dem Amtsantritt des Rechtspopulisten | |
| Robert Fico im Herbst 2023 die Sterilisierung von trans Personen wieder | |
| Voraussetzung für eine amtliche Änderung des Geschlechts. Fico nahm damit | |
| eine liberale Reform des Selbstbestimmungsrechts in seinem Land zurück. In | |
| der Praxis ist in der Slowakei somit eine staatlich anerkannte Änderung des | |
| Geschlechts nicht mehr möglich, genauso wenig in Ungarn und Bulgarien. | |
| Ramelow sagt, das zeige, „dass das Erkämpfte nicht statisch ist. Dass wir | |
| weiterkämpfen müssen.“ | |
| 29 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Selbstbestimmungsgesetz/!6047431 | |
| [2] /Aenderung-beim-Selbstbestimmungsgesetz-/!6106418 | |
| ## AUTOREN | |
| Paula Zwolenski | |
| Ella Joyner | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| Transgender | |
| Sterilisation | |
| Selbstbestimmung | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Social-Auswahl | |
| Istanbul-Konvention | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| Estland | |
| Petr Pavel | |
| Tschechien | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| Queer | |
| Georgien | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Lettland beendet Frauenschutzabkommen: Der Flurschaden ist angerichtet | |
| Das lettische Parlament will den Austritt aus der Istanbul-Konvention. Die | |
| Argumentation für die Entscheidung ist so unschlüssig wie abwegig. | |
| Selbstbestimmungsgesetz: Mehr als 11.000 Personen ließen den Geschlechtseintra… | |
| Seit August 2024 können Menschen einen Antrag auf Änderung ihres | |
| Geschlechtseintrags beim Standesamt stellen. Im ersten Jahr haben Tausende | |
| davon Gebrauch gemacht. | |
| Sprachreform in Estland: Russisch nur noch in der Pause | |
| Estland lehrt Estnisch verpflichtend als Unterrichtssprache. Wie kommt das | |
| bei der russischsprachigen Minderheit an? | |
| Politologe über Politik in Tschechien: „Keine prorussische Wende“ | |
| Die Wähler von Andrej Babiš in Tschechien handelten nicht aus EU-Skepsis, | |
| sagt Vít Dostál. Im Gespräch verrät er, welche Sorgen er trotzdem hat. | |
| Parlamentswahl in Tschechien: Der tschechische Trump ist wieder da | |
| Andrej Babiš und seine rechtspopulistische Partei ANO gewinnen die | |
| Parlamentswahlen in Tschechien. In der Hauptstadt Prag ist die Freude | |
| überschaubar. | |
| Eingeschränkte LGBTIQ-Rechte unter Orbán: Trotz Verbot Tausende bei Pride Par… | |
| Mitte März hatte Ungarn ein Gesetz verabschiedet, womit | |
| LGBTIQ-Versammlungen untersagt sind. Die Menschen gehen trotzdem auf die | |
| Straße. | |
| Queerfeindliche Gewalt: Die Narbe eines Systems | |
| Mitte August schlagen fremde Männer Nour wortwörtlich den Schädel ein – | |
| weil er queer ist. Trotz des Schmerzes kämpft er nun für Gerechtigkeit. | |
| Georgischen Queers droht Abschiebung: Unsicher im Herkunftsland | |
| Fagatta und Adora sind vor Gewalt wegen ihrer Geschlechtsidentität aus | |
| Georgien geflohen. Doch Deutschland glaubt ihnen nicht. | |
| Mutter und Tochter über Sexualität: „Sag mir, wo du stehst“ | |
| Toni braucht das Label „bisexuell“. Mutter Dorit ist ebenfalls queer, will | |
| aber keine Schubladen. Hat auch das Leben in der DDR daran Anteil? Ein | |
| Dialog |