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# taz.de -- Richterwahl und die Linke: Auf sie ist Verlass
> Die Linke zeigt anders als die Union, wie man Andersdenkende wählt. Viel
> hat sie davon allerdings nicht. Ein Vorschlagsrecht für die Richterwahl
> liegt in weiter Ferne.
Bild: Der „Linksruck“ der deutschen Justiz wird wohl erstmal ausbleiben mü…
Wenn Bürger:innen erfahren, dass Verfassungsrichter:innen von der
Politik gewählt werden, sind sie meist entsetzt. Sie stellen sofort die
Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts in Frage und beklagen das Ende
des Rechtsstaats. Nur ein Argument kann die besorgten Bürger:innen
halbwegs beruhigen: Dass die Verfassungsrichter:innen schon immer von
der Politik gewählt wurden und dass das Bundesverfassungsgericht dennoch
ein hoch respektiertes Gericht geworden ist.
Eigentlich sind die Bürger:innen nur selten mit diesen Richterwahlen
konfrontiert. Denn meist läuft alles glatt – und dann bringen die Medien
allenfalls Kurzmeldungen. Zuletzt lief allerdings gar nichts geräuschlos
und glatt. Anfang Juli fielen 50 bis 60 Rebell:innen der
CDU/CSU-Fraktion ihrer Fraktionsführung in den Rücken und verweigerten die
Wahl der [1][von der SPD vorgeschlagenen Rechtsprofessorin Frauke
Brosius-Gersdorf].
Was für ein Chaos! Nicht die AfD oder die Linke waren dafür verantwortlich,
sondern die CDU/CSU ließ die Verfassungsrichter-Wahlen platzen – weil
gerade die neu gewählten Abgeordneten nicht verstanden, dass ein
pluralistisches Verfassungsgericht nur zustande kommt, wenn man auch
Vorschläge von anderen Parteien wählt. Die erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit erzwingt die Wahl der Andersdenkenden.
Dagegen hat die Linke nun gezeigt, auf wen Verlass ist. Ohne jede sichtbare
Gegenleistung werden die Linken-Abgeordneten die noch fehlenden Stimmen
liefern, so dass am Donnerstag die drei Richter:innen Günter Spinner
(CDU-Vorschlag), Ann-Katrin Kaufhold (SPD-Vorschlag) und [2][Sigrid
Emmenegger (ebenfalls SPD-Vorschlag)] mit Zweidrittelmehrheit gewählt
werden können – ohne dass es auf die Stimmen der AfD ankommt.
Die Linke zeigt, wie man Andersdenkende wählt. Sichtbar wird nun aber auch,
wie schlecht die Linke verhandelt hat. Nach der Bundestagswahl, bei der die
FDP die Fünf-Prozent-Hürde verfehlte, war klar, dass die Linke für die
Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht wird. Üblicherweise erhalten die Parteien,
die für diese Mehrheit nötig sind, Vorschlagsrechte für die Richterwahlen.
Doch statt nun eines der sofort verfügbaren beiden Vorschlagsrechte der
geschwächten SPD zu fordern, schielte die Linke auf die Nominierungsrechte
der FDP – die aber erst wieder 2033 relevant werden.
Nun steht die Linke mit großem Herz und leeren Händen da. Die nächsten
Verfassungsrichterwahlen im Bundestag sind erst 2031, dann scheidet die von
der SPD vorgeschlagene Richterin Rhona Fetzer aus. Wer schlecht verhandelt,
muss sich am Ende für seine Selbstlosigkeit feiern lassen.
24 Sep 2025
## LINKS
[1] /Rueckzug-von-Brosius-Gersdorf/!6102139
[2] /Sigrid-Emmenegger/!6114834
## AUTOREN
Christian Rath
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