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# taz.de -- Bundesverfassungsgericht: Im zweiten Anlauf geglückt
> Der Bundestag hat es doch noch geschafft, drei neue Richter:innen für
> Karlsruhe zu wählen. Der CDU-Kandidat schaffte die Zwei-Drittel-Mehrheit
> nur knapp.
Bild: Die Hängepartie um die Wahl der Verfassungsrichter:innen ist vorüber
Freiburg taz | Es ist vollbracht. Nach langen Turbulenzen hat der Bundestag
drei neue Verfassungsrichter:innen gewählt. Sigrid Emmenegger,
Ann-Kathrin Kaufhold und Günter Spinner erhielten die erforderliche
Zwei-Drittel-Mehrheit.
Emmenegger und Kaufhold waren von der SPD vorgeschlagen worden. Emmenegger
ist bisher Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, Kaufhold ist
Rechtsprofessorin in München. Beide sitzen künftig im Zweiten Senat des
Bundesverfassungsgerichts, der überwiegend für Staatsorganisationsfragen
zuständig ist.
Die CDU/CSU hatte Günter Spinner nominiert. Er war bisher Richter am
Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Er gehört künfig dem Ersten Senat an, der
vor allem die großen Grundrechtsfragen bearbeitet.
Ein bisschen spannend war zum Schluss noch, ob wirklich alle drei
Kandidat:innen die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten – und
wer dazu beiträgt. An der Wahl im Bundestag nahmen 613 der 630 Abgeordneten
teil. Jeder konnte zu den drei vorgeschlagenen Kandidat:innen mit Ja,
Nein oder Enthaltung stimmen. Für eine Zwei-Drittel-Mehrheit waren 409
Stimmen erforderlich.
## AfD hat offenbar doch nicht für Spinner gestimmt
Es ist davon auszugehen, dass die Abgeordneten von CDU/CSU, SPD und Grünen
alle drei Kandidat:innen bejaht haben. Spinner bekam mit 424 Stimmen am
wenigsten Voten, obwohl die AfD angekündigt hatte, sie werde für ihn
stimmen. Das hat sie offensichtlich ganz überwiegend doch nicht getan. Da
auch einige Linke-Abgeordnete für Spinner stimmen wollten, ist es gut
möglich, dass er die Zwei-Drittel-Mehrheit auch ohne Stimmen der AfD
schaffte. Gewissheit gibt es allerdings nicht, weil die Wahl geheim
durchgeführt wurde.
Kaufhold erhielt 440 Stimmen, Emmenegger sogar 446 Stimmen. Gegen Kaufhold
stimmten 166 Abgeordnete, gegen Emmenegger gab es 161 Voten. Da die
AfD-Fraktion nur 151 Mitglieder hat, müssen auch einige Abgeordnete anderer
Fraktionen – etwa der Linken oder der CDU – gegen Kaufhold und Emmenegger
votiert haben.
Die Amtszeit der drei neugewählten Abgeordneten beginnt, sobald der
Bundespräsident Zeit hat, sie zu ernennen. Entsprechend der drei Neuwahlen
scheiden in Karlsruhe auch drei Richter:innen nach Ende ihrer Amtszeit
aus: die bisherige Vizepräsidenten Doris König und Ulrich Maidowski aus dem
Zweiten Senat sowie Josef Christ aus dem Ersten Senat.
Kaufhold wird am Freitag auch zur Vizepräsidentin des
Bundesverfassungsgerichts gewählt. Die Wahl findet im Bundesrat statt.
Bremens Regierender Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat inzwischen
einen entsprechenden Antrag gestellt. Da er dort auf „Absprachen“ mit
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und seinem
baden-württembergischen Kollegen Winfried Kretschmann (Grüne) verwies,
dürfte auch die nächste Wahl Kaufholds gesichert sein. Voraussichtlich wird
Kaufhold 2030, wenn der jetzige Präsident Stephan Harbarth ausscheidet,
dessen Amt übernehmen und dann bis 2037 Präsidentin des
Bundesverfassungsgerichts sein.
## Unions-Abgeordnete hatten rebelliert
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten à acht Richtern.
Diese 16 Richter:innen werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom
Bundesrat gewählt. Dass in diesem Sommer drei Richter:innen im Bundestag
gewählt werden und keiner im Bundesrat ist Zufall. Denn die 16
Richter:innen werden nie auf einmal gewählt. Immer wenn ein Posten frei
wird, wird nachgewählt. So kam es auch zu den ungleich verteilten
Vorschlagsrechten (zwei Mal SPD, nur einmal CDU/CSU).
Diese Richterwahlen werden vor allem deshalb in Erinnerung bleiben, weil
sie Anfang Juli beim ersten Anlauf am Tag der geplanten Entscheidung wieder
von der Tagesordnung abgesetzt wurden. Zuvor hatte sich gezeigt, dass 50
bis 60 CDU/CSU-Abgeordnete gegen ihre Fraktionsführung rebellierten und die
Wahl der von der SPD ursprünglich vorgeschlagenen Rechtsprofessorin Frauke
Brosius-Gersdorf verweigern wollten.
Der Professorin wurde vor allem ihre liberale verfassungsrechtliche
Position zum Schwangerschaftsabbruch vorgeworfen. Nachdem sich die
CDU/CSU-Rebellen nicht bewegten, zog Brosius-Gersdorf Anfang August ihre
Kandidatur zurück. Anfang September präsentierte die SPD mit Sigrid
Emmenegger eine neue Kandidatin ohne ersichtliche Ecken und Kanten, die nun
das beste Stimmergebnis erzielte.
25 Sep 2025
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Richter:innenwahl
Bundesverfassungsgericht
Jens Spahn
Frauke Brosius-Gersdorf
Kolumne Ernsthaft?
Bundesverfassungsgericht
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