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# taz.de -- Oberbürgermeisterwahl in Sachsen: Ehemaliges NPD-Mitglied will Mei…
> Im sächsischen Meißen will die AfD einen Neonazi ins Amt hieven. Doch es
> gibt Widerstand. Am Sonntag wird gewählt.
Bild: Die AfD schickt für die Wahl des Oberbürgermeisters in Meißen am 7. Se…
Leipzig taz | René Jurisch ist kein Mitglied der AfD. Denn er kann es nicht
so einfach werden, da er vor 25 Jahren bei der NPD war: Die Neonazi-Partei
steht bei der rechtsextremen Partei auf der Unvereinbarkeitsliste. Trotzdem
darf Jurisch am kommenden Sonntag als parteiloser Kandidat der AfD bei der
Wahl des Oberbürgermeisters in Meißen antreten. Damit sorgt er für allerlei
Aufregung – nicht nur wegen seiner NPD-Vergangenheit.
Da ist zum Beispiel das Tattoo auf seiner linken Schulter: eine
[1][Schwarze Sonne]. Das Symbol wirkt zwar altertümlich-germanisch, ist
aber eine Erfindung esoterischer Kreise der SS unter Heinrich Himmler.
Heute ist es vor allem in der Neonazi-Szene verbreitet, etwa als Ersatz für
das verbotene Hakenkreuz. Ob Jurisch das weiß? Eine Anfrage der taz lässt
er unbeantwortet.
Es gibt Menschen in Meißen, die sind überzeugt davon, dass Jurisch
neonazistisches Gedankengut pflegt. Er spiele es nur herunter, weil sich
damit keine Wahl gewinnen lässt. In seinem Auftreten, seinen Aussagen und
Social-Media-Posts blitze immer wieder durch, wie Jurisch eigentlich denkt.
Maria Fagerlund [2][vom Verein „Buntes Meißen“] sagt der taz zum Beispiel:
„Jurisch ist ein waschechter Neonazi.“ Zudem sei er autoritär und
cholerisch. „Wer nicht seiner Meinung ist, muss Angst haben.“
Doch Tatsache sei auch, erklärt Fagerlund, Jurisch gelte bei vielen als
Kumpel-Typ, der zuhört und dessen Bauunternehmen den lokalen Fußballverein
sponsert. Dass sich beim Eisbaden die Schwarze Sonne auf seiner Schulter
zeigt, störe die nicht. Vergangenes Jahr bei der Stadtratswahl bekam
Jurisch unter allen Kandidat:innen am meisten Direktstimmen. Die AfD
ging aus der Stadtratswahl 2024 als stärkste Partei hervor und stellt mit 9
Abgeordneten ein Drittel des Rates.
## Unterstützung gegen Jurisch aus allen Lagern
Rund 22.900 Meißner:innen dürfen am 7. September abstimmen, wer sie in den
nächsten sieben Jahren als Oberbürgermeister vertritt. Die Große Kreisstadt
ist international bekannt für das erste europäische Porzellan, die schöne
Lage an der Elbe und eine bewegte [3][Geschichte als „Wiege Sachsens“]. Der
bisherige Oberbürgermeister, Olaf Raschke (parteilos), tritt nicht mehr an.
Neben Jurisch kandidieren der FDP-Politiker Martin Bahrmann und der
parteilose Markus Renner.
Bahrmann ist seit 2014 Stadtratsmitglied und bewarb sich schon bei der
letzten Wahl 2018. Damals [4][bekam er knapp 15 Prozent und] damit etwas
mehr als der damalige AfD-Kandidat.
Markus Renner ist seit 2016 Bürgermeister in Meißen und als solcher unter
anderem verantwortlich für Finanzen, Ordnung oder Tourismus. Im Juni
sicherten ihm fast alle anderen der 26 Stadtratsmitglieder zu, seine
Kandidatur zu unterstützen, nur die AfD und Mitbewerber Bahrmann fehlten.
Von der CDU über die „Bürger für Meißen“, der sich die Grünen angeschl…
haben, bis zur Fraktion SPD/Linke hieß es, der 45-jährige Renner habe die
meiste Verwaltungserfahrung und sei der beste Kandidat. Außerdem ist er
kein Mann der AfD.
Jurisch bekommt derweil über die Stadtgrenzen hinaus Unterstützung.
Prominente AfD-Mitglieder aus der ganzen Bundesrepublik rufen in kurzen
Videos zu seiner Wahl auf. Sachsens Landesvorsitzender Jörg Urban und
Bundesvorsitzender Tino Chrupalla besuchten Meißen im August. Der AfD ist
es offenbar besonders wichtig, dass ihr Kandidat ins Amt kommt.
Das rechtsextreme Compact-Magazin hat ein 15-minütiges Video mit Jurisch
veröffentlicht. Dabei drehten sie offenbar ohne Erlaubnis auf dem privaten
Weinberg von Alexandra und Georg Prinz zur Lippe und nutzten ohne
Genehmigung das Logo der berühmten Porzellan-Manufaktur Meissen. Ehepaar
und [5][Unternehmen haben rechtliche Schritte angekündigt]. Compact sträubt
sich zwar, hat aber zumindest die eingeblendeten Logos mittlerweile
unkenntlich gemacht.
## Pistolen, Patronen und Südstaaten-Kriegsflagge
Der Wahlkampf zeigt sich auch bei Jurisch auf Social Media. Dort postet er
Fotos von sich, lächelnd am Infostand, beim Plakate hängen oder beim
Vereinsbesuch.
Früher waren die Fotos noch etwas anders. Eine Trump-Kappe, Jurisch in
Uniform des Schützenvereins, Pistolen und Patronen, seine Harley-Davidson
mit historischem Gewehr. Jurisch mit Sonnenbrille und vermummt mit der
Kriegsflagge der Südstaaten. Die ist auch als „Konföderiertenflagge“
bekannt und steht in den USA vor allem für Sklaverei und Rassismus. Jurisch
schrieb dazu: „Keinen Millimeter nach links“.
Vergangenes Jahr gefiel Jurisch ein Post bei Facebook, in dem es hieß, in
den „guten alten Zeiten“, hätten „5 Mann in Springerstiefel“ gereicht,…
die Ausländer in Ostdeutschland in der Spur zu halten. Jurisch
kommentierte: „Wir holen uns unser Land zurück!“
Der Post und Jurischs Kommentar stehen auch auf einem anonymen Flyer, der
seit Tagen in Meißner Briefkästen landet. Jurisch sei „weder menschlich
noch fachlich geeignet, und Menschen in Meißen zu vertreten“. Um das zu
untermauern, enthält der Flyer Posts und Fotos, die Jurisch online
veröffentlicht hat. Auf einem Bild posiert Jurisch mit einem scheinbar
blutbesudelten T-Shirt mit der Aufschrift „Problem gelöst“ – er hat das
Bild selbst in den sozialen Medien gepostet.
## NPD-Vergangenheit? Jugendsünde.
Als Jurisch vergangenen Donnerstag beim [6][Wahlforum der Sächsischen
Zeitung] auf seine Zeit in der NPD angesprochen wurde, reagierte er
genervt. Er wiederhole sich, aber das mit der NPD, das sei eine
„Jugendsünde“ gewesen. Er war damals fast dreißig. Ausgetreten sei er dann
wegen zwei Punkten: Zum einen die Hetze gegen Israel und zum anderen „der
sozialistische Kurs“ in der NPD. Das habe zu ihm als Unternehmer nicht
gepasst.
Nach seinem Austritt aus der NPD war Jurisch über Jahre Chef eines Vereins
zur „germanischen Brauchtumspflege“ mit Namen „Schwarze Sonne Meißen“.
Jurisch selbst sagte dem MDR kürzlich, der Verein habe keine politischen
Ziele verfolgt. Der Verfassungsschutz in Sachsen hatte die Schwarze Sonne
allerdings im Blick. 2006 wurde der Verein aufgelöst.
Das Wahlforum am Donnerstag verfolgte vor Ort auch Daniel Bahrmann. Er ist
Stadtratsmitglied der SPD, Fotograf und hat nur zufällig den gleichen
Nachnamen wie der FDP-Kandidat. Die lauten Sprüche von Jurisch, glaubt
Bahrmann von der SPD, das sei im Meißner Wahlkampf kein Nachteil. „Ich
fürchte, viele finden das gut.“
Aber was ist mit Aktionen wie dem Flyer über die Posts von Jurisch, ändert
das etwas? Bahrmann halte es für wichtig, dass Bürger:innen solche
Informationen haben und wissen, wer zur Wahl steht. Vielleicht rege das zum
Nachdenken an. Aber er vermute, so ein Flyer führe eher zu reflexhafter
Solidarisierung.
Die Kompetenz der Kandidaten spiele für Jurischs Unterstützer:innen
weniger eine Rolle, meint Bahrmann. „Es gibt da so einen Spruch: Die AfD
könnte einen Stein blau anstreichen und aufstellen, der würde auch
gewählt“, sagt er. Entscheidend sei, „denen da oben“ eins auszuwischen.
„Dabei sägen sie am eigenen Ast.“
Maria Fagerlund vom Verein „Buntes Meißen“ sagt, sie sehe der Wahl am
Sonntag mit gemischten Gefühlen entgegen. „Dem Oberbürgermeister muss
ehrlich an einer lebenswerten Stadt für alle gelegen sein“, findet sie.
Jurisch hat bereits klargemacht, wenn er gewinnt, haben es
Demokratieprojekte wie „Buntes Meißen“ schwerer. Fagerlund hofft, dass es
nicht so weit kommt.
1 Sep 2025
## LINKS
[1] /Faschistische-Symbole-erkennen/!5512652
[2] https://www.buntes-meissen.de/index.php/2025/07/07/brandanschlag-und-volksv…
[3] /Plaene-der-AfD-in-Meissen/!5857260
[4] /Buergermeister-Wahl-in-Meissen/!5538379
[5] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/meissen/rechtsstreit-porzell…
[6] https://www.youtube.com/watch?v=SFj8Fq5xqhY
## AUTOREN
David Muschenich
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