# taz.de -- AfD-Niederlage in Sachsen: Oberbürgermeister-Büro bleibt nazifrei | |
> Aufatmen unter Demokrat*innen in Meißen: Ihr Kandidat gewinnt | |
> überraschend deutlich vor einem Bewerber mit NPD-Vergangenheit und | |
> AfD-Unterstützung. | |
Bild: Markus Renner, parteilos, ist der neue Oberbürgermeister von Meißen | |
Leipzig taz | Meißen hat einen neuen Oberbürgermeister: Der parteilose | |
Markus Renner bekam am Sonntag beim ersten Wahlgang eine Mehrheit von 58,5 | |
Prozent der Stimmen. Er setzte sich damit gegen seine beiden Mitbewerber | |
durch, gegen den von der AfD unterstützten, aber parteilosen René Jurisch | |
(30,4 Prozent) und gegen den FDP-Politiker Martin Bahrmann (11,1 Prozent). | |
Die Meißner:innen müssen somit kein zweites Mal an die Urne. | |
Der 45-jährige Renner ist seit 2016 als Meißner Bürgermeister für Finanzen, | |
das Ordnungsamt sowie Kultur und Tourismus zuständig. Zudem war er | |
Stellvertreter des bisherigen Oberbürgermeisters Olaf Raschke (parteilos). | |
Der trat nach 21 Jahren und drei Amtszeiten nicht mehr an. | |
Schon im [1][Juni hatten Renner] die meisten der 26 Stadtratsmitglieder | |
ihre Unterstützung zugesichert. Nur die 9 AfD-Mitglieder und der | |
FDP-Kandidat Martin Bahrmann fehlten. Von der CDU über die „Bürger für | |
Meißen“, der sich die Grünen angeschlossen haben, bis zur Fraktion | |
SPD/Linke hieß es, der parteilose Bürgermeister sei der beste Kandidat. Er | |
habe die meiste Verwaltungserfahrung, ein offenes Ohr für Bürger:innen | |
und finde tragfähige Kompromisse, hieß es etwa. | |
Trotz der breiten Unterstützung war nicht sicher, dass Renner die Wahl | |
gewinnen würde. Seinem Mitbewerber René Jurisch wurden ebenfalls | |
realistische Chancen ausgerechnet. Bei der Stadtratswahl im vergangenen | |
Jahr hatte er unter allen Kandidat:innen die meisten Stimmen bekommen. | |
Die AfD unterstützte seinen Wahlkampf tatkräftig und mit prominentem | |
Besuch. Das Ziel: nach [2][Tim Lochner in Pirna sollte in Sachsen] der | |
zweite AfD-Oberbürgermeister ins Amt kommen. | |
## AfD-Mann mit NPD-Vergangenheit | |
Der sächsische Verfassungsschutz schätzt die AfD im Freistaat als | |
rechtsextrem ein. Trotzdem sorgte es für bundesweite Aufmerksamkeit, dass | |
die Partei in Meißen René Jurisch unterstützte. Der war vor etwa 25 Jahren | |
[3][in der Neonazipartei NPD], die heute Heimat heißt. Eine Mitgliedschaft | |
bei der AfD geht deshalb nicht so einfach, die Kandidatur hingegen schon. | |
Nach seiner Zeit bei der NPD gründete Jurisch den „Verein zur germanischen | |
Brauchtumspflege Schwarze Sonne Meißen“. Die „Schwarze Sonne“ ist in der | |
Neonazi-Szene etwa als Ersatz für das verbotene Hakenkreuz verbreitet. Auf | |
vielen Fotos ist zu sehen, dass Jurisch sich vor Jahren ein solches Symbol | |
auf die linke Schulter tätowieren ließ. | |
Unter anderem deshalb gibt es Menschen in Meißen, die überzeugt davon sind, | |
dass Jurisch neonazistisches Gedankengut pflegt. Er spiele es nur herunter, | |
weil sich damit keine Wahl gewinnen lässt. In seinem Auftreten, seinen | |
Aussagen und Social-Media-Posts blitze immer wieder durch, wie Jurisch | |
eigentlich denkt. | |
Im Wahlkampf reisten Sachsens AfD-Landesvorsitzender Jörg Urban und der | |
Bundesvorsitzende Tino Chrupalla nach Meißen, um Jurisch zu unterstützen. | |
Weitere prominente AfD-Mitglieder aus der ganzen Bundesrepublik riefen in | |
kurzen Videos zu seiner Wahl auf. Gereicht hat es nicht. | |
Nicht der einzige Rückschlag für die AfD am Sonntag: Auch in Wolmirstedt im | |
benachbarten Sachsen-Anhalt verlor ihr Kandidat bei der Bürgermeisterwahl. | |
Dort trat der Landtagsabgeordnete Mathias Knispel an, dem ebenfalls | |
Verbindungen in die rechtsextreme Szene nachgesagt werden. Er bekam 36,2 | |
Prozent. Gewonnen hat in Wolmirstedt der parteilose Kandidat Mike Steffens | |
mit 54,4 Prozent. | |
## „Der Richtige für das Amt“ | |
In Meißen war laut [4][Sächsischer Zeitung] AfD-Kandidat Jurisch enttäuscht | |
von den 30,4 Prozent, er habe sich mehr erhofft. Tim Lochner, dem | |
AfD-Oberbürgermeister von Pirna, hatten 2023 bei seiner Wahl 38,5 Prozent | |
der Stimmen gereicht. Im zweiten Wahlgang braucht es bei sächsischen | |
Oberbürgermeisterwahlen keine absolute Mehrheit. Fotos zeigen auch | |
AfD-Landeschef Urban am Sonntagabend in Meißen. Auf Facebook wünschte | |
Jurisch seinem Mitbewerber Markus Renner „eine glückliche Hand und viel | |
Erfolg“. | |
Wahlsieger Markus Renner zeigte sich hingegen „überwältigt“ von seinem | |
hohen Ergebnis. „Mit dieser breiten Unterstützung will ich loslegen“, sagte | |
[5][er dem MDR]. | |
Bei Renners Unterstützer:innen ist die Erleichterung zu spüren, dass | |
nicht Jurisch ihr neuer Oberbürgermeister geworden ist. So antwortete etwa | |
Daniel Bahrmann, SPD-Stadtratsmitglied, auf taz-Anfrage am Sonntagabend, er | |
sei erleichtert und freue sich über das klare Zeichen: „Kein zweiter | |
Wahlgang, kein weiterer Wahlkampf. Markus Renner ist einfach der Richtige | |
für das Amt.“ | |
8 Sep 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Oberbuergermeisterwahl-in-Sachsen/!6110751 | |
[2] /AfD-Kandidat-wird-Oberbuergermeister/!5977811 | |
[3] /Ehemaliger-NPD-Vorsitzender-gestorben/!6101451 | |
[4] https://www.saechsische.de/lokales/meissen-lk/meissen/meissen-hat-gewaehlt-… | |
[5] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/meissen/ob-wahl-oberbuergerm… | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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