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# taz.de -- „Berlin Döner“-Läden in ganz Europa: Deutschlands heißester …
> Die Küche der deutschen Hauptstadt hat es zu wenig Ruhm gebracht – mit
> einer Ausnahme. Zu Besuch beim „Berlin Döner“ in sechs europäischen
> Städten.
Bild: Keine Lust auf Schnitzel? In Wien gibt es auch Berliner Döner
## Am Fuße von St. Laurenz
Das Besondere ist die Kirche. St. Laurenz am Schottenfeld, in hellem Stein
gebaut, steht mitten in Neubau, dem 7. Wiener Bezirk. An ihre Außenwand
schmiegt sich ein Dönerstand. Man kann sich also nach der Sonntagsmesse
direkt an weltlichem Street Food laben, so man denn möchte.
Von der heutigen Besetzung des Berliner Döner weiß keiner, wie es zu diesem
Standort kam. Der Laden gehört nicht der Kirche, sondern der Karakülah
Gastronomie KG; direkt auf der anderen Straßenseite gibt es einen
Schwesterbetrieb, der „Berliner Grill Spezialitäten“ feilbietet, also fast
dasselbe, nur irgendwie gastlicher.Obwohl, gastlich ist es im Schatten der
Kirche auch. Unter grünen Markisen stehen Stühle und Tische, und auf der
anderen Straßenseite wartet wie bestellt ein Straßenbrunnen, an dem man
sich säubern kann. Denn Döneressen kann, wir wissen es, eine schmutzige
Angelegenheit werden.
Um 12 Uhr mittags läuten die Glocken, die Gläubigen des Berliner Döners
finden sich an der Ausgabe ein. Tatsächlich ist so viel Betrieb, dass ich
mit meinen Fragen kaum durchkomme. Ich bestelle einen Döner im Brot.
Gemischtes Fleisch, scharf, komplett.
Eine Serviette weht über das Pflaster. Der Döner wird tatsächlich besser,
je weiter man sich da durchisst. Gekostet hat er 6,80 Euro, ein für Wiener
Verhältnisse okayer Preis. Die Zeiten, wo man eine Dönertasche [1][für 1,50
Euro hinterhergeworfen bekam], sind schließlich auch in Berlin längst
vorbei. Was am Berliner Döner im 7. Bezirk allerdings so berlinerisch sein
soll, erschließt sich mir nicht: Das Brot ist härter, österreichisch eben,
die Saucen triefen nicht so, das Papier ist nicht im Handumdrehen
durchsifft. Alles gut also.
Auf dem Rückweg komme ich am Only Gemüse Kebap vorbei, Untertitel:
„Berlinerart“. Den probiere ich dann beim nächsten Mal. René Hamann
## Mit Touchscreen, ohne Scharf
„Berliner Rundfunk, Einundneunzigvier“ dudelt es im Berlin Döner in der
schwedischen 100.000-Einwohner-Stadt Linköping. Drei Spieße drehen sich im
luftigen Eingangsbereich, neben ihnen die Piktogramme von Huhn, Kuh und
Schwein. Um 21 Uhr, eine Stunde vor Ladenschluss, sind zwei der Spieße
schon abgesäbelt. Rind ist noch da. Ist mir sowieso am liebsten.
Ich warte, während Onlinebestellungen fertiggemacht und von Lieferanten
oder Kunden abgeholt werden. „Könntest du bitte ans Terminal gehen?“, fragt
eine Mitarbeiterin. Ah, klar: Wir sind in Schweden, wo in den meisten
Fast-Food-Läden [2][Selbstbedienungsbildschirme stehen]. Aber per
Touchscreen einen Döner bestellen? That’s a first for me.
Ich tippe mich durch das Menü. Jede Fleischoption existiert auch im Brot,
auf dem Teller, als „Rulle“ ([3][Dürümverschnitt]), in der Box und als
Salad Bowl. Neben dem „Berliner“ Döner gibt es auch Mexiko-Döner mit
Jalapeños – und Gyros. Ich bestelle Döner im Brot, [4][bezahle mit Karte].
Der Berlin Döner ist eher Restaurant als Bude oder Laden, schwedischer Stil
trifft hier auf Berlin-Memorabilia. Einige Tische haben eine Oberfläche im
blau-schwarz-roten Sitzmuster der Berliner Verkehrsbetriebe.
DDR-Ampelmännchen zieren die Toilettentüren. An der Wand
Retro-Berlin-Poster und ein Holzbrett mit Büchern zur Stadt.
Nach wenigen Minuten wird meine Bestellnummer aufgerufen. Umgerechnet 11
Euro kostet der prall gefüllte Kebab. Das Fleisch ist leicht-knusprig und
nicht zu fettig, das Brot außen kross und innen weich. Es könnte ein wenig
dicker sein, um zu verhindern, dass der Inhalt unten raustrieft. Scharfes
Gewürz gibt’s auf Nachfrage, jedoch kommt skandinavisches „Scharf“ nicht
ans deutsche heran. Dennoch: Trotz leichter Geschmacksabstriche überzeugt
Berlin Döner in Linköping als Gesamtpaket. Klaudia Lagozinski
## Irisches Lamm hat seinen Preis
„Lammkebab nach Kreuzberger Art“ steht auf der Speisekarte, und: „Genieß…
Sie den authentischen Geschmack von Berlin.“ Der dazugehörige Laden heißt
Berliner Kebab und liegt im Süddubliner Stadtteil Portobello, und früher
gab es am Grand Canal tatsächlich einen „schönen Hafen“, 1801 wurde er
eröffnet. Um die Ecke, in der Synge Street, ist der Dramatiker George
Bernard Shaw geboren. So viel zur Geschichte, aber heute geht es um den
Döner.
Ich kenne die Kreuzberger Kebabs und bin gespannt, ob das Versprechen der
Speisekarte stimmt. Zu Kreuzberger Preisen kriegen wir die Mahlzeit
jedenfalls nicht: Ein Lammkebab kostet 14,50 Euro, die Chickenvariante ist
einen Euro billiger. Das Lamm ist irisch, das Huhn auch, aber nicht aus
Freilandhaltung, wie bei den meisten Imbissläden in Dublin.
Früher bekam man hier auch einen Gemüsekebab mit 14 verschiedenen Zutaten,
aber den haben nur ein paar Deutsche bestellt, sagt Kazim Ersöz. Er ist
eigentlich Wirtschaftsingenieur und hat das Berliner Kebab zusammen mit
seiner Frau Cemre und zwei kulinarisch geschulten Mitstreitern im Juli
vorigen Jahres eröffnet.
Im Imbiss stehen ein paar Tische, aber die meisten Kunden lassen sich die
Ware einpacken. Der erste Eindruck: Die Döner kommen im selbst gebackenen
Pide, wie schön. Das originale türkische Fladenbrot gibt es sonst nirgendwo
in Dublin. Der zweite Eindruck: Die Döner sind größer als in Kreuzberg, und
sie haben mehr Fleisch, was mir gut gefällt.
Man kann zwischen sechs verschiedenen Saucen auswählen. Knoblauch,
Tsatsiki, Käse, Cocktail, Muhammara und scharf. Wir nehmen Tsatsiki und
wünschten, wir hätten Münder wie ein Briefkasten, um unfallfrei in das
grandiose Werk hineinbeißen zu können. Ralf Sotscheck
## In Valentino-Shorts auf Wilmersdorfer Stühlen
Das Berlin Doner Kebab Restaurante ist ein enger Schlund. Ganz hinten im
Laden, quasi im Rachen, rotieren zwei Dönerspieße zwischen spiegelnd weißen
Wänden, hell erleuchtet vom Neonlicht. Doch bis dort hinten ist es ein
langer Weg.
Das Bistro liegt an der Strandpromenade von Ca’n Picafort, einem Hoteldorf
im Osten Mallorcas, zwischen dem Yogurt House und der Bar Jamaica.
Orange-verblichene Stuhlbezüge senden Alt-Wilmersdorfer Charme, doch an den
schwarzen Tischen der Terrasse sitzt niemand. Im Inneren, im Schlund,
führen vier Stufen hoch zum weiß strahlenden Thekenbereich. An der Decke
überm Treppchen hängt eine Plastikfolie, die das Sortiment anzeigt:
Hamburger, Sandwiches, Chicken Wings.
Halt, Stopp, wo ist der Döner?
Der Angestellte an der Theke, in Schlappen und grauem Nike-Shirt, klärt das
Missverständnis. Döner gibt es natürlich, in Pide, in Dürüm, für 50 Cent
Aufpreis auch im Hamburgerbrötchen. Es gibt scharfe Soße und „Chusso“. –
„Chusso?“ – „Garlic!“ Ja bitte, alles rein damit.
Im Kühlschrank verweilt einsam eine Wasserflasche, an der Wand hinter der
Kasse klebt das „Halal Certificate“ der Düzgün Food GmbH aus dem
westfälischen Versmold. Der Angestellte reicht den Döner, eingenommen wird
er an der Promenade, während nebenan zwei Typen vorm Meer posieren. Das
Brot ist bemerkenswert: außen knusprig, innen säuerlich-fluffig. Der Salat
blass, doch knackig, zum Ende hin überraschen Mais und Kraut.
Es gibt nun auch einen zweiten Kunden: Braun gebrannt, in Valentino-Shorts
und mit blau getönter Sonnenbrille auf der Stirn setzt er sich auf einen
Wilmersdorfer Stuhl und beißt in einen Dürüm. Fabian Stark
## Wo die Geschichte weitergeht
Die Tragik Berlins liegt in der Geschichte der Stadt mit Mauer, JFK, Clubs
in der Umbruchzeit – und dass da jetzt nur noch [5][der traurige
schwarz-rote Wegner-Senat] ist, dem nichts einfällt, was die Geschichte der
Stadt fortschreiben könnte. Wie trostlos dieses Verharren in einst
politisch spannungsreichen und in der Folge aufregenden Zeiten ist, lässt
sich bei einem – wirklich guten – Döner am Vieux Port, dem Alten Hafen von
Marseille, erleben.
Hier befindet sich eine Filiale der französischen Döner-Kette Berliner Das
Original. Vorne der Gastraum mit Tresen, Kühlschränken für Getränke und der
Speisetafel über einem Durchlass, hinter dem man allerdings nur eine
Pommesfritteuse sieht und nicht die sich im Original-Original drehenden
Spieße. Hinten die Trostlosigkeit eines in die Jahre gekommenen
Berlinmuseums, schlauchartig verschachtelt, weitgehend fensterlos,
verwaiste Sitzplätze und gelbe Berlinmotive an capriblauen Wänden: JFK
(„Ich bin ein Berliner“), der „BeRliNeR“-Bär, der eine Tulpe in der Pf…
trägt, ein Kringel, aus dem der Fernsehturm emporragt, eine U-Bahn unter
dem Schild „Alexanderplatz“, so was.
Nein, man möchte sich da nicht aufhalten und trägt den kompakt gewickelten
Döner vom Typ Dürüm („Kebab Wrap Veau et Dinde“, also Kalb und Truthahn)
nach draußen, bloß raus aus Berlin.
Der Döner ist fein-würzig mit allerlei Gemüse (Salat, Paprika, Möhren,
Zucchini, Kraut) und „Sauce Signature Berliner“, schön frisch mit gutem
Brot. Fast wie am Halleschen Tor in Berlin also, nur eben mit Blick auf den
Alten Hafen von Marseille, der [6][alles andere als in seiner Geschichte
stehengeblieben ist].
Wäre schön, wenn daraus so eine Art Transfer würde: Marseille guckt sich
Döner ab, Berlin Stadt. Felix Zimmermann
## Bratkartoffeln im Bienenstock
Hoch oben, vom 33. Stockwerk [7][des Warschauer Kulturpalasts], kann man
durch das gewölbte Glaswabendach in die „Goldenen Terrassen“ gucken. Hier
befindet sich eines der größten Einkaufszentren der Stadt. Die Menschen da
unten sind klein wie Bienen. Auch im Innern erinnert das alles übertönende
Summen und Raunen an einen Bienenstock, und ganz oben, direkt unter dem
Glasdach, reihen sich in der Fressmeile Waben bekannter Fastfoodketten aus
aller Welt aneinander. Mittendrin: das schwarz-rote Logo des
Schnellrestaurants Berlin Döner Kebap.
Auf die Frage nach dem populärsten Gericht bekomme ich einen Gemüsedöner
empfohlen, in dem auch türkischer Käse und Hähnchenfleisch sein sollen. Der
Preis: 33 Złoty, das sind knapp 8 Euro. Ich suche mir einen Platz und nur
wenige Minuten später vibriert die elektronische Karte mit meiner
Bestellnummer.
Auf den ersten Blick macht der Döner einen überwältigenden Eindruck. Auf
dem fein gehobelten Eisbergsalat liegen wie Hagelzucker kleine weiße
Käsekörnchen. Mit der Plastikgabel probiere ich Salat und Käse, die zwar
frisch sind, aber – da ohne Soße – leider ohne Geschmack. Darunter kommt zu
meiner Überraschung eine große Portion Bratkartoffeln zum Vorschein,
darunter wiederum eine Schicht von gegrilltem Gemüse, beides auch nur ganz
leicht gewürzt. Immerhin, das getoastete Brötchen ist schön kross und
sehr lecker. Mit der Gabel stochere ich weiter nach unten, doch als ich
dann endlich ans Fleisch gelange, ist es schon kalt. Und anstelle der
bestellten Tsatsiki- und Knoblauchsoßen habe ich eine milde
Joghurtmayonnaise bekommen.
Ich packe mir den kalten Rest ein und schaue, was die Leute an den anderen
Tischen essen: Größtenteils irgendwelche Wraps oder sogenannte Kebabteller
mit viel Fleisch und Pommes. Jedenfalls keine Gemüsedöner. Gabriele Lesser
11 Sep 2025
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
Felix Zimmermann
Fabian Stark
René Hamann
Ralf Sotscheck
Klaudia Lagozinski
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