# taz.de -- Gutachten zur AfD Brandenburg: BSW verharmlost AfD-Einstufung | |
> Die AfD in Brandenburg gilt nun offiziell als rechtsextrem. Beim Umgang | |
> damit zeigt sich, wie weit die Koalitionspartner SPD und BSW auseinander | |
> liegen. | |
Bild: „Lediglich Ausdruck eines rechtskonservativen Weltbilds“: BSW-Fraktio… | |
Potsdam/Berlin dpa/epd/taz | Nach der Einstufung der AfD in Brandenburg als | |
gesichert rechtsextremistisch ist die Regierungskoalition in Potsdam uneins | |
bei der Bewertung der Folgen. Insbesondere in der Frage nach einem | |
AfD-Verbotsverfahren liegen Teile der SPD von Ministerpräsident Dietmar | |
Woidke und die [1][seit Dezember 2024 mitregierende Wagenknecht-Partei BSW] | |
meilenweit auseinander. | |
Am Donnerstag hatte Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos, für | |
SPD) das rund 140 Seiten umfassende Gutachten des Landesverfassungsschutzes | |
öffentlich gemacht, das Grundlage ist für die Höherstufung der märkischen | |
AfD vom Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung. Das | |
Gutachten selbst war schon seit Montag in der Welt, [2][nachdem es vom | |
rechtspopulistischen Onlinekanal des Bild-Ex-Chefs Julian Reichelt geleakt | |
wurde]. | |
Während führende Sozialdemokrat:innen sich nach der offiziellen | |
Vorstellung in ihrer Haltung bestätigt sehen, ein Verbotsverfahren zu | |
prüfen, wiegelt der Koalitionspartner BSW vehement ab. „Einige der | |
aufgeführten Zitate sind lediglich Ausdruck eines rechtskonservativen | |
Weltbilds. Wir teilen dies ausdrücklich nicht, aber es ist keine verbotene | |
Meinung“, sagte BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders. | |
Überhaupt, so Lüders weiter, machten die Diskussionen über ein AfD-Verbot | |
die rechtsextremistische Partei nur noch stärker: „Behördlich oder | |
rechtlich gegen die AfD vorzugehen, hat der Partei eher genützt.“ Wer den | |
juristischen Weg einschlage, verkenne zudem „oft die realen Probleme in der | |
Gesellschaft, für die nicht selten die AfD ein Ventil ist“, erklärte der | |
Politiker der Wagenknecht-Partei, der allerdings – in Thüringen etwa – | |
[3][ohnehin ein bedenklicher Kuschelkurs zur AfD attestiert wird]. | |
## SPD fordert härtere Gangart | |
In dem Gutachten heißt es, es seien in der AfD eklatante Verstöße gegen | |
Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie das | |
Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip „in erheblichem Maß festzustellen“. | |
Diese hätten „gerade in der jüngeren Vergangenheit erwiesenermaßen | |
zugenommen“. Kontakte zu rechtsextremen Vorfeldorganisationen seien seit | |
2020 „gepflegt, aufrechterhalten und sukzessive intensiviert“ worden. | |
Anders als BSW-Mann Lüders sieht Erik Stohn, der stellvertretende | |
SPD-Fraktionschef im Landtag, in der Einstufung der AfD dann auch ein | |
drastisches Alarmsignal für die Demokratie. „Wir nehmen den Bericht als | |
Auftrag, alle Schutzmechanismen unseres Rechtsstaats zu nutzen – auch ein | |
Parteiverbot muss geprüft werden“, sagte Stohn nach der Vorstellung des | |
sogenannten Einstufungsvermerks. | |
Auch Regierungschef Woidke wurde mit Blick auf ein Verbotsverfahren am | |
Freitag deutlich. „Wenn der Verdacht besteht, dass eine Partei die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen will, ergibt sich sogar | |
eine Pflicht zum Handeln“, sagte er dem Handelsblatt. „Aber klar ist auch: | |
Das wird ein dorniger Weg – politisch wie juristisch.“ Es sei richtig, | |
jetzt Vorbereitungen zu treffen mit einer Arbeitsgruppe. | |
## BSW für Abschaffung des Verfassungstreue-Checks | |
Neben der Anstrengung eines Verbotsverfahrens am Bundesverfassungsgericht | |
spricht sich die SPD auch für eine Weiterentwicklung des Brandenburger | |
Verfassungsstreue-Checks aus. Aber auch an dieser Stelle liegen Welten | |
zwischen den Koalitionspartnern. Das BSW forderte [4][2024 in ihrem | |
Wahlprogramm] sogar „eine Abschaffung des sogenannten | |
Verfassungstreue-Checks“. | |
Im vergangenen Jahr hatte der Landtag beschlossen, dass es vor dem Amtseid | |
für angehende Beamt:innen eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben | |
muss, um zu prüfen, ob die Kandidat:innen mit Bestrebungen gegen die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung aufgefallen sind. Das BSW sieht | |
darin einen Eingriff in Grundrechte. | |
Auch ansonsten machte die Wagenknecht-Partei schon vor der Landtagswahl im | |
September 2024 deutlich, was sie vom Verfassungsschutz hält, nämlich: nicht | |
viel. „Um die Bürger vor Bespitzelung und Manipulation zu schützen, setzen | |
wir uns für eine Begrenzung der Befugnisse des Verfassungsschutzes ein“, | |
hieß es damals im Programm. | |
## Regierungskrise im Frühjahr | |
Zur Wahrheit gehört, dass es sich auch die ehemalige SPD-Innenministerin | |
Katrin Lange zur Aufgabe gemacht hatte, die Befugnisse ihres eigenen | |
Dienstes zu begrenzen. Im Frühjahr [5][feuerte die Genossin vom rechten | |
Parteiflügel kurzerhand den damaligen Chef des Brandenburger | |
Verfassungsschutzes] wegen des seinerzeit bereits erstellten, aber erst | |
jetzt veröffentlichten AfD-Einstufungsvermerks. | |
Lange beklagte, nicht ausreichend über die Hochstufung der Partei | |
informiert worden zu sein. Von der im Zusammenhang mit der Neubewertung der | |
AfD auch von ihren eigenen Parteikolleg:innen geforderten Prüfung | |
eines Verbotsverfahrens wollte sie nichts wissen. Die Jusos forderten | |
Langes Rücktritt, der Rückhalt für die Vertraute von Ministerpräsident | |
Woidke wurde zusehends geringer. Im Juni nahm sie schließlich von selbst | |
ihren Hut. | |
Langes Nachfolger René Wilke sagte zur Verbotsdebatte am Donnerstagabend im | |
RBB, dass jetzt erst einmal eine Phase sei, in der die AfD in Brandenburg | |
überlegen könnte, „mal zur Besinnung zu kommen und einen anderen Weg | |
einzuschlagen, das geht ja auch.“ | |
Außer Frage steht: Das Bundesland hat ein veritables Problem mit der | |
extremen Rechten. In der jüngsten Brandenburg-Umfrage liegt die AfD mit 32 | |
Prozent vor allen anderen Parteien und noch mal 3 Punkte über ihrem | |
Ergebnis bei der Landtagswahl im September vergangenen Jahres. Die SPD, die | |
sich damals noch mit 31 Prozent vor die Rechtsextremen schieben konnte, | |
rutscht in der Ende Juni veröffentlichten Umfrage ab auf 23 Prozent. | |
Erst weit dahinter folgt die CDU mit 14 Prozent – bei der Wahl kam sie nur | |
auf rund 12 Prozent – und das BSW, das von 13,5 auf 9 Prozent runterknallt. | |
Die 2024 aus dem Landtag geflogenen Linken kämen inzwischen ebenfalls | |
wieder auf 9 Prozent, auch die nicht mehr im Parlament vertretenen Grünen | |
würden mit 5 Prozent die nötige Hürde für einen Wiedereinzug schaffen. | |
15 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Regierung-in-Brandenburg/!6055830 | |
[2] /Einstufung-der-AfD-Brandenburg/!6102964 | |
[3] /BSW-und-AfD-in-Thueringen/!6076687 | |
[4] /BSW-Wahlkampf-in-Brandenburg/!6032928 | |
[5] /Brandenburgs-Ex-Innenministerin/!6095578 | |
## AUTOREN | |
Rainer Rutz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt AfD | |
Rechtsextremismus | |
BSW | |
SPD | |
Verfassungsschutz | |
Reden wir darüber | |
Social-Auswahl | |
BSW | |
Die Linke | |
Die Linke | |
Schwerpunkt AfD | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt AfD | |
Schwerpunkt AfD | |
Verfassungsschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umstrittene Einladung: Putin-Vertreter zu Gast beim BSW | |
Der russische Botschafter wird von der Brandenburger BSW-Fraktion zu einer | |
Ausstellungseröffnung eingeladen. Der Koalitionspartner SPD reagiert. | |
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen: Kein Bock auf Sahra | |
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist bei den NRW-Kommunalwahlen | |
abgeschmiert. Die Linkspartei holt hingegen ihr bestes Ergebnis an Rhein | |
und Ruhr. | |
Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen: Wagenknecht schaut vorbei | |
In Duisburg bejubeln etwa 300 Menschen die BSW-Parteigründerin. Doch beim | |
Kampf um Ratsmandate in NRW dürfte ihr BSW schlecht abschneiden. | |
Verwaltungsgericht zum Verdachtsfall AfD: Alice Weidel wohl kein Spitzel | |
Die Einstufung der AfD als extremistischer Verdachtsfall beruht vor allem | |
auf Äußerungen von sieben Funktionären. Die AfD hatte V-Leute im Verdacht. | |
Rechtsextremismus in Brandenburg: Demo gegen Nazis in Spremberg | |
In der Lausitz haben 100 Menschen gegen eine Versammlung des III. Wegs | |
protestiert. Zuvor hatte die Bürgermeisterin mit einem Brandbrief Alarm | |
geschlagen. | |
Geleaktes AfD-Gutachten in Brandenburg: Drei Tage Vorsprung für die AfD | |
Der Leak des Gutachtens zur Hochstufung der Brandenburger AfD kommt der | |
Partei gelegen. Im Kampf um die Deutungshoheit konnte sie den ersten Zug | |
machen. | |
Einstufung der Brandenburger AfD: Verfassungsschutz-Gutachten an rechtes Portal… | |
Der Verfassungsschutz stuft Brandenburgs AfD als gesichert rechtsextrem | |
ein. Das entsprechende Gutachten hat jetzt ein rechtes Online-Medium vorab | |
veröffentlicht. | |
Brandenburgs Ex-Innenministerin: Katrin Lange beklagt sich über den Intrigante… | |
Die über eine Verfassungsschutz-Affäre gestürzte Brandenburger | |
SPD-Ex-Innenministerin Lange rechnet öffentlich mit den eigenen | |
Genoss:innen ab. |