# taz.de -- Drogenkonsum in Berlin: Mies vercracktes Berlin | |
> Berlin erreichte 2024 einen Höchststand drogenbedingter Todesfälle. Die | |
> Inszenierung der Stadt als Drogenmetropole verschärft das Problem. | |
Bild: Ikkimel singt: „Keta und Krawall, meine Nase ist wund“ | |
Berlin taz | Sie will noch nicht ins Bett, hat doch gerade erst eine | |
„gefetzt“. Die Ganze Generation Z sei am Montag eh „mies vercrackt“. Das | |
singt die Berliner Rapperin Ikkimel in ihrem Song „Deutschland“, gemeinsam | |
mit dem Rapper Ski Aggu. In einem anderen Track rappt die Mitte-20-Jährige: | |
„Keta und Krawall, meine Nase ist wund.“ Die Sängerin Zsá Zsá singt von | |
„Xanax, high sein, Rauschgift illegal“, der Rapper Pashanim lässt uns | |
wissen: „Meine Freunde sind auf Lean wie Heroin.“ | |
Die Verherrlichung und Ästhetisierung von chemischen Drogen hat in der | |
Berliner Popkultur Hochkonjunktur. Wer nicht ballert, gehört nicht dazu. | |
[1][In der Feierszene sind Koks, Keta und andere Substanzen Teil der | |
Szene-Codes]: Das Kokstaxi wird schon beim Abendessen bestellt, auf | |
Dating-Apps inszenieren sich Menschen mit Nasendusche, sich | |
Pferdebetäubungsmittel (Ketamin) reinzuknallen, ist Kult. Du warst noch nie | |
im Berghain und hast dir drei Nächte lang die Nasenscheidewand aus’m Leib | |
geballert? Wie provinziell. | |
Die Kehrseite: Während die Zahl der drogenbedingten Todesfälle bundesweit | |
abnimmt, steigt sie in Berlin an. [2][Die Berliner Polizei verzeichnete mit | |
294 Opfern 2024 einen Höchststand] – zehn Prozent mehr als 2023. In diesen | |
Schritten wächst die Zahl seit Jahren. | |
Besonders makaber: dass selbst Unternehmen sich der Codes bedienen. Audi | |
wirbt am RAW-Gelände in Friedrichshain für sein E-Auto mit „Typisch Berlin: | |
Elektro und Speed“. Der Fahrdienst-Anbieter Clevershuttle wirbt mit Slogans | |
wie: „Wie Koks-Taxi. Nur ohne Koks“. Auch in Serien wie „4 Blocks“ oder | |
„Dogs of Berlin“ wird der exzessive Drogenkonsum als Teil des coolen | |
Stadtimages inszeniert – Produktionen, die vom Medienboard | |
Berlin-Brandenburg gefördert werden. | |
## Drogen und Techno eng verzahnt | |
Chemische Drogen gehören seit jeher zur Berliner Techno-Kultur. Dass sie in | |
der Popkultur besungen und stilisiert werden, ist nicht neu. Neu ist ihre | |
massenhafte Verbreitung, vor allem in den sozialen Medien. Auf Tiktok | |
erreicht die Drogenszene Millionen: Unter Hashtags wie #RaveTok stolpern | |
Berliner Raver mit riesigen Pupillen nach Tagen aus dem Berghain, | |
Jugendliche filmen Slow-Motion-Clips von weißen Lines auf Spiegeln, bunten | |
Pillen in der Handfläche und Rauchwolken, die mit Musik hinterlegt werden. | |
Untertitelt wird das Ganze mit Sprüchen wie: „Große Teller = kleinere | |
Probleme.“ | |
Unter den Videos tauschen sich Nutzer*innen über Dealerkontakte aus und | |
darüber, wie alt sie beim ersten Konsum waren: 15, 13, 11 Jahre alt – die | |
meisten minderjährig. Eine von ihnen schreibt: „War seit drei Jahren nicht | |
ein einziges Mal mehr in der Schule, bin ein Junkie geworden, kann nicht | |
mehr ohne Drogen und weiß, dass ich nicht älter als 20 werde.“ | |
Die Sorge ist nicht unberechtigt. Drogentote werden in der Hauptstadt immer | |
jünger. Im vergangenen Jahr starben 40 Personen unter 26 Jahren – | |
[3][darunter auch fünf Minderjährige.] | |
Ikkimel hat recht: Die Gen Z ist mies vercrackt. Aber ihre Tracks, mit | |
denen sie Millionen von Menschen erreicht, sind nicht unbedingt hilfreich. | |
15 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Nachtleben/!6081821 | |
[2] /Drogentote-in-Berlin/!6102404 | |
[3] /Drug-Checking-in-Berlin/!6031313 | |
## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
## TAGS | |
Drogensucht | |
Popkultur | |
Kokain | |
Berlin tokt | |
Reden wir darüber | |
Social-Auswahl | |
Berlin tokt | |
Drogenhilfe | |
Clubmusik | |
Drug-Checking | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Drogentote in Berlin: Gedenkfeier für Drogentote | |
Berlin verzeichnete 2024 einen Höchststand drogenbedingter Todesfälle. | |
Ihrer wurde am Montag gedacht und ein Kurswechsel in der Drogenpolitik | |
gefordert. | |
Nachtleben: Wie ich mein Verhältnis zu harten Drogen geändert habe | |
Unsere Autorin geht gern feiern in Clubs, illegale Drogen gehörten für sie | |
bislang dazu. Nun wird „Sober Nightlife“ für sie ein Thema. | |
Drug-Checking in Berlin: Berlins Drogen-TÜV | |
Die Bilanz nach einem Jahr Drug-Checking fällt positiv aus. Doch wo es | |
einen Ausbau bräuchte, bedrohen Sparpläne des Senats das Projekt. |