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# taz.de -- Zeugnis des Surrealismus: Ein Traum von einem Bild
> Das vorsurrealistische Gemälde „Rendezvous der Freunde“ von Max Ernst ist
> – auf Zeit – zurück in Hamburg.
Bild: Bebildert in der Hamburger Kunsthalle das Rendezvous von Surrealismus und…
Eigentlich geht es hier um mehrere Rendezvous einander freundschaftlich
Verbundener: Ungefähr das erste Viertel ihres Films von 1992 widmen Maria
Hemmleb und Christian Bau einer gewissen Frau Ey, manchmal auch „Mutter Ey“
genannt: Die [1][Düsseldorfer Kunstsammlerin und -händlerin Johanna Ey]
wurde nach dem Ersten Weltkrieg mit ihrer Galerie das Zentrum der
Avantgarde.
Und sie war dann in besonderer Weise getroffen von der
nationalsozialistischen Ausgemeindung ganzer Stile [2][als „entartete
Kunst“], von Berufsverbot und Kriegselend.
Über manches Geschäft hinaus freundschaftlich verbunden war Ey den damals
noch in Düsseldorf Medizin studierenden, späteren Hamburger Eheleuten Lydia
und Artur Bau; den Eltern des Filmemachers. So schickte sie 1941, nach den
ersten Luftangriffen auf Düsseldorf, eine Kiste mit Bildern darin nach
Hamburg.
Eine Verkaufsofferte, technisch gesehen: Unentschlossenen soll Ey gerne
empfohlen haben: „Schlafen Sie mal drunter“, also unter dem betreffenden
Stück Kunst an der eigenen, der heimischen Wand. Was natürlich erst recht
Sinn ergibt angesichts des surrealistischen Interesses an Traum und
Hypnose. Aber es war auch ein Versuch, da etwas in Sicherheit zu bringen
vor nun gleich zwei Gefahren, den säuberungswütigen Nazis und den Bomben
der Alliierten; und das, eben, bei Freunden.
## Auf den Knien von Dostojewski
Hier kommt das „Rendezvous“ selbst ins Spiel, also [3][Max Ernsts Gemälde
„Au Rendez-vous des amis“], entstanden 1922, noch vor dem Manifest, mit dem
André Breton 1924 der surrealistischen Bewegung einen Überbau – oder eine
Grundlage – verfasste. Ernst war im Herbst 1922 nach Paris gezogen, und das
bald darauf gemalte Bild zeigt ihn selbst, umgeben von 16 anderen:
Mitstreiter:innen aus Dada- und der späteren surrealistischen Bewegung.
Dazu kommen noch Fjodor Dostojewski, auf dessen Knien sitzend Ernst sich
selbst gemalt hat, und der Über-Renaissance-Mann Raffael. Zusammen mit
anderen Bildern verkaufte Ernst es an Johanna Ey, um sich vom Erlös einen
längeren Aufenthalt in Saigon, Indochina, leisten zu können.
Im Hause der Baus, zwei Jahre lang aber auch in einem Bunker der
nationalsozialistischen Muster-Zigarettenfirma Reemtsma, überstand das
„Rendezvous“ den Krieg. Tatsächlich erworben haben es die Baus erst 1949,
da war Ey ungefähr seit zwei Jahren tot, und ihre Erben machten Druck. 1971
kaufte es das Wallraff-Richartz-Museum in Köln, heute gehört das Bild zu
den Beständen des dortigen Museums Ludwig.
Das Meta-Rendezvous trug sich 1964 zu: Max Ernst kam nach Hamburg, wo ihm
der Senat den Lichtwark-Preis verlieh, eine Auszeichnung von „Künstlerinnen
und Künstlern, deren Werke der Bildenden Kunst in unserer Zeit neue Aspekte
hinzugefügt haben“ und die „durch ihr Wirken oder ihre herausragenden
Leistungen eine besondere Beziehung zu Hamburg begründet haben“.
## Aufgelockert mit der Lieblings-Jazzplatte
Er besuchte auch die Baus – und traf das „Rendezvous“ wieder, das dort ja
noch im Wohnzimmer hing. Damals machte der junge Christian Bau Fotos und
suchte die offenbar etwas zähe Abendgesellschaft mit seiner
Lieblings-Jazzplatte aufzulockern.
Derzeit ist das Bild noch mal zu Besuch in Hamburg, als Teil der üppigen
[4][Kunsthallen-Ausstellung zum Rendezvous von Surrealismus und Deutscher
Romantik]. Lydia und Artur Bau können nicht mehr selbst gucken kommen: Kurz
vor ihrem Tod gaben sie ihrem Filme machenden Sohn die Antworten, die sie
etwa 1971 den fragenden Journalist:innen verweigert hatten.
Er erfuhr, was die Eltern mal gezahlt hatten für das Bild, kurz nach dem
Krieg. Und was sie Jahrzehnte später dafür bekamen: Es reichte für den Bau
eines sehr anständigen, Sammler:innen solcher Kunst angemessenen,
modernen Hauses.
23 Aug 2025
## LINKS
[1] /unterm-strich/!240131/
[2] /Politologe-ueber-entartete-Kunst/!6098236
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Rendezvous_der_Freunde
[4] https://www.hamburger-kunsthalle.de/de/ausstellungen/rendezvous-der-traeume
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Bildende Kunst
Gemälde
Surrealismus
Hamburger Kunsthalle
Film
Ausstellung
Diskussion
Kino
Kunst
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