# taz.de -- Afghan*innen mit Aufnahmezusage: Abgeschoben in die Hände der Tali… | |
> Mehr als 200 Personen mit deutscher Aufnahmezusage wurden von Pakistan | |
> nach Afghanistan zurückgezwungen. Deutsche Ministerien sind | |
> mitverantwortlich. | |
Bild: Warten auf Ausreise: afghanische Geflüchtete in einem Park in Islamabad,… | |
Berlin taz | Mindestens 211 Afghan*innen, denen Deutschland die Rettung | |
zugesichert hatte, sind nun erneut den Taliban ausgeliefert. Die Menschen | |
wurden in den letzten Tagen [1][aus Pakistan abgeschoben], wo sie auf die | |
Evakuierung nach Deutschland gewartet hatten. | |
Nach Intervention der Bundesregierung sind die Abschiebungen zwar vorerst | |
gestoppt und weitere 200 bedrohte Afghan*innen aus der Abschiebehaft | |
frei gekommen. Doch kann das nicht verschleiern, dass erst Deutschland die | |
Betroffenen überhaupt in diese dramatische Lage gebracht hat. | |
Hintergrund ist, dass die schwarz-rote Bundesregierung [2][versucht,] alle | |
Aufnahmeprogramme für Afghan*innen abzuwickeln. Neue Aufnahmezusagen | |
gibt es schon lange nicht mehr, in Pakistan sitzen aber noch rund 2.000 | |
Personen fest, die solche Zusagen teils schon vor Jahren bekamen. Die | |
meisten von ihnen sind Menschenrechtler*innen, Aktivist*innen oder | |
andere besonders durch [3][die Taliban] gefährdete Personen. Auch ehemalige | |
lokale Ortskräfte der Bundeswehr sowie ihre Familien sind darunter. | |
Das Bundesinnenministerium unter Alexander Dobrindt (CSU) und das | |
Auswärtige Amt unter Joachim Wadephul (CDU) blockieren bislang die | |
Evakuierung dieser Personen, unter anderem mit Verweis auf fadenscheinige | |
Sicherheitsbedenken. Unionspolitiker*innen sprachen immer wieder | |
offen aus, dass die Afghan*innen nicht mehr eingeflogen werden sollten | |
und stellten dies in Zusammenhang mit der groß angekündigten „Asylwende“. | |
Insgesamt 20 Entscheide des Verwaltungsgerichts Berlin, wonach die | |
Aufnahmezusagen bindend seien, änderten bislang nichts an der Blockade | |
durch die unionsgeführten Ministerien. Sie legten in vielen Fällen | |
Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin ein. Auch unter den in den | |
letzten Tagen Abgeschobenen waren Personen, deren Aufnahmezusage vom | |
Verwaltungsgericht als rechtlich verbindlich eingestuft wurde. | |
## Deutsche Heuchelei | |
Dass Pakistan die Afghan*innen nicht ewig dulden würde, war absehbar. In | |
den letzten Monaten hatte es bereits Abschiebeversuche gegeben, die aber | |
von deutschen Stellen in letzter Sekunde verhindert werden konnten. Seit | |
Mitte vergangener Woche zogen die pakistanischen Behörden dann aber durch. | |
Dabei soll es laut der Organisation Kabul Luftbrücke auch zu Gewalt gegen | |
Frauen und Kinder gekommen sein. | |
Nur massiver deutscher Druck konnte die Abschiebungen am Montag vorerst | |
beenden. Nach taz-Informationen haben die pakistanischen Stellen jetzt | |
zugesagt, vor September keine weiteren derartigen Versuche zu unternehmen. | |
Was genau die Bundesregierung innerhalb dieser Frist unternehmen will, ob | |
nun etwa doch an Evakuierungen gearbeitet wird, ist unklar. Das | |
Bundesinnenministerium ließ eine Anfrage der taz dazu am Dienstag | |
unbeantwortet. | |
Tatsächlich spricht einiges dafür, dass das Ministerium weiter versucht, | |
möglichst viele der Aufnahmezusagen zurückzunehmen. Zuletzt wurden die | |
Fristen, in denen Betroffene gegen einen solchen Widerruf Einspruch | |
einlegen können, von vier auf zwei Wochen verkürzt. | |
Für die Afghan*innen hat die Abschiebung in ihr Herkunftsland | |
katastrophale Folgen. Weil die deutschen Stellen in Islamabad ihre Pässe | |
einbehalten haben und sie teils ohne Gepäck in Afghanistan gestrandet sind, | |
dürften sie für die Taliban leicht zu identifizieren sein. Den Betroffenen | |
drohen Folter und Hinrichtung. | |
Die Menschenrechtsorganisationen Pro Asyl und das Patenschaftsnetzwerk | |
Ortskräfte stellten deshalb am letzten Freitag Anzeige gegen Dobrindt und | |
Wadephul. Die Anwält*innen der Menschenrechtsorganisationen werfen den | |
beiden Ministern den Straftatbestand der Aussetzung und den der | |
unterlassenen Hilfeleistung vor. | |
19 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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