# taz.de -- Abschiebungen nach Afghanistan: An der Grenze der Rechtsstaatlichke… | |
> Die Bundesregierung lässt Afghan*innen abschieben, denen Deutschland | |
> eigentlich die Einreise versprach. Das ist kein Versehen, sondern | |
> Programm. | |
Bild: Ein Wachmann vor dem Haji-Abschiebezentrum in Islamabad, Pakistan, am 20.… | |
Langsam stellt sich die Frage, wie tief die deutsche Politik gegenüber | |
Menschen aus Afghanistan noch sinken kann. Pünktlich zum vierten Jahrestag | |
der Machtübernahme der Taliban in Kabul muss sich die Bundesregierung dafür | |
verantworten, dass Aktivist*innen aus der afghanischen Zivilgesellschaft | |
in die Hände der radikalen Islamisten abgeschoben werden. Es geht um | |
Menschenrechtsaktivist*innen, um Frauen und um Homosexuelle, die der | |
Westen während des 20-jährigen Nato-Einsatzes in Afghanistan in ihrem | |
Engagement bestärkt hatte. | |
Noch mal zur Erinnerung: Der längste, blutigste und teuerste Einsatz in der | |
Geschichte von Nato und Bundeswehr endete vor vier Jahren damit, dass in | |
Afghanistan die Taliban das wenige, das der Westen dort erreichte – dazu | |
gehörte der Zugang zu Bildung für Mädchen und junge Frauen –, | |
zurückdrehten. | |
[1][Nichts steht so sinnbildlich für die gescheiterte Mission wie das | |
Chaos] am Kabuler Flughafen, als etwa die Bundeswehr in einer dramatischen | |
Evakuierungsaktion nur diejenigen aus dem Land ausflog, die es irgendwie | |
rechtzeitig an die Landebahn geschafft hatten. Angesichts der Bilder von | |
Menschen, die sich auf der Flucht vor den Taliban an die Tragflächen | |
startender Flugzeuge hängten, gab die Bundesregierung ein Versprechen ab: | |
Menschen in Afghanistan, die sich in ihrem Einsatz für Menschenrechte und | |
Demokratie besonders profiliert hatten und so zu einer Zielscheibe der | |
Taliban wurden, sollten nach Deutschland einreisen können. | |
Doch beim „Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan“ ging es seit seiner | |
Schaffung im April 2022 so bürokratisch voran, wie es der Name vermuten | |
lässt. Während der ersten Monate schaffte es kein einziger Mensch über das | |
Programm zu einer Einreise nach Deutschland; später ging es so schleppend | |
voran, dass am Ende Schätzungen zufolge eine mickrige Zahl von etwa 1.300 | |
Aufnahmen steht. Der Anspruch der Ampelregierung, die das Programm ins | |
Leben gerufen hatte, lag wohlgemerkt bei etwa 1.000 Einreisen – pro Monat. | |
[2][Nun wurden Dutzende Menschen aus dem Programm trotz einer | |
Aufnahmezusage aus Deutschland von ihrem Transitort in Pakistan nach | |
Afghanistan abgeschoben.] Aus deutscher Sicht ist das kein Versehen: | |
CSU-Innenminister Alexander Dobrindt und seine Leute aus der Union konnten | |
das Aufnahmeprogramm nicht früh genug abwickeln. Es war kein Geheimnis, | |
dass die Regierung auch bestehende Aufnahmezusagen am liebsten gar nicht | |
umsetzen wollte. | |
Dass sich die Regierung damit in ihrer Migrationspolitik mal wieder an der | |
Grenze der Rechtsstaatlichkeit bewegt, hält sie offensichtlich für | |
verschmerzbar. [3][Ein Gericht in Berlin hatte unlängst geurteilt, dass die | |
Aufnahmezusagen rechtsverbindlich sind.] | |
So macht die Bundesregierung erneut das, was in Bezug auf Afghanistan eine | |
deutsche Tradition zu sein scheint: die Augen verschließen und die Dinge so | |
lange verschleppen, bis es zu spät ist. | |
16 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
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