# taz.de -- Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan: NGOs verteilen keine Visa an Me… | |
> Oft heißt es, Nichtregierungsorganisationen würden entscheiden, welche | |
> Afghan:innen nach Deutschland kommen dürfen. Das ist falsch, sagt | |
> Martin Sökefeld. | |
Bild: Flughafen Halle/Leipzig, April 2025: Ehemalige Ortskräfte aus Afghanista… | |
Vonseiten der Union und der Springer-Presse heißt es immer wieder, | |
[1][Nichtregierungsorganisationen (NGO) hätten Afghan*innen für das | |
Bundesaufnahmeprogramm (BAP) ausgewählt]. Das klingt fast so, als hätten | |
NGOs freigiebig Visa für Deutschland verteilt. Gerade sagte Thorsten Frei, | |
designierter Kanzleramtsminister, im Interview mit dem Spiegel: „Wir halten | |
nichts davon, dass Menschen, die überhaupt keinen Bezug zu Deutschland | |
haben, von Nichtregierungsorganisationen für eine Einreise ausgewählt | |
werden.“ | |
Man muss es immer wieder klarstellen: NGOs waren nur die erste | |
Anlaufstelle, wo sich gefährdete Menschen aus Afghanistan, die nach der | |
Machtübernahme der Taliban dringend das Land verlassen mussten, melden | |
konnten. NGOs, die sogenannten „meldeberechtigten Stellen“, prüften deren | |
Gefährdung auf Plausibilität und stellten Dossiers zusammen, die dann an | |
die vom Bundesinnenministerium (BMI) eingerichtete BAP-Koordinierungsstelle | |
weitergegeben wurden. Die eigentliche Auswahl und erst recht die | |
Visa-Verfahren führten Behörden durch. | |
Mit neoliberalem Vokabular könnte man das als Public-Private-Partnership | |
(PPP) bezeichnen. Tatsächlich hat das BMI Aufgaben outgesourct und spart | |
sich die mühevolle Detailarbeit mit den gefährdeten Afghan*innen. Die | |
Union ist ja PPP-Fan, beispielsweise beim Autobahnbau, selbst wenn die | |
Kosten regelmäßig explodieren. | |
Und hier liegt der entscheidende Unterschied zum BAP: Die NGOs haben die | |
Arbeit für das BMI kostenlos getan. Dafür, dass sie Gefährdungslagen und | |
Biografien überprüften, Unterlagen zusammenstellten, die „Fälle“ in | |
tagelanger Kleinarbeit aufbereiteten, bekamen sie von der Regierung keinen | |
einzigen Cent. Finanziert wurde das aus Eigenmitteln der Organisationen, | |
letztlich aus Spenden. Durch die NGO-Arbeit hat die Bundesregierung also | |
jede Menge Geld gespart. Das sollte anerkannt werden. | |
Übrigens haben die meldeberechtigten Stellen auch viele [2][Afghan*innen | |
abgewiesen], deren Gefährdungslage nicht eindeutig genug belegt werden | |
konnte. | |
5 May 2025 | |
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[1] /Aufnahmeprogramm-Afghanistan/!6085532 | |
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## AUTOREN | |
Martin Sökefeld | |
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