# taz.de -- Nach ihrer Kritik an Richterkandidatin: Wer bei anderen in der Diss… | |
> Die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig verbreitete Plagiatsvorwürfe gegen | |
> Brosius-Gersdorf. Nun wird ihr selbst „wissenschaftliches Fehlverhalten“ | |
> vorgeworfen. | |
Bild: Die Universität Potsdam sieht einen „hinreichenden Anfangsverdacht auf… | |
Berlin taz | Es begann als AfD-Kampagne gegen das drohende Verbot, mündete | |
schnell in antifeministischen Kulturkampf bis weit in die CDU gegen | |
Abtreibungen und zog das Bundesverfassungsgericht in erhebliche | |
Mitleidenschaft: [1][Die Hetzkampagne] gegen die von der SPD vorgeschlagene | |
Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, die Juristin Frauke | |
Brosius-Gersdorf, hat erhebliche Schäden hinterlassen und ist noch nicht | |
ausgestanden. | |
Eine der Haupttreiberinnen der Kampagne in der CDU ist die brandenburgische | |
Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig. Sie flirtet nicht nur gern und häufig | |
mit der AfD, sondern hatte auch in letzter Minute vor der verschobenen Wahl | |
recht dünne Plagiatsvorwürfe gegen die Rechtsprofessorin Brosius-Gersdorf | |
breitgetreten. Sie war eine derjenigen, die dafür sorgte, dass die | |
eigentlich schon in der Koalition vereinbarte Richterwahl in letzter Minute | |
verschoben wurde. | |
Ironie des Schicksals: Nun gibt es gegen CDU-Rechtsauslegerin Saskia Ludwig | |
selbst Plagiatsvorwürfe. Die Universität Potsdam sieht einen „hinreichenden | |
Anfangsverdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten“ bei ihrer | |
Doktorarbeit, etwa für „nicht korrektes Zitieren“. Das bestätigte eine | |
Sprecherin der Uni auch der taz. Ein mehrstufiges Prüfverfahren sei | |
eingeleitet. Ludwig werde auch die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. | |
„Sollte sich der Verdacht in der ersten Stufe des Verfahrens (Vorprüfung) | |
erhärten, wird das Verfahren an die zuständige Kommission zur Untersuchung | |
wissenschaftlichen Fehlverhaltens (WFK) übergeben“, heißt es. Die | |
Überprüfung werde wohl einige Monate in Anspruch nehmen. | |
Der Plagiatsexperte Jochen Zenthöfer hatte bei der Prüfung von Ludwigs | |
Doktorarbeit zahlreiche Textübernahmen festgestellt, die nicht | |
gekennzeichnet waren. Die Rede war von 86 nicht gekennzeichneten Stellen | |
allein auf den ersten 113 Seiten. Zuerst hatte die FAZ darüber berichtet, | |
der Plagiatsjäger hatte die Arbeit auf eigene Initiative hin überprüft. | |
## AfD-U-Boot in der CDU-Fraktion | |
Die Arbeit von 2007 mit dem Titel „Die Aufgabenauslagerung in | |
Landesbetriebe im Bundesland Brandenburg und anderen ausgewählten | |
Bundesländern“ hat insgesamt 460 Seiten. Ludwig hatte die Presseanfrage der | |
FAZ zu ihrer Doktorarbeit vor Veröffentlichung des Artikels auf X gepostet | |
– maximal konfrontativ und mit der Aufforderung an ihre Followerschaft, | |
sich an die Zeitung zu wenden. Jeder könne sich selbst ein Bild [2][von | |
ihrer Dissertation] machen, schrieb Ludwig und verlinkte ihre Arbeit. Nun – | |
das hat die Uni Potsdam jetzt auch getan, allerdings nicht zum Vorteil von | |
Ludwig. | |
Die Plagiatsvorwürfe gegen die ebenfalls an der Uni Potsdam beschäftigte | |
Juristin Brosius-Gersdorf hatten sich unterdessen weitgehend zerstäubt: Ein | |
Kurzgutachten entlastete die Kandidatin fürs Verfassungsgericht von | |
Vorwürfen. Die Uni Hamburg [3][prüft die Vorwürfe derzeit dennoch], was | |
laut Sprecher Alexander Lemonakis aber „noch nichts über die Qualität, | |
Plausibilität, Bedeutung oder Richtigkeit dieser Hinweise“ aussage. Laut | |
Uni Potsdam haben die Prüfungen keine Auswirkungen auf das | |
Beschäftigungsverhältnis von Brosius-Gersdorf. Gegen die | |
Rechtswissenschaftlerin hatte der eher halbseidene Plagiatsjäger Stefan | |
Weber mobil gemacht, der sich auch mal [4][vom rechtsradikalen | |
Populismusportal Nius bezahlen lässt für Vorwürfe], die bei genauerem | |
Hinsehen nicht haltbar sind. | |
Saskia Ludwig ätzt trotz allem unverdrossen weiter gegen Brosius-Gersdorf | |
und forderte sogar die Abberufung der Rechtsprofessorin von ihrem Lehrstuhl | |
– ebenfalls in Potsdam. Zu den Plagiatsvorwürfen gegen ihre eigene | |
Dissertation sagte sie auf taz-Anfrage bislang nichts. | |
Ludwig gilt schon seit Jahren als CDU-Rechtsaußen. Schon im Jahr 2011 gab | |
sie der rechtsradikalen Zeitungen wie der Jungen Freiheit und der | |
Preußischen Allgemeinen Zeitung Interviews und schickte 2012 ein Grußwort | |
an das mittlerweile als rechtsextrem eingestufte und umbenannte „Institut | |
für Staatspolitik“ des rechtsextremen Ideologen Götz Kubitschek. Die Nähe | |
zu Rechtsaußenkreisen hörte auch trotz der Radikalisierung der AfD nicht | |
auf – so gab sie 2017 mit Alexander Gauland wiederum der Jungen Freiheit | |
ein Doppelinterview. Zuletzt im Januar sprach sich Ludwig sogar für eine | |
Koalition zwischen CDU und AfD aus – obwohl diese längst | |
völkisch-nationalistisch dominiert ist und niemand in der extrem rechten | |
Partei noch offen Leuten wie Björn Höcke widerspricht. | |
## Innerhalb der CDU weitgehend isoliert | |
Innerhalb der CDU-Fraktion gilt sie als weitgehend isoliert. Auf der | |
mittlerweile nach rechts gekippten Plattform X genießt sie allerdings | |
Reichweite – auch über die eigenen Parteigrenzen hinaus. | |
Die aus der AfD ausgetretene Ex-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar hatte auf | |
X während der Hetzkampagne gegen Brosius-Gersdorf die CDU-Abgeordnete | |
Ludwig direkt angeschrieben: „Bitte verhindern Sie das“, forderte Cotar. | |
Ludwig antwortete nach Absetzung der Wahl, direkt darunter: „Erledigt.“ Gut | |
möglich, dass sich im Zuge der Affäre erstmal ihr eigener Doktortitel | |
erledigt hat. | |
Um die Wahl von Brosius-Gersdorf wird unterdessen noch in der Koalition | |
gerungen – die SPD hält an ihrem zunächst auch von der Union mitgetragenen | |
Vorschlag fest. In der CDU ist man diesbezüglich gespalten. Über die | |
Richterwahl soll nach der parlamentarischen Sommerpause entschieden werden. | |
31 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-Hetze-gegen-Brosius-Gersdorf/!6097369 | |
[2] https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/deliver/index/docId/17… | |
[3] /Wahl-zur-Verfassungsrichterin/!6099574 | |
[4] https://www.tagesschau.de/inland/foederl-schmid-plagiate-100.html | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
## TAGS | |
Saskia Ludwig | |
CDU/CSU | |
Plagiat | |
Brandenburg | |
GNS | |
Reden wir darüber | |
Frauke Brosius-Gersdorf | |
Richter:innenwahl | |
Brandmauer | |
Alice Weidel | |
CDU/CSU | |
Hamburg | |
Bundesverfassungsgericht | |
Richter:innenwahl | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach Kampagne gegen Brosius-Gersdorf: SPD mahnt Union zur Verlässlichkeit | |
Die Juristin Brosius-Gersdorf war von der SPD als Verfassungsrichterin | |
nominiert – und hat zurückgezogen. In der Koalition herrscht jetzt | |
Misstrauen. | |
Rückzug von Brosius-Gersdorf: Es ist die Stunde der Antifeministen | |
Der Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf ist ein Sieg der rechten Hetzer – | |
der nur durch die Unterstützung von CDU und CSU möglich war. | |
Nach Treffen mit Alice Weidel: Unionsfraktion auf Distanz zu Abgeordneter Saski… | |
Die CDU-Abgeordnete Saskia Ludwig traf bei einer rechten Denkfabrik in | |
Ungarn auf AfD-Chefin Weidel. Nun reagiert die Unionsfraktion. | |
CDU-Politikerin Saskia Ludwig: Diskutieren bei einer Gruselshow in Ungarn | |
CDU-Abgeordnete Ludwig zeigte sich auf einem Podium offen für eine | |
Zusammenarbeit mit der AfD. Alice Weidel dürfte das freuen – sie saß im | |
Publikum. | |
Streit um Verfassungsrichterwahl: Dietmar Woidke will neue Richterkandidat*innen | |
Nach dem Zoff um die Verfassungsrichterwahl will Brandenburgs | |
Regierungschef drei neue Kandidat*innen – und widerspricht damit der | |
Bundes-SPD. | |
Wahl zur Verfassungsrichterin: Uni prüft Plagiatsvorwürfe | |
Die Uni Hamburg untersucht die Dissertation von Frauke Brosius-Gersdorf. | |
Dabei scheinen die Vorwürfe ausgeräumt. Warum wird die Uni trotzdem tätig? | |
Streit um Verfassungsgerichtsbesetzung: Rechtsaußen nehmen Ann-Katrin Kaufhold… | |
Nun beginnt auch gegen die zweite SPD-Kandidatin fürs | |
Bundesverfassungsgericht eine Kampagne. Die Vorwürfe gegen Kaufhold sind | |
ebenfalls hanebüchen. | |
Richter:innenwahl: Vereint im Kampf gegen Brosius-Gersdorf | |
Die konzertierte Kampagne gegen die Juristin erinnert stark an einen Fall | |
in den USA und zeigt: Die Neue Rechte folgt synchronisierten Strategien. |