# taz.de -- Meteorologe über den verregneten Juli: „Kein Trend zu nasseren S… | |
> Der Juli war im Nordosten nass, während das Frühjahr sehr trocken war. | |
> Warum das nur begrenzt mit dem Klimawandel zu tun hat, erklärt Andreas | |
> Brömser. | |
Bild: Mehr Regen als gewöhnlich fiel in den vergangenen Wochen in einigen Regi… | |
taz: Herr Brömser, im Juni noch hatten wir eine sehr frühe, sehr heftige | |
Hitzewelle. Der Juli fühlte sich sehr regnerisch und nass an. Was war da | |
los? | |
Andreas Brömser: Die Großwetterlage hat sich verändert. Wir hatten im Juni | |
häufig hochdruckdominierte Wetterlagen, die so positioniert waren, dass wir | |
heiße Luft aus Süden bis Südwesten bekommen haben. Das hat sich jetzt | |
deutlich geändert. Im Moment haben wir eher eine westliche Wetterlage, wo | |
aus Westen bis Nordwesten vom Atlantik deutlich kühlere Luftmassen | |
heranfließen. | |
taz: Stimmt denn der Eindruck, dass es ein sehr nasser Juli war? | |
Brömser: Im Nordosten Deutschlands, also von Schleswig-Holstein über | |
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg bis ins östliche Sachsen hinein, da gab | |
es zwei heftige und auch wirklich großflächige Niederschlagsereignisse, um | |
den 12. Juli herum und dann noch mal um den 22. Juli herum. Gerade im Raum | |
Berlin-Brandenburg haben wir teils mehr als das Dreifache des üblichen | |
Niederschlags im Juli gemessen. In großen Teilen von Deutschland sieht es | |
allerdings anders aus. Es gibt einige Regionen, wo wir noch deutlich unter | |
dem üblichen Mittel für den Juli liegen. | |
taz: Dass die Hitzewelle durch den Klimawandel wahrscheinlicher und | |
heftiger wurde, [1][haben Forscher*innen der World Weather Attribution | |
schon gezeigt]. Hatte die Erderhitzung auch Einfluss auf diesen regional | |
nasseren Juli? | |
Brömser: Das kann man dem Klimawandel nicht eindeutig zuschreiben. Was wir | |
jetzt erleben, das ist letztendlich das Wetter. Auch diese einzelne | |
Hitzewelle Ende Juni hat der Klimawandel nicht alleine ausgelöst. Aber die | |
Mitteltemperaturen in Deutschland sind in den letzten Jahrzehnten um 1 bis | |
2 Grad angestiegen. Und das heißt, hätten wir die gleiche Wetterlage vor | |
30, 40 Jahren gehabt, wäre es um diese zwei Grad in etwa kühler gewesen. | |
taz: Was ist mit dem Niederschlag? | |
Brömser: Durch die steigenden Temperaturen haben wir mehr Energie in der | |
Atmosphäre, deswegen bildet sich Niederschlag schneller und intensiver, | |
Wasser verdunstet mit einer höheren Rate. Es bilden sich schneller Wolken, | |
Schauer und Gewitter. Und das heißt, dass es tendenziell stärker regnet. | |
Auch bei großflächigen Niederschlagsereignissen, wie wir sie jetzt zweimal | |
im Nordosten hatten, ist es so: Dort kam die Feuchtigkeit in der Luft | |
häufig aus dem Mittelmeerraum. In unserer mittlerweile wärmeren Welt ist | |
auch die Oberflächentemperatur vom Mittelmeer höher. Das heißt, man hat | |
dort mehr Verdunstung und damit mehr Feuchtigkeit in der Atmosphäre, und | |
damit tendenziell auch heftigere Niederschläge. | |
taz: Auch den Sommer 2024 empfanden viele als verregnet, zumindest im | |
Nordosten ist der Juli dieses Jahr wieder so. Können wir erwarten, dass | |
sich das fortsetzt dank Klimawandel? | |
Brömser: Es ist jetzt zwei Jahre in Folge zufällig relativ nass. Diese | |
Schwankungen von Jahr zu Jahr zwischen trockeneren und nasseren | |
Jahreszeiten werden wir auch in Zukunft haben. Nur eben mit höheren | |
Temperaturen und mehr starken Niederschlägen, aber auch längeren | |
Trockenphasen. Aber es gibt im Moment keinen Trend hin zu nasseren Sommern. | |
taz: Das [2][Frühjahr war extrem trocken], von Februar bis April so trocken | |
wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Ist durch den Regen im | |
Nordosten dort wieder alles gut? | |
Brömser: Vom Norden über den Nordosten bis in den Osten hinein ist die | |
Bodenfeuchte in den oberen 60 Zentimetern mittlerweile weit | |
überdurchschnittlich. Hier sind die Bodenwasservorräte wieder so groß, dass | |
die Pflanzen sich auch bei trockener Witterung für den Rest des Sommers | |
relativ gut versorgen können. In den anderen Regionen von Deutschland sieht | |
es mit dem Wasser deutlich knapper aus. Da ist es nach wie vor so, dass | |
trotz der etwas verbesserten Situation die Pflanzen von der Hand in den | |
Mund leben. Wenn wir in den nächsten Wochen wieder trocken-warme Witterung | |
bekämen, würde es bei den Pflanzen schnell wieder zu Trockenstress kommen. | |
taz: Was bedeutet das für die Landwirtschaft? | |
Brömser: Das kommt sehr auf die Kulturen an. Für die Getreideernte, die | |
seit Juni läuft und noch bis in den August reicht, sind diese nassen | |
Perioden eher ungünstig, weil dann nicht geerntet werden kann. | |
taz: Warum? | |
Brömser: Dann sind die Böden oberflächlich so stark durchfeuchtet, dass man | |
mit den schweren Maschinen schädliche Verdichtungen im Boden verursachen | |
würde, die bei nachfolgendem Pflanzenwachstum zu Problemen führen. Und das | |
Getreide würde dann sehr nass eingeholt werden und lässt sich nur mit hohem | |
Kostenaufwand trocknen. Nach der Ernte würde dann in den Lagern erhöhte | |
Gefahr bestehen, dass sich Schimmelpilze ausbreiten und das Getreide | |
weniger haltbar ist. | |
taz: Ist das aktuell ein großes Problem? | |
Brömser: Die Landwirte sind auf ein, zwei trockene Tage angewiesen, aber | |
die hat es zwischendurch bis jetzt immer mal wieder gegeben. Von daher sind | |
diese nassen Perioden für die Landwirtschaft [3][zwar etwas lästig], aber | |
es wird nach und nach gelingen, einen großen Teil des Getreides mit relativ | |
guter Qualität einzuholen. Auf der positiven Seite kommt dieses | |
Niederschlagswasser den Kulturen zugute, die noch lange auf den Feldern | |
stehen. Das sind vor allem der Mais und die Zuckerrüben. | |
taz: Und [4][wie geht es den Wäldern und Forsten]? | |
Brömser: Da sieht es ein bisschen anders aus, die Baumwurzeln reichen in | |
deutlich tiefere Schichten. Die Wälder profitieren zum Teil noch von der | |
sehr regenreichen Periode von Mitte 2023 bis Ende 2024. In diesem Zeitraum | |
wurden die Böden nahezu deutschlandweit wieder bis in die Tiefe aufgefüllt, | |
nachdem vorher diese Trockenjahre 2018 bis 2020 und dann noch mal 2022 | |
nachgewirkt haben. Die Trockenheit, die wir im Frühling hatten, hat vor | |
allem jungen Bäumen oder Neupflanzungen zu schaffen gemacht, die man in die | |
obere Bodenschicht hineinsetzen musste. Aber in tieferen Bodenschichten war | |
in den meisten Regionen für die Bäume einigermaßen genug Wasser vorhanden. | |
30 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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