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# taz.de -- Alle Jahre wieder die Perseiden: Das Universum ist für alle da
> Raus aus dem Elfenbeinturm mit der Astronomie, rein ins kostenlose
> Vergnügen: Sternschnuppen gucken in der Berliner Archenhold-Sternwarte.
Bild: Großer Andrang: Besucher warten auf Einlass in die Berliner Archenhold-S…
Dass es eine Zeitlang einen Einlassstopp geben musste und sich vor dem
Eingang eine Schlange bilden würde, wie vor Berlins berühmtem Club, [1][dem
Berghain]? Nein, damit hätte er nicht gerechnet, sagt ein Mitarbeiter der
[2][Archenhold-Sternwarte]. Aber vielleicht wäre ein solcher Andrang doch
zu erwarten gewesen, da im Treptower Park. Schließlich wird bereits seit
Anfang August medial ziemlich ausführlich und anhaltend berichtet über das
anstehende kosmische Ereignis.
Aber nicht im Wissenschaftsteil, adressiert an ein paar Fachleute. Sondern
im „Vermischten“, neben Julia Klöckner und Jörg Pilawa, und eher so: Die
Perseiden kommen und es regnet Sternschnuppen. Dazu gab es Tipps, wie sich
der Meteorschauer, der in der Nacht zum 13. August seinen Höhepunkt
erreichte, am besten beobachten lässt: Sich irgendwohin ins Grüne begeben,
wo es möglichst dunkel ist und dann gucken, suchen und bei erfolgter
Sternschnuppensichtung sich etwas wünschen.
Die Perseiden tauchen bereits seit Menschengedenken und weit darüber hinaus
in der ersten Augusthälfte am Nachthimmel als kurz aufflackernde Lichter
auf. Jetzt sind sie endgültig nicht mehr nur ein Fall für schrullige
Astronomen, sondern ein Event für die Allgemeinheit – ein kostenloses,
ziemlich inklusives noch dazu.
Und es hat Entwicklungspotenzial, das wurde bei der „Sternschnuppennacht“
in der Archenhold-Sternwarte schnell klar. Schon im nächsten Jahr dürften
sich noch mehr Menschen im August auf Sternensuche begeben. Diesmal saßen
gegen Mitternacht immer noch zig Leute vor der Sternwarte, auf ihren
Decken, im Grünen und Dunkeln. Es wurde viel gelacht, manchmal nach oben
geblickt, dann aber auch eine lange Zeit wieder nicht.
## Hier blickten alle voll der Hoffnung nach oben
Die Menschenansammlung wirkte wie ein perfekt friedvolles Happening. Der
kleine Mensch im endlosen Kosmos und alles andere – Trump, Gaza, Geldnot –
war plötzlich unwichtig unterm endlosen Sternenhimmel. Ein Event, das eine
solche Stimmung zu erzeugen vermag, eine magische Nacht gratis, muss
einfach ein noch größerer Renner werden.
Das Image des Weltalls hat in den letzten Jahrzehnten ziemlich gelitten. In
Filmen und Science-Fiction-Geschichten kam mehr Schlechtes und Böses von
dort zu uns als Gutes. Und dann wäre da noch Mars-Fan Elon Musk als
oberster Sternenritter, der einem so unheimlich ist wie Darth Vader. Hier
im Park aber blickten alle voll der Hoffnung nach oben, sich mit dem Kosmos
wieder versöhnen zu können.
In der Sternwarte selbst war die Atmosphäre wiederum ein wenig anders. Auch
hier saßen zwar viele einfach nur herum und reckten hin und wieder die
Hälse. Aber vor den aufgestellten Teleskopen bildeten sich lange Schlangen,
viele wollten also doch genauer wissen, was da am Himmelsfirmament abgeht,
und das nicht nur in Sachen Meteoren. Eine Mitarbeiterin der Sternwarte
meinte, gerade habe sie ein großes Teleskop auf den Saturn eingestellt und
jetzt sei der für viele doch interessanter als die ewigen Sternschnuppen.
Überall wurde Spanisch oder Englisch gesprochen, auffallend viele Frauen
mit Kopftüchern waren unterwegs und sehr viele Personen, die man als Inder
oder Pakistaner identifizieren würde. An diese Menschen richten sich viele
kulturelle und wissenschaftliche Institutionen nicht nur in Berlin, sie zu
erreichen, gelingt vielen von ihnen aber immer noch viel zu wenig. Die
Sterne jedoch scheinen hohes Potential zu haben, die Leute wirklich
zusammenbringen zu können. Jede Kultur, jede Religion, jeder Mensch hat
schließlich irgendeinen Bezug dazu.
Raus aus dem Elfenbeinturm mit der Astronomie, so das Credo von Tim Florian
Horn, Direktor der [3][Berliner Planetarien] und „Star-Wars“-Fan, der in
dieser Hinsicht einen exzellenten Job macht: Das zeigt sich auch in der
niedrigschwelligen Ansprache und dem breitenwirksamen Programm der Berliner
Planetarien insgesamt. Das Universum ist schließlich für alle da.
17 Aug 2025
## LINKS
[1] /Berghain/!t5013364
[2] https://www.planetarium.berlin/archenhold-sternwarte
[3] https://www.planetarium.berlin
## AUTOREN
Andreas Hartmann
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