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# taz.de -- Ferienfeeling in Frankreich: Zwischen deutschen Nummernschildern
> Das Rauschen des französischen Atlantiks in allen Ehren. Aber einfacher
> ist der Urlaub schon, wenn die anderen auf dem Campinglatz auch aus
> Deutschland kommen.
Bild: Baden im Atlantik bei Mimizan, Frankreich
Es ist ja nicht so, dass man nicht wüsste, wo man ist. Alle hier müssen
irgendwie hergekommen sein, über Bordeaux oder mit der Fähre über [1][die
Gironde]: frischer Wind vom Atlantik, hach, und da hinten der Leuchtturm,
seht ihr? Die Straße schlängelt sich durch Pinienwälder, und dann das
Schild: „Camping complet“.
Aber da steht eben auch: „Kompletter [2][Campingplatz]“. Weil: Wir sind
zwar in Frankreich, aber irgendwie auch wieder nicht. In der Rezeption,
natürlich, da sitzen jungen Französ*innen und verteilen Armbändchen an
die Glücklichen, die reserviert haben. Das Putzkommando, das stundenlang
die Waschhäuser sperrt, ist französisch, draußen, die Läden auf dem Weg zum
Strand: französisch.
Der Platz selbst aber ist fest in deutscher Hand, Nummernschilder lügen
nicht. Ach, schau an, die Nachbarn, die sich da so ein winziges Zelt
aufgebaut haben, neben dem viele leere Bierflaschen liegen, sind drei Jungs
aus Freiburg. „Hallo!“ – „Hallo.“ Ihre Boombox stellen sie leise, wen…
überhaupt läuft, meistens tragen sie Kopfhörer.
Ihren Oberkörpern nach sind sie alle durchtrainiert, einer surft richtig
hart, mit einem winzigen Brett, das spitz zuläuft, manchmal sieht man ihn,
wie er Nudeln aus einem großen Topf in sich hineinschlingt. Die Jungs aus
Freiburg kicken Bälle hin und her, abends verschwinden sie mit ihren
Bierpaletten irgendwohin, wo die Party ist. Der Müll liegt bei ihnen auf
dem Platz herum. „Ich geh da jetzt hin und sag, dass sie aufräumen sollen!“
– „Nein, tu das nicht, das ist peinlich.“
## Abends zieht der Duft von Marihuana über die Plätze
„Guck mal da hinten, da sind wieder welche angekommen, die bauen ein großes
Zelt auf!“ Das Zelt ist rund, abends zieht der Duft von Marihuana über die
Plätze der Familien mit den kleinen Kindern, aber die sind ja tolerant. Nur
diese Musik! Diese dumpfen Bässe! Das hört ja gar nicht mehr auf. „Das
brauchen die wahrscheinlich, um sich gut zu fühlen.“ – „Mir egal, ich
sag’bald was!“ Es ist dann ein Nachbar, der was sagt. „Ah sorry, na klar,
tut uns leid.“
So ist das hier, alle sind nett zueinander. Goldig, diese kleinen Kinder,
die am Weg ihre Stände aufgebaut haben und bemalte Steine verkaufen, 50
Cent das Stück. Nur? „Meine Mama hat gesagt, mehr soll das nicht kosten.“
Den Weg zum Strand, der Platz ist groß, nehmen die meisten mit dem Fahrrad,
E-Bikes, Mountainbikes, Rennräder, manche mit Kinderanhänger oder
Surfbrettanhänger, es gibt sogar Halterungen, bei denen das Surfbrett
seitlich eingehängt wird. Toll!
Ein kleiner Junge rast einen Hügel hinunter und klingelt die Leute weg,
sein Vater hinterher. Er sieht stolz und glücklich aus. Wie gut der Junge
Fahrrad fahren kann!
## Der DJ spielt „99 Luftballons“
Beim Bäcker wird’s dann manchmal kritisch, die Frauen da verstehen kein
Deutsch, Finger werden ausgestreckt, um Zahlen anzuzeigen. Und dann sagen
die Bäckerfrauen auch noch den Endbetrag auf Französisch, aber man kann ja
mit einem Schein bezahlen.
„Entschuldigen Sie“, sagt eines Abends einer der jungen Franzosen, die die
Ausgänge kontrollieren, „ich habe mal eine Frage: Warum sind auf dem Platz
so viele Deutsche?“
Wir wissen es nicht, aber die, die schon als Kinder hier waren, erzählen,
dass es schon immer so war. Die Deutschen waren sogar schon da, bevor es
den Campingplatz gab. In den Dünen liegen noch die Trümmer einer
Panzerstraße der Wehrmacht, die halb versunkenen Bunker unten am Strand
sind mit Graffiti besprüht.
Die Landung der Alliierten fand dann doch woanders statt, und die Deutschen
sind irgendwann zurückgekehrt, natürlich nur die guten Deutschen, also wir.
„Wir hier sind doch entspannt“, sagt der andere Nachbar mit dem Wohnwagen
aus Berlin. Die neueste Anfrage in der dem Campingplatz gewidmeten
Facebook-Gruppe: „Ist zufällig noch jemand da, der mir eine Rippenblockade
behandelt?“
Beim wöchentlichen Fest in dem nahen Dorf, dem der Campingplatz gehört,
sind Stände aufgebaut, [3][es gibt Meeresfrüchte, Ente mit Pommes und
Couscous]. Der DJ spielt „99 Luftballons“.
27 Aug 2025
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gironde_(%C3%84stuar)
[2] /Krisengebiet-Campingplatz/!6097128
[3] /Schnecken-essen/!6015746
## AUTOREN
Daniel Wiese
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