| # taz.de -- Braunkohle in Deutschland: Transformation statt Revolution | |
| > Wirtschaftsministerin Reiche besucht das Brandenburger | |
| > Braunkohle-Kraftwerk. Dabei spricht sie sich für mehr fossiles Erdgas | |
| > statt grünen Wasserstoffs aus. | |
| Bild: Protest mit Brille: Gewerkschaftsmitglieder empfangen die Wirtschaftsmini… | |
| Spremberg taz | An die 100 Leute haben sich zu beiden Seiten der Straße | |
| aufgestellt, sie tragen Fahnen der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. | |
| Laute Sprechchöre oder Parolen stimmen sie jedoch nicht an – nicht mal, als | |
| Wirtschaftsministerin Katherina Reiche vor dem Tor des Braunkohlekraftwerks | |
| Schwarze Pumpe eintrifft. Es ist ein mahnender, skeptischer, aber auch | |
| hoffnungsvoller Empfang für die CDU-Politikerin. | |
| Reiche besucht in diesen Tagen Unternehmen und Orte, die sich eignen, | |
| Botschaften zu senden. Unter besonderer Beobachtung steht die Nachfolgerin | |
| von Robert Habeck (Grüne) in Sachen Energiepolitik. Was will sie am Ausbau | |
| der erneuerbaren Energien ändern? Geht es ihr darum, die Energiewende zu | |
| verlangsamen, wie Umweltverbände und Grüne meinen? | |
| Das Kraftwerk [1][im brandenburgischen Spremberg] ist nicht schwarz, | |
| sondern ein 160 Meter hoher silbrig schimmernder Koloss. Spätestens in 13 | |
| Jahren, 2038, soll hier Schluss sein mit der Verbrennung von Braunkohle zur | |
| Stromproduktion. So hat es die Kohle-Kommission der Bundesregierung vor | |
| Jahren beschlossen. Aber was passiert dann? Welche Zukunft gibt es hier für | |
| die Arbeitsplätze, die Privathaushalte, das Unternehmen Leag? Dass die AfD | |
| in Spremberg bei der Bundestagswahl 45,5 Prozent der Stimmen bekam, erklärt | |
| Betriebsrat Toralf Smith auch mit der Angst der Beschäftigten vor dem, was | |
| kommen könnte. | |
| Auf einem Transparent fordern die Leute jetzt: „Transformationsbonus statt | |
| Südbonus“. Die Demonstrierenden reagieren damit auf die Ansage Reiches, | |
| neue Erdgaskraftwerke vor allem im Süden anzusiedeln – in Bayern und | |
| Baden-Württemberg, wo Deutschlands Weltmarktindustrie steht. Doch auch hier | |
| wollen sie ein Gaskraftwerk als Ersatz für ihre Braunkohlekessel. Selbst | |
| wenn jenes viel weniger Arbeitsplätze bietet. Hauptsache, es geht weiter | |
| mit der Stromproduktion in der Lausitz, dieser alten DDR-Energielandschaft. | |
| ## Erdgas weiter nötig | |
| Wie der Übergang von den fossilen Energien zur künftigen, klimaneutralen | |
| Stromproduktion funktionieren soll, ist eine heikle Frage. Mit ihrem grünen | |
| Amtsvorgänger Habeck ist sich Reiche einig, dass einige Erdgaskraftwerke | |
| auch später noch nötig sein werden. Ein Grund: Wenn wenig Wind weht und der | |
| Himmel bewölkt ist, liefern Wind- und Solarkraftwerke einfach nicht genug | |
| Strom. Aber wie viele Gaskraftwerke erfordert das? Und wann wird das | |
| fossile, ebenfalls klimaschädliche Erdgas durch Wasserstoff ersetzt, den | |
| man mit Ökostrom herstellt? An diesen Punkten unterscheiden sich Habeck und | |
| Reiche durchaus. | |
| „Ich fühle mich der Lausitz verpflichtet“, betont die Ministerin im | |
| Infozentrum des Kraftwerks. „Die Angst ist unbegründet“, dass in Spremberg | |
| ein Kahlschlag drohe. Bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union sei | |
| sie schon „sehr, sehr weit“ gekommen. Die Bundesregierung braucht die | |
| Genehmigung der EU-Kommission, wenn sie neuen Gaskraftwerken Subventionen | |
| zahlen will, ohne die diese wohl nicht arbeiten können. | |
| Reiche verspricht, die Ausschreibungen für die Erdgasanlagen würden so | |
| gestaltet, dass sie auch für Schwarze Pumpe „funktionieren“. Das Verfahren | |
| soll Ende 2025 starten. Außerdem erklärt sie, die neuen Kraftwerke sollten | |
| „mit Wasserstoff beschickt werden“, allerdings „nicht heute oder morgen�… | |
| eher „übermorgen“. Zur Begründung argumentiert die Wirtschaftsministerin, | |
| dass sich die Entwicklung hin zu Wasserstoff insgesamt verlangsame. Die | |
| Kosten seien zu hoch, und grüner Wasserstoff werde bisher kaum angeboten. | |
| An solchen Äußerungen lässt sich ablesen, was die Strategie Reiches von der | |
| ihres Amtsvorgängers Habeck unterscheidet. Für den Grünen war erstens klar, | |
| dass einige der neuen Gaskraftwerke innerhalb weniger Jahre auf Wasserstoff | |
| umzurüsten seien. Bei Reiche mag sich dieser Zeitraum deutlich nach hinten | |
| verschieben, wobei sie schriftliche Festlegungen noch vermeidet. Zweitens | |
| plant das Wirtschaftsministerium unter ihrer Leitung nun Gaskraftwerke mit | |
| einer Leistung „bis zu 20 Gigawatt“ (Milliarden Watt). Bei Habeck ging es | |
| um 12,5 Gigawatt. Mit der CDU-Politikerin könnte die fossile Stromerzeugung | |
| also länger von größerer Bedeutung bleiben. | |
| Und manchmal wird die neue Wirtschaftsministerin sehr deutlich. Es gehe um | |
| eine „Transformation“ des Energiesystems, nicht um eine „Revolution“. In | |
| den vergangenen Jahren habe der Klimaschutz im Vordergrund gestanden, nicht | |
| „Energiesicherheit und Preisstabilität“. „Das drehen wir jetzt um“, be… | |
| Reiche in Spremberg. Betriebsrat Smith findet das gut. Reiche äußere sich | |
| „klarer“ als Habeck – in seinen Augen eine hoffnungsvolle Botschaft für | |
| Schwarze Pumpe, die Beschäftigten und die Region. | |
| 5 Aug 2025 | |
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| Hannes Koch | |
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