| # taz.de -- Protest gegen Gasbohrungen in Oberbayern: Den Bohrturm nicht im Dor… | |
| > Im beschaulichen Reichling wird seit kurzem nach Erdgas gebohrt – mit der | |
| > Bohrfirma kam der Protest. Vor Ort zwischen Klimademo und Schützenfest. | |
| Bild: Herrgott nochmal: Nun ist der Reichlinger Kirchturm nicht mehr höchstes … | |
| Es gibt da ein ungeschriebenes Gesetz in vielen der kleinen Dörfer, die so | |
| malerisch zwischen die Wiesen und Hügel des bayerischen Oberlands | |
| hingesprenkelt liegen. Der Kirchturm hat bittschön das höchste Gebäude der | |
| Gemeinde zu sein. Im kleinen Ort Reichling, idyllisch zwischen Ammersee und | |
| Lech gelegen, wurde dieses Gesetz Anfang August gebrochen: der Kirchturm | |
| wurde von einem knapp 40 Meter hohen Gasbohrturm abgelöst. Und die | |
| ländliche Ruhe durch Proteste, Diskussionen plus den Lärm der Bohrköpfe. | |
| Ein Lärm, der Elina Kalela diesen Sommer den Schlaf raubt. Seit 20 Jahren | |
| lebt die selbstständige Unternehmensberaterin mit ihrem Ehemann und Kindern | |
| am Ortsrand von Reichling. 20 Jahre mit Blick auf nichts als grüne Wiesen, | |
| dahinter dunkle Wälder und schließlich, am Horizont, die blauen Gipfel des | |
| Wettersteingebirges. Doch seit diesem August sieht Elina Kalela noch etwas | |
| anderes, wenn sie aus dem Fenster ihres Schlafzimmers blickt. Ein | |
| rot-weißer Bohrturm ragt über die bekannten Baumwipfel. Und um die Ruhe ist | |
| es geschehen. | |
| „Ich war schon immer eine schlechtere Schläferin. Aber seit die Bohrungen | |
| laufen, geht es fast gar nicht mehr. Ich probiere Ohrstöpsel, aber die tun | |
| nach ein paar Stunden weh. Und trotz der Hitze können mein Mann und ich | |
| wegen dem Lärm das Fenster nicht kippen.“ Ständig hörbar sei der Bohrlärm, | |
| so Kalela, und dazu komme noch alle 20 bis 30 Minuten das besonders laute | |
| Kling-klong beim Wechsel der Bohrköpfe. „Und dann ist da noch das Licht.“ | |
| Denn der Bohrturm ist nicht nur laut – er ist auch hell. Elina Kalela zeigt | |
| ein Foto, das sie nachts aus ihrem Schlafzimmerfenster aufgenommen hat: der | |
| Bohrplatz ist taghell erleuchtet, Scheinwerfer strahlen direkt in Kalelas | |
| Schlafzimmer. Und sowieso: Was das Ganze soll, kann sie nicht | |
| nachvollziehen. „Ist unser Ziel nicht, klimaneutral zu werden? Als unser | |
| Ölkessel 2019 kaputtgegangen ist, durften wir keinen neuen kaufen. | |
| Stattdessen haben wir viel Geld in die Hand genommen und leben jetzt in | |
| einem klimaneutralen Haus. Und jetzt setzt man uns eine Gasbohranlage vor | |
| die Veranda.“ | |
| ## Eigentlich recht idyllisch hier | |
| Dabei sind die Kalelas damals auch wegen der Ruhe nach Reichling gezogen, | |
| dieses eigentlich recht idyllische Örtchen mit Schützenverein, Sportplatz | |
| und dem obligatorischen CSU-Ortsverband. „Das letzte Mal, dass so viel aus | |
| Reichling berichtet wurde, war damals, als hier eine Kuh durch ein | |
| Garagendach gefallen ist“, murrt ein Bewohner, als er mitbekommt, dass ihm | |
| hier – wieder einmal – ein Journalist gegenübersteht. | |
| Ja, inzwischen sorgt der Bohrturm, der diesen August den Betrieb | |
| aufgenommen hat, für deutlich mehr Aufruhr als eine Kuh auf dem Dach. | |
| Zunächst vier Wochen lang sollen hier Probebohrungen durchgeführt werden. | |
| Im Erfolgsfall plant die Firma [1][Energieprojekt] Lech Kinsau 1 GmbH | |
| danach mit der Erdgasförderung zu beginnen. Und die Reichlinger müssen | |
| nicht nur Bohrlärm und Medienrummel verkraften. Dazu kommt der Andrang von | |
| Klimaaktivist:innen aus ganz Deutschland und einiges an Streit über | |
| deren Demonstrationen. | |
| Wie aber konnte es so weit kommen, dass das beschauliche Dorfleben durch | |
| eine Düsseldorfer Energiefirma und die Beteiligung des [2][kanadischen | |
| Bergbaukonzerns MCF Energy Ltd.] gestört wird? Und warum wird in Bayern | |
| plötzlich wieder nach fossilen Energieträgern gesucht? In einem Bundesland, | |
| das sich einmal zum Ziel gesetzt hatte, schon 2040 und damit fünf Jahre | |
| früher als die Bundesrepublik klimaneutral zu sein? | |
| Um die Antwort zu finden, muss man sich ins Jahr 2022 zurückversetzen. In | |
| die Monate nach der russischen Vollinvasion der Ukraine, in denen die Angst | |
| umgeht, dass die Heizungen in Deutschland im kommenden Winter ohne | |
| russisches Gas kalt bleiben würden, dass Menschen frieren müssen und die | |
| gashungrige deutsche Industrie zusammenbrechen könnte. | |
| In diese Zeit fällt eine Pressemitteilung des bayerischen | |
| Wirtschaftsministeriums unter Minister Hubert Aiwanger (Freie Wähler): „Wir | |
| unterstützen die Suche nach Erdgasvorkommen in Bayern, um die | |
| Importabhängigkeit zu verringern.“ Und: „Das Bayerische | |
| Wirtschaftsministerium hat zum 1. Oktober die Erlaubnis zur | |
| Erdgasexploration im Feld ‚Lech‘ im Landkreis Landsberg am Lech erteilt. | |
| Hier wird noch Erdgas vermutet, welches bisher nicht erschlossen wurde.“ | |
| Heute tobt der Ukrainekrieg weiter, aber die Energiekrise von 2022 ist | |
| längst Geschichte. Der Weltmarktpreis für Erdgas liegt auf Vorkrisenniveau, | |
| Deutschland bezieht wieder reichlich Gas, vor allem aus Norwegen, Belgien | |
| und den Niederlanden. Und auch das besonders klimaschädliche LNG-Gas aus | |
| den USA, das, energieintensiv auf unter minus 160 Grad Celsius gekühlt, | |
| nach deutschen Häfen verschifft wird, ist Teil des deutschen Gasmixes. | |
| Doch trotzdem bleibt die Idee, selbst nachzusehen, wo hierzulande noch | |
| fossile Kraftstoffe liegen. Das Bohrloch bei Reichling könnte dabei nur der | |
| Anfang eines Gasbooms rund um den Ammersee sein: Auf einem Gebiet von über | |
| 100 Quadratkilometern haben sich verschiedene Unternehmen Genehmigungen zur | |
| Erdgasbohrung gesichert. Noch bis zu zehn weitere Bohrtürme könnten hier | |
| aufgebaut werden. | |
| Und das Klima? Das bayerische Kabinett hat sein ambitioniertes | |
| Klimaneutralitätsziel für 2040 im vergangenen Winter in einer | |
| Nacht-und-Nebel-Aktion aufgegeben und auf 2045 verschoben. Und die | |
| schwarz-rote Regierung hält in ihrem Koalitionsvertrag fest: „Wir wollen | |
| Potenziale konventioneller Gasförderung im Inland nutzen.“ | |
| Wie es dann ganz konkret aussieht, wenn diese „Potenziale“ genutzt werden, | |
| zeigt sich am Bohrplatz einige hundert Meter außerhalb von Reichling – und | |
| im Ort selbst, wo der Protest gegen die Bohrungen immer sichtbarer wird. | |
| Ein großes X aus gelb angestrichenem Holz lehnt hier an vielen Haus- und | |
| Scheunenwänden oder ist an Gartenzäune und Garagentore genagelt. Ein | |
| Symbol, das sagt: „Hier wohnt jemand, der gegen die Gasbohrungen ist.“ | |
| Claudia Danner war eine der ersten mit dem gelben Kreuz vor dem Haus. Die | |
| Reichlingerin gehört zu den aktivsten Mitgliedern der [3][„Bürgerinitiative | |
| Reichling-Ludenhausen“,] die sich vor Ort gegen die Bohrungen bei Reichling | |
| einsetzt. Fast jeden Morgen schaut sie am Bohrplatz vorbei. „Die Arbeiter | |
| kennen mich schon gut. Einmal bin ich erst um halb acht gekommen, da | |
| meinten sie, ich wär ja spät dran heute. Da habe ich gesagt, ich hab | |
| Spätschicht.“ | |
| Auch an diesem Samstagnachmittag Mitte August ist sie unter dem Bohrturm | |
| anzutreffen. Diesmal nicht, um die neuesten Entwicklungen zu | |
| protokollieren, sondern zum Protest, dem ersten großen seit Errichtung des | |
| Bohrturms. Um die Schulter trägt sie ein großes Megafon, dekoriert mit | |
| einem „Koa Gas“-Aufkleber und Unterschriften der Freund:innen, die es ihr | |
| zum Geburtstag geschenkt haben. Das richtige Präsent für Claudia Danner, | |
| die eine Botschaft loszuwerden hat. | |
| Bestialisch habe es gestunken am Morgen des 8. Augusts, an dem die | |
| befürchteten Bohrungen tatsächlich starteten, sagt sie. In den Achtzigern | |
| gab es hier schon einmal Erdgasbohrungen, das Projekt wurde aber aufgrund | |
| von mangelnder Rentabilität schnell aufgegeben. Das Bohrloch wurde mit | |
| Zement zugeschüttet – und jetzt von der Firma Energieprojekt Lech Kinsau 1 | |
| GmbH wieder geöffnet. | |
| Vielleicht auch, weil Bayern im Gegensatz zum wichtigsten erdgasfördernden | |
| Bundesland Niedersachsen seit Ende der neunziger Jahre keine Förderabgabe | |
| mehr erhebt. Das wiedereröffnete Bohrloch stinkt Claudia Danner jedenfalls | |
| gewaltig: „Was die da damals weggeschlossen haben, das heute so stinkt, | |
| darüber will ich gar nicht nachdenken“, sagt Danner. | |
| Am Tag der Demonstration Mitte August liegt erst mal nur der Duft frisch | |
| ausgebrachter Gülle in der Luft. Aber hören kann man den Bohrturm, ein | |
| lautes Brummen, das während der zweistündigen Standdemo nicht aufhören | |
| wird. Rund 500 Protestierende versammeln sich und schwenken die gelben X | |
| der Bürgerbewegung für die Pressefotograf:innen. Ein Großteil ist mit | |
| Greenpeace, dem Bund Naturschutz oder Fridays for Future aus ganz | |
| Deutschland angereist. | |
| Aber auch einige Reichlinger machen mit. „Bei der letzten Demo waren noch | |
| weniger Leute aus dem Ort da“, sagt Claudia Danner. „Sie standen draußen | |
| und haben geguckt, aber sie haben sich noch nicht so richtig getraut.“ | |
| Jetzt seien es deutlich mehr. Doch in der Unterzahl sind die Reichlinger | |
| weiterhin. | |
| Dabei organisiert Claudia Danner mit der Bürgerinitiative schon lange | |
| Informationsveranstaltungen und Mahnwachen in Reichling und den umliegenden | |
| Gemeinden. Und merkt dabei, dass der Großteil der Reichlinger tendenziell | |
| schon gegen die Bohrungen am Ortsrand sei. „Gerade jetzt, wo der Turm | |
| wirklich steht, merkt man schon, dass viele sagen: Das wollen wir hier | |
| nicht haben.“ | |
| Nur: deswegen auf die Straße gehen, das wollen sie dann auch nicht. „Wir | |
| haben das Demonstrieren hier einfach nicht im Blut. Die meisten Leute | |
| wollen vor allem in Ruhe gelassen werden“, kommentiert eine Reichlingerin, | |
| die sich zum ersten Mal auf eine der Demonstrationen gegen die Bohrungen | |
| wagt. | |
| Wer derweil mit denjenigen Reichlingern, die nicht auf der Demo sind, | |
| sprechen will, der findet sie beim Schützengrillen im Reichlinger | |
| Dorfgemeinschaftshaus, direkt am Fußballplatz. Die Trachtenquote liegt dort | |
| bei weit über 80 Prozent, man trinkt Bier und isst Nackensteak mit | |
| Kartoffelsalat. Zahlen? Das solle man bitte einfach irgendwann später, und | |
| einen festen Preis gibt es auch nicht, man vertraut sich hier auf dem Dorf. | |
| Den Bohrturm sieht man vom Dorfgemeinschaftshaus auch gut. Klar, dass die | |
| Probebohrung Thema ist, genauso wie die Demonstrationen dagegen. Nur in der | |
| Zeitung will dann doch niemand den eigenen Namen lesen, auch wenn man schon | |
| zugesteht, dass man das ganze für „koa guade Sach’“ halte. Sorgen gibt es | |
| schließlich viele: die neue Trinkwasserquelle, die Reichling teuer | |
| erschlossen hat, liegt nur wenige hundert Meter vom Bohrplatz entfernt. | |
| Die Bohrfirma betont gegenüber der taz zwar, die „Risiken für das | |
| Grundwasser tendieren gegen null.“ Doch das „Trinkwassermonitoring“, das | |
| bislang nur für wenige Monate aufgesetzt ist, finden viele hier | |
| unzureichend. Dennoch lautet der Tenor bei den meisten hier: „Da halte ich | |
| mich raus.“ Und bei vielen sind die andauernden Demonstrationen mindestens | |
| genau so unbeliebt wie die Bohrungen selbst: „Andauernd is was los“. | |
| Der Protest vor dem Bohrturm Mitte August ist längst nicht der erste in | |
| Reichling. Schon im Mai demonstrierten rund 600 Menschen mitten im Ort. | |
| Bürgermeister Johannes Hintersberger (CSU) verstieg sich dazu, | |
| Demonstrierende im örtlichen Gemeindeblatt als „Terroristen“ zu bezeichnen | |
| – eine Formulierung, die ihm inzwischen gerichtlich untersagt wurde. Mit | |
| der taz wollte Hintersberger nicht sprechen. | |
| Zurück zur Demonstration vor dem Bohrturm, die dieses Mal, wohl zur | |
| Erleichterung vieler Reichlinger, nicht innerorts, sondern vor dem | |
| Bohrplatz auf der grünen Wiese stattfindet. Claudia Danner ist „das erste | |
| Mal richtig nervös“, dabei hat sie hier schon einige Demos mitgemacht. Aber | |
| an diesem Tag kommt auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer vorbei. | |
| „Dadurch haben wir jetzt eine ganz andere Aufmerksamkeit“, freut sich | |
| Danner. Und dann tritt Neubauer tatsächlich auf, wird nach allerlei Fotos | |
| gefragt und skandiert im besten Bayrisch, das ihr als gebürtiger | |
| Hamburgerin zur Verfügung steht, den Slogan der Bürgerbewegung | |
| Reichling-Ludenhausen: „Koa Gas, koa Gas, koa Gas!“ | |
| ## Aiwanger soll die Bohrungen stoppen | |
| Hinter dem Slogan steht eine klare Forderung der Demonstrant:innen: | |
| Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger soll die Bohrungen stoppen. Eine Ende | |
| September auslaufende Genehmigung für das Bohrprojekt, deren Verlängerung | |
| bis 2027 die Bohrfirma beim bayerischen Wirtschaftsministerium beantragt | |
| hat, könnte dazu die Möglichkeit bieten, meint man hier. | |
| Und Aiwanger selbst? Der spricht inzwischen deutlich weniger begeistert von | |
| dem Bohrprojekt als noch 2022. Doch gegenüber der taz stellt er fest, dass | |
| ihm aufgrund von Bundesgesetzen die Hände gebunden seien. „Das Vorhaben ist | |
| von der bundespolitischen Rechtslage abgedeckt und kann von der Bayerischen | |
| Staatsregierung nicht willkürlich gestoppt werden, sofern die Vorschriften | |
| eingehalten werden.“ Anders sehen das freilich Greenpeace und der Bund | |
| Naturschutz, die in einem Rechtsgutachten schreiben, dass Aiwanger durchaus | |
| juristische Möglichkeiten habe, einen Bohrstopp durchzusetzen. | |
| Und auch das Bundeswirtschaftsministerium unter Katherina Reiche lehnt jede | |
| Verantwortung ab. Eine Sprecherin Reiches teilte der Augsburger Allgemeinen | |
| zuletzt mit: „Die Genehmigungsvorgaben liegen bei den Ländern“. Diese | |
| müssten „letztendlich entscheiden, ob Gas gefördert werden kann.“ Auch die | |
| bayerischen Grünen fordern Hubert Aiwanger auf, die Erdgasförderung in | |
| Bayern auch durch die Erhebung einer Förderabgabe zu stoppen. | |
| Lokalpolitiker:innen in Reichling wollen mittlerweile nicht mehr mit | |
| dem Bohrprojekt in Verbindung gebracht werden. Der Reichlinger Gemeinderat | |
| sowie CSU-Bürgermeister Hintersberger, der Protestierende als „Terroristen“ | |
| bezeichnet hatte, lehnen das Bohrprojekt inzwischen ab. Und auch der | |
| zuständige Landrat Thomas Eichinger (CSU) verfasste zuletzt einen | |
| Protestbrief an Wirtschaftsminister Aiwanger. | |
| Dass von der kommunalen bis hin zur Bundesebene inzwischen kaum noch jemand | |
| ein positives Wort über das Bohrprojekt bei Reichling verliert, sieht | |
| Claudia Danner als einen Teilerfolg der Bürgerbewegung | |
| Reichling-Ludenhausen. Und doch: Solange die Verantwortung auf die jeweils | |
| andere föderale Ebene verschoben wird, kann munter weitergebohrt werden. | |
| Dabei ist eine wichtige Frage noch gar nicht geklärt. Wie soll das Gas, das | |
| hier möglicherweise bald gefördert wird, überhaupt an den Kunden gebracht | |
| werden? Reichling ist nicht an das Gasnetz angeschlossen. „Alternative | |
| Transportmöglichkeiten wären rein theoretisch etwa Verdichtung (CNG) und | |
| Abtransport per Lkw oder Verflüssigung und Abtransport als LNG“, | |
| analysieren Expert:innen des Energiewirtschaftlichen Instituts an der | |
| Universität zu Köln (EWI) auf Anfrage der taz. Aber: „Derartige | |
| Transportoptionen gelten in der Regel als wenig wirtschaftlich.“ | |
| Das Energieprojekt Lech Kinsau 1 GmbH beantwortet eine entsprechende Frage | |
| der taz bis Redaktionsschluss nicht. Die Mitglieder der Bürgerbewegung | |
| befürchten jedoch, dass Reichling jahrelang zur Piste für Transport-Lkws | |
| werden könnte. Und all das für ein Gasfeld, das die deutsche | |
| Importabhängigkeit laut den Expert:innen des EWI lediglich „geringfügig | |
| reduzieren könnte“. | |
| Denn „die öffentlich benannten möglichen Volumina am Standort Reichling | |
| würden nur einen kleinen Bruchteil der derzeitigen deutschen Importmengen | |
| darstellen“ Zu gut Deutsch: höchstens zwei Tage lang könnte Deutschland | |
| versorgt werden mit den 400 bis 500 Millionen Kubikmetern Gas, die unter | |
| Reichling vermutet werden. | |
| ## Jetzt mit Lautstärkemessgerät | |
| Elina Kalela hat derweil den Kampf um ihre Nachtruhe nicht aufgegeben. | |
| Stattdessen hat sie sich ein Lautstärkemessgerät zugelegt. In einem Video, | |
| das der taz vorliegt, misst sie nachts das Brummgeräusch des Bohrplatzes in | |
| ihrem Schlafzimmer. Ergebnis: teils über 50 Dezibel. Erlaubt sind in | |
| Wohngebieten zur Nachtzeit höchstens 35 Dezibel. Für Elina Kalela Grund | |
| genug, die Polizei zu rufen. „Die waren sehr nett. Aber die Bohrung stoppen | |
| wollten sie auch nicht.“ | |
| Die Bohrfirma will die Messwerte von Elina Kalela auf Anfrage der taz | |
| nicht kommentieren, betont aber: „Wir halten uns an alle gesetzlichen | |
| Vorgaben, dies schließt auch Geräuschentwicklungen während der Arbeiten | |
| ein.“ | |
| Mindestens bis zum Abschluss der Probebohrungen wird Elina Kalela weiter | |
| mit Lärm und Licht im Schlafzimmer und mit der Sorge um ihr Trinkwasser | |
| leben müssen. Falls die Probebohrungen erfolgreich sind, könnte dann 10 bis | |
| 15 Jahre lang Erdgas gefördert werden. Allerspätestens danach kehrt wieder | |
| Ruhe ein in Reichling. | |
| 1 Sep 2025 | |
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| Julius Seibt | |
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