| # taz.de -- Kirchenasyl in Berlin: Abschiebung trotz Kirchenasyl | |
| > Ein afghanischer Konvertit wurde abgeschoben obwohl er unter Kirchenasyl | |
| > stand. Ein Streit zwischen Hamburg und Berlin geht dem Fall voraus. | |
| Bild: Pfarrer Gottfried Martens in seiner Kirche Dreieinigkeits-Gemeinde | |
| Berlin taz | Erstmals seit Existenz der Kirchenasylbewegung 1983 wurde in | |
| Berlin ein Mann abgeschoben, der sich im Kirchenasyl befand. Es handelt | |
| sich um H., einen Afghanen, der nach Schweden zurück abgeschoben wurde. | |
| Laut Gottfried Martens, Pastor der evangelisch-lutherischen | |
| Dreieieinigkeits-Gemeinde, in der der Mann gemeinsam mit Landsmännern in | |
| Kirchenasyl lebte, wurde H. bereits nach Schweden abgeschoben, wo er zuvor | |
| rund zehn Jahre gelebt und als Krankenpfleger gearbeitet hatte. Doch | |
| Schweden hatte ihm wie zahlreichen anderen Afghanen auch das | |
| Aufenthaltsrecht entzogen und einen Abschiebebescheid nach Afghanistan | |
| ausgestellt. Als christlichen Konvertiten würde H. dem Pastor zufolge unter | |
| dem Taliban-Regime dort der Tod drohen. | |
| „Die Polizei ist aber nicht in unsere Kirche eingedrungen“, sagt Martens | |
| der taz. „Vielmehr hat sich H. nur wenige Meter vom kircheneigenen Garten | |
| entfernt, ihm war wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass er nicht mehr auf | |
| dem Kirchengelände war.“ Dort sei er [1][von Berliner Polizisten in Zivil | |
| festgenommen], die die Kirche aus einem Auto heraus observiert hätten und | |
| inzwischen nach Schweden ausgeflogen worden. Das haben Hamburger Behörden | |
| auch verschiedenen Springer-Medien bestätigt. | |
| Hamburg war eigentlich für H. und drei andere christliche Konvertiten aus | |
| Afghanistan zuständig, die in der Berliner Freikirche Schutz vor einer | |
| Abschiebung nach Schweden und weiter nach Afghanistan gesucht hatten. | |
| [2][Um diese Männer war ein Streit zwischen den Stadtstaaten Berlin und | |
| Hamburg entbrannt.] | |
| ## Tschentscher wirft Wegner Sabotage vor | |
| Hamburg hatte von Berlin die Festnahme der Männer gefordert. Doch Berlin | |
| weigerte sich, anders als in der Hansestadt wird an der Spree kein | |
| Kirchenasyl gebrochen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher | |
| (SPD) hatte daraufhin in einem Schreiben an seinen Amtskollegen Kai Wegner | |
| (CDU) Berlin vorgeworfen, die Abschiebung der Männer zu sabotieren. | |
| In dem öffentlich gewordenen Brief sprach er von einem „schweren Schlag | |
| gegen den Rechtsstaat“. Wegner hatte gemeinsam mit Innensenatorin Iris | |
| Spranger (SPD) verteidigt, dass Berlin aus Respekt vor der Institution | |
| Kirche kein Kirchenasyl breche, aber bereit sei, die Männer festzunehmen, | |
| falls sie das Kirchengelände verlassen sollten. | |
| Die Dreieinigkeits-Gemeinde in Steglitz gehört zu den wenigen Gemeinden in | |
| Berlin, die das Kirchenasyl sehr strikt auslegen. Die Gäste schlafen im | |
| Kirchengebäude, sie werden durch die Gemeinde versorgt, sodass sie die | |
| sakralen Räume nicht verlassen müssen. Ihnen stehe auch eine farsisprachige | |
| Psychotherapeutin zur Verfügung, so Martens. | |
| Das ist in Gemeinden der evangelischen Landeskirche völlig anders: Hier | |
| werden die Gäste meist in kircheneigenen Wohnungen untergebracht. Sie | |
| versorgen sich selbst, sodass sie zum Einkauf die Kirchenräume verlassen | |
| müssen. Kinder gehen zur Schule, Erwachsene besuchen externe Deutschkurse. | |
| Es wurden auch schon Kinder von Familien geboren, die sich im Kirchenasyl | |
| befinden, und das mitnichten in der Kirche sondern in konfessionellen | |
| Krankenhäusern. | |
| Bisher konnten sich Gemeinden und Kirchenasylgäste [3][darauf verlassen, | |
| dass die Schutzsuchenden aus dem Kirchenasyl nicht festgenommen wurden], | |
| wenn sie die Kirchenräume zeitweise verließen. Ob das nun anders ist, ist | |
| unklar. Am Wochenende war niemand von der Arbeitsgemeinschaft „Asyl in der | |
| Kirche“ für die taz erreichbar. | |
| 3 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kirchenasyl-unter-Druck/!6089923 | |
| [2] /Streit-um-Kirchenasyl/!6103720 | |
| [3] /Kirchenasyl-in-Gefahr/!6084502 | |
| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
| ## TAGS | |
| Kirchenasyl | |
| Abschiebung | |
| Kai Wegner | |
| Reden wir darüber | |
| Social-Auswahl | |
| Kirchenasyl | |
| Schweden | |
| Flüchtlingssommer | |
| Abschiebung | |
| Islamabad | |
| Asyl | |
| Kirchenasyl | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kirchenasyl in Berlin: „Ich bin froh, dass Berlin kein Kirchenasyl bricht“ | |
| Gottfried Martens ist Pastor der Evangelisch-Lutherischen | |
| Dreieinigkeits-Gemeinde in Steglitz. Ein Gespräch über Kirchenasyl und | |
| Abschiebungen | |
| Streit ums Kirchenasyl: Abschiebung in die Obdachlosigkeit | |
| Trotz Kirchenasyls in Berlin schob Hamburg einen Afghanen nach Schweden ab. | |
| Dort lebte er auf der Straße, sagt der Pastor der Berliner Gemeinde. | |
| Sommer der Migration 2015: Liebes Deutschland, | |
| Unser Autor musste aus Syrien fliehen und kam schließlich in Deutschland | |
| an. Zehn Jahre später will er nicht mehr beweisen müssen, integriert zu | |
| sein. | |
| Neue Zahlen der Bundesregierung: Mehr als jeder zehnte Abgeschobene ist minderj… | |
| Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland steigt, nicht erst seit | |
| Amtsantritt der neuen Regierung. Darunter sind auch viele Minderjährige. | |
| Massenabschiebungen in Pakistan: Regierungsamtliche Xenophobie | |
| Pakistan will 1,4 Millionen Afghanen abschieben. Es braucht Hilfe aus dem | |
| Ausland – Solidarität kommt einzig von der Zivilbevölkerung in Afghanistan. | |
| Kirchenasyl unter Druck: Hier ist es nicht sicher | |
| Lange konnten Geflüchtete sich im Kirchenasyl vor Abschiebungen retten. | |
| Doch zuletzt drangen Polizist*innen immer wieder in Schutzräume der | |
| Kirchen ein. | |
| Kirchenasyl in Gefahr: Es braucht zivilen Menschenrechtsgehorsam | |
| Die Praxis des Kirchenasyls ist fundamental gefährdet. Gemeinden müssen | |
| dieses und andere bedrohte Grundrechte verteidigen. |