| # taz.de -- FAQ zum Deal zwischen Trump und der EU: Wer zieht hier wen über de… | |
| > Die Einigung im Handelsstreit lässt viele Fragen offen. Klar ist: Dem | |
| > Klima wird sie schaden. Wie es weitergehen könnte, dazu kursieren bizarre | |
| > Ideen. | |
| Bild: Handschlag ist Handschlag – oder? Ursula von der Leyen (links) und Dona… | |
| 1 US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen | |
| [1][haben einen „Deal“ geschlossen], um den Handelsstreit beizulegen. Ist | |
| jetzt mal Schluss mit dem leidigen Thema Zölle? | |
| Vielleicht. Aber Trump kann jederzeit wieder damit anfangen. Zwar haben er | |
| und von der Leyen eine Einigung über Zollabgaben erzielt, allerdings eher | |
| in Form einer losen Verabredung als in Gestalt eines formal korrekten | |
| Handelsabkommens. „TTIP per Handschlag“ [2][nennt das die Organisation | |
| LobbyControl] in Anlehnung an das einst geplante und gescheiterte | |
| Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP), | |
| gegen das Hunderttausende protestierten. | |
| Die US-Administration und die EU-Kommission interpretieren jedenfalls | |
| etliche Punkte der neuen Übereinkunft unterschiedlich. So wollen die USA | |
| eine Reihe von landwirtschaftlichen Produkten nach Europa exportieren, die | |
| nicht EU-Regeln entsprechen. Max Bank, Experte für Handelspolitik und | |
| Techregulierung bei LobbyControl, sagt: „Die USA reklamieren eine | |
| Interpretation, die stark an das gescheiterte TTIP-Abkommen erinnert.“ | |
| Streitpunkt in den TTIP-Verhandlungen war etwa [3][das gefürchtete | |
| Chlorhühnchen]. Geschlachtete Hühner zwecks Bakterienbekämpfung in | |
| Chlordioxid zu baden, ist in den USA Praxis, in der EU verboten. | |
| Es gibt also offenbar noch viel Verhandlungsbedarf. Ein formelles Abkommen | |
| muss von den politischen Instanzen, etwa vom Europäischen Parlament, | |
| abgesegnet werden. Doch trotz aller Unwägbarkeiten: Wohin die Reise gehen | |
| soll, ist sichtbar. Denn mit ihrem „Deal“ haben von der Leyen und Trump | |
| Referenzpunkte gesetzt, die wieder aus der Welt zu bekommen schwer sein | |
| dürfte. | |
| 2 Aber geht es nicht in erster Linie um Zölle? | |
| Doch, zumindest waren Zölle Ausgangspunkt des Handelsstreits. Trump hat | |
| gegen die EU willkürlich Zölle verhängt und so Verhandlungsmasse | |
| geschaffen. Die von ihm angedrohten 30 Prozent auf Waren aus der EU kommen | |
| nicht, das wurde mit dem „Deal“ vorläufig abgewendet. Stattdessen werden 15 | |
| Prozent auf sehr viele Einfuhren aus der EU erhoben, ein Vielfaches dessen, | |
| was in der Vor-Trump-Zeit galt. Für Stahl und Aluminium bleibt es bei den | |
| von Trump verhängten hohen Zöllen von 50 Prozent. Diese Abgaben haben für | |
| Trump eine hohe Symbolkraft, weil er die Stahlindustrie in den USA stärken | |
| und dort neue Jobs schaffen will. | |
| 3 Was hat von der Leyen Trump versprochen, damit er sich auf die Einigung | |
| eingelassen hat? | |
| Die EU-Kommissionschefin hat Trump zugesagt, dass die EU in den USA in den | |
| kommenden Jahren 600 Milliarden Dollar investieren wird. Wer dieses Geld in | |
| den USA anlegen soll, ist offen. Denn die EU-Kommission selbst kann nicht | |
| tätig werden. Das gilt auch für einen weiteren Punkt, den von der Leyen | |
| versprochen hat: Sie hat zugesichert, dass die EU in den USA in den | |
| kommenden drei Jahren Nuklearprodukte und fossile Energieträger wie | |
| Flüssiggas (LNG) und Öl im Wert von jährlich 250 Milliarden Dollar kaufen | |
| wird, also [4][insgesamt für 750 Milliarden Dollar] bis zu den nächsten | |
| US-Präsidentschaftswahlen. Das wäre das Drei- bis Vierfache der bisherigen | |
| Energieimporte aus den USA. | |
| Mit dem Handelsdeal regiere Donald Trump in die europäische Energiepolitik | |
| hinein, kritisiert die SPD-Bundestagsabgeordnete und Energieexpertin Nina | |
| Scheer. „Er verfolgt dabei nicht nur eine ausgeweitete Abhängigkeit von | |
| fossilen US-amerikanischen Ressourcen, sondern auch unsere Abkehr von | |
| erneuerbaren Energien, womit Folgelasten für nachfolgende Generationen | |
| deutlich verschärft werden“, sagt sie. | |
| 4 Importe fossiler Energieträger in gigantischen Mengen? Ist das mit den | |
| europäischen und deutschen Klimazielen zu vereinbaren? | |
| Nein. Öl ist einer der größten Klimakiller, auch Flüssiggas ist enorm | |
| klimaschädlich. Zudem werden die vorgesehenen Mengen in der EU gar nicht | |
| gebraucht. | |
| Als „höchst besorgniserregend“ bezeichnet Christoph Bals von der NGO | |
| Germanwatch die Vereinbarung zu den Energieträgerlieferungen aus den USA. | |
| „Das sind Mengen, die alle Klimaziele abschießen würden“, sagt er. Das | |
| Problem sind nicht nur die großen CO2-Emissionen, die mit dem Verbrauch von | |
| Flüssiggas und Öl verbunden wären. Mindestens so problematisch sind die | |
| Auswirkungen auf die langfristige Energieversorgung. | |
| Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, die EU bis 2050. Das heißt, | |
| innerhalb der kommenden 20 Jahre muss der Ausstieg aus fossilen Energien | |
| gelingen. Wenn jetzt große Mengen LNG oder Öl in die europäischen Märkte | |
| gepresst werden, wird sich dieser Prozess verzögern. Denn die Infrastruktur | |
| für fossile Energie wird viel länger erhalten als ursprünglich vorgesehen, | |
| schlimmstenfalls werden Einrichtungen für fossile Energie sogar erweitert | |
| und der Ausbau der Erneuerbaren verlangsamt. | |
| Die gigantischen Mengen erzeugen auch neue Abhängigkeiten von den USA. | |
| Schon jetzt sind die Vereinigten Staaten Deutschlands LNG-Hauptlieferant. | |
| Die Lieferbeziehungen zu Ländern wie Norwegen gerieten unter Druck. Wie | |
| schwierig es ist, sich aus Energieabhängigkeiten zu befreien, hat | |
| Deutschland nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erlebt. Dessen Folge | |
| war eine massive Energiepreiskrise, von der sich viele Unternehmen in | |
| Deutschland bis heute nicht erholt haben. | |
| 5 Wer soll all das Flüssiggas und Öl kaufen? | |
| Das ist völlig unklar. Die EU-Kommission hat jedenfalls weder das Mandat | |
| noch das Geld für einen Kauf. Es ist Sache der Mitgliedsländer, wie sie | |
| ihre Energieversorgung gestalten. Die Kommission kann ihnen dazu keine | |
| Vorschriften machen. | |
| 6 Was sagen eigentlich die deutsche Politik und Wirtschaft dazu? | |
| Wirklich gut findet den „Deal“ niemand. In der Regierung überwiegt | |
| Erleichterung, dass es überhaupt zu einer Verständigung gekommen ist. „Die | |
| deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden nehmen durch diese Zölle“, | |
| sagt Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Aber er glaubt, es sei „das Beste, | |
| was zu erreichen war“. | |
| Die Opposition hält nichts von der Einigung. Sie sei ein „fatales Signal“, | |
| sagt die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion Katharina Dröge. Trump | |
| werde die Schwäche der EU als Einladung sehen zu eskalieren, fürchtet sie. | |
| Auch die Linkspartei sieht die Einigung als „herbe Niederlage“ für die EU. | |
| „Ursula von der Leyen wurde bei diesen Verhandlungen über den Tisch | |
| gezogen“, sagt die Linke-Vorsitzende Ines Schwerdtner. | |
| In der deutschen Wirtschaft sind die Reaktionen unterschiedlich: Manche | |
| Wirtschaftsvertreter:innen finden das Ergebnis fatal, andere sind der | |
| Überzeugung, mehr wäre einfach nicht herauszuholen gewesen. | |
| 7 Und jetzt? | |
| Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU können ihre | |
| Zustimmung verweigern. Aber das politische Problem würde damit nicht | |
| gelöst. Denn Donald Trump wird sicher nicht auf einmal gemachte | |
| Zugeständnisse verzichten. Andere Vorschläge reichen von Nachverhandlungen | |
| bis zu der bizarren Idee, nur so viel fossile Energien aus den USA | |
| abzunehmen, wie in der EU tatsächlich gebraucht werden – und für die | |
| Differenz zu den zugesagten Importmengen zu zahlen, aber das Öl und | |
| Flüssiggas nicht zu beziehen. Das wäre sehr teuer und zeigt die große | |
| Ratlosigkeit angesichts des „Deals“. | |
| Langfristig können sich Deutschland und die EU nur gegen Trump wappnen, | |
| indem sie sich nicht erpressbar machen. Das geht nur, wenn Politik und | |
| Wirtschaft nach neuen Absatzmärkten jenseits der USA suchen und den Ausbau | |
| der erneuerbaren Energien vorantreiben, um in der Energieversorgung | |
| unabhängig zu werden. | |
| 1 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Vorlaeufiges-Ende-des-Zollstreits/!6099333 | |
| [2] https://www.lobbycontrol.de/pressemitteilung/zoll-deal-ttip-per-handschlag-… | |
| [3] /Freihandelsabkommen-mit-den-USA/!5510673 | |
| [4] /Umstrittene-Zoll-Einigung-von-USA-und-EU/!6099486 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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