| # taz.de -- Bundesaußenminister in Israel: Klare Worte und etwas Irritation | |
| > Johann Wadephul hat eine Botschaft mit nach Israel gebracht: Die Lage in | |
| > Gaza muss sich verbessern. Zuerst aber muss er ein Missverständnis | |
| > ausräumen. | |
| Bild: Außenminister Wadephul mit seinem israelischen Kollegen Gideon Sa'ar in … | |
| Jerusalem taz | Nachdem Bundeskanzler Friedrich Merz am vergangenen Montag | |
| das Sicherheitskabinett zusammengerufen hatte, um über die katastrophale | |
| humanitäre Lage in Gaza zu beraten, muss sein CDU-Parteifreund Johann | |
| Wadephul jetzt seinen Urlaub unterbrechen. Der deutsche Außenminister, so | |
| kündigte der Kanzler es an, soll erneut mit der israelischen Regierung | |
| sprechen und ihr klar machen, dass es im Gazastreifen dringend | |
| Verbesserungen geben muss. Nach dem Besuch will das Sicherheitskabinett neu | |
| beraten. Der Druck auf die Bundesregierung wächst, sich Forderungen nach | |
| Sanktionen anzuschließen. Doch bislang hat sie nur ihre Rhetorik gegenüber | |
| Israel verschärft. | |
| Als Wadephul am Donnerstagmittag im Flieger nach Tel Aviv sitzt, hat er in | |
| Israel zunächst schon einmal mit einer Irritation für Aufregung gesorgt. | |
| Vor dem Abflug hatte er noch einmal erklärt, dass die Zweistaatenlösung der | |
| einzige nachhaltige Ausweg aus dem Konflikt sei, für Deutschland die | |
| Anerkennung eines palästinensischen Staates aber „eher am Endes des | |
| Prozesses“ stehe. [1][Es ist eine Position, die Deutschland schon lange | |
| vertritt]. Dann aber hieß es in Wadephuls Stellungnahme: „Aber ein solcher | |
| Prozess muss jetzt beginnen.“ | |
| Diese Formulierung habe, wie Wadephul später erklärt, zu einem | |
| Missverständnis geführt, das er erst einmal ausräumen muss. Dennoch brachte | |
| es dem deutschen Verbündeten, der aus historischer Verantwortung trotz | |
| allem fest an der Seite Israels steht, einen Nazi-Vorwurf von Israels | |
| rechtsextremem Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ein. Und | |
| trotz aller Klärung betonte auch Wadephuls erster Gesprächspartner, Israels | |
| Außenminister Gideon Sa’ar, nach dem Treffen schriftlich, dass es einen | |
| palästinensischen Staat nicht geben werde. Kein guter Start also in den | |
| zweiten Israel-Besuch des Ministers innerhalb von drei Monaten. | |
| Als Wadephul dann, nach weiteren Gesprächen mit Premierminister Benjamin | |
| Netanjahu und Staatspräsident Jitzchak Herzog am späteren Abend im King | |
| David Hotel in Jerusalem vor der Presse steht, gibt er sich dennoch | |
| zuversichtlich. Sein Auftrag sei es gewesen, der israelischen Seite zu | |
| sagen, dass sie im Gazastreifen jetzt handeln müsse und nicht erst | |
| irgendwann. „Ich habe den Eindruck, dass das heute verstanden wurde.“ | |
| ## Für einen Waffenstillstand | |
| Auch brauche man Klarheit von Israel, „dass keine Politik der Vertreibung | |
| und keine Politik der aktiven Annexion betrieben wird“. Am Freitag will | |
| Wadephul erst in Jerusalem Vertreter der UN und dann Palästinenserpräsident | |
| Mahmud Abbas Ramallah treffen, dann werden vermutlich neben der humanitären | |
| Lage im Gazastreifen genau das die Themen sein. | |
| Er habe in seinem Gespräch mit dem israelischen Außenminister ganz zu | |
| Anfang nochmals unterstrichen, dass Deutschland fest an der Seite Israels | |
| steht, bei dem Ziel, nun endlich die Geiseln freizubekommen, sagt Wadephul. | |
| „Ganz klar ist: Um diesem Ziel näherzukommen, braucht es jetzt mehr als | |
| Kampfpausen. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand in Gaza. Es ist an | |
| der Zeit, diesen Krieg zu beenden.“ Das sei auch eine Botschaft dieser | |
| Reise, die zuallererst aber an die Hamas gerichtet sei. | |
| Am Freitagmorgen traf Wadephul in Jerusalem dann Angehörige israelischer | |
| Geiseln, die von der Hamas im Gazastreifen gefangen gehalten werden. „Das | |
| gestern öffentlich gewordene, schreckliche Video, auf dem die deutsche | |
| Geisel Rom Braslavski vorgeführt wird, zeigt aufs Neue die ganze | |
| Niedertracht der Geiselnehmer“, erklärte Wadephul. Seine Gedanken seien bei | |
| all den Familien, deren Liebste von Terroristen nach Gaza verschleppt | |
| wurden. „Deutschland tut weiter alles in unserer Macht stehende, um eine | |
| Befreiung der Geiseln zu erreichen“. | |
| In vielerlei Hinsicht stünden der Nahost-Friedensprozess und letztlich die | |
| ganze Region an einem „Scheideweg“, hatte der Außenminister schon am | |
| Donnerstag gesagt. Er verwies auf Diskussionen in der Europäischen Union | |
| über Sanktionen gegen Israel und auf die steigende Bereitschaft, einen | |
| palästinensischen Staat anzuerkennen. „Israel läuft Gefahr, international | |
| immer weiter isoliert zu werden. Ich sehe es als Deutschlands Aufgabe an, | |
| alles dafür zu tun, das zu verhindern.“ Auch deshalb sei er nach Israel | |
| gekommen. [2][Frankreich] und Kanada haben gerade angekündigt, Palästina | |
| als Staat anzuerkennen, Großbritannien erwägt, dies zu tun. Das wären die | |
| drei ersten G7-Staaten. | |
| Inzwischen sind nach einer neuen Umfrage auch drei Viertel der Deutschen | |
| der Meinung, die Bundesregierung mehr Druck auf Israel ausüben soll. Die | |
| Bundesregierung wird am Samstag, nach Wadephuls Rückkehr, wieder darüber | |
| beraten, wie sie mit der Lage umgehen will. In der EU wird neben einer | |
| teilweise Aussetzung des Assoziierungsabkommens unter anderem auch erwogen, | |
| die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm „Horizon Europe“ | |
| teils auf Eis zu legen. | |
| ## CSU ist gegen Sanktionen | |
| Während in der [3][SPD zunehmend eine härtere Gangart] gegen Israel | |
| gefordert wird, hat die CSU Sanktionen bereits erneut ausgeschlossen. | |
| Generalsekretär Martin Huber betonte gegenüber dem RND, der Schlüssel für | |
| ein Ende des Konflikts liege bei der Hamas – was auch in Israel auch immer | |
| wieder Teil von Wadephuls Ausführungen war. „Kritik an der israelischen | |
| Regierung ist möglich, aber Sanktionen unter Freunden auf keinen Fall“, | |
| sagte Huber. | |
| Auch Einreiseverbote für israelische Politiker, wie die Niederlande sie | |
| gerade gegen die rechtsextremen Minister Ben-Gvir und Bezalel Smotrich | |
| verhängt haben, zieht Huber nicht in Betracht: „Ich kann mir nicht | |
| vorstellen, dass wir gegenüber der demokratisch legitimierten Regierung | |
| Israels Einreiseverbote erlassen“. Eine leichte Diskussion wird das am | |
| Samstag also nicht. Aber vermutlich wird man ohnehin erst einmal abwarten, | |
| ob Israel dieses Mal das umsetzt, was es zugesagt hat. | |
| 1 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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