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# taz.de -- CDU und SPD auf Gas-Kurs: Bundesregierung will Bohrungen vor Borkum…
> Trotz anhängiger Gerichtsverfahren stimmt das Bundeskabinett der
> gemeinsamen Gasförderung mit den Niederlanden zu. Umweltschützer sind
> entsetzt.
Bild: Gasförderung des niederländischen Unternehmens One-Dyas vor Borkum
Göttingen taz | Die Bundesregierung hat am Mittwoch einem Abkommen mit den
Niederlanden zur gemeinsamen Erdgasförderung im Wattenmeer vor der
Nordsee-Insel Borkum zugestimmt. Umweltschützer reagierten mit scharfer
Kritik. Sie setzen darauf, dass laufende Gerichtsverfahren das Vorhaben
noch stoppen können.
Der Kabinettsbeschluss schafft die rechtlichen Voraussetzungen für die
Unterzeichnung des völkerrechtlichen Vertrags mit den Niederlanden. Das
sogenannte Unitarisierungsabkommen ist die Grundlage dafür, dass beide
Länder eine grenzüberschreitende Lagerstätte gemeinsam ausbeuten können.
Bevor der Vertrag in Kraft treten kann, muss der Bundestag ihn noch per
Gesetz ratifizieren. „Wir unterstützen die Niederlande bei der Förderung
aus der grenzüberschreitenden Gaslagerstätte“, sagte
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). „Das stärkt nicht nur
die Versorgungssicherheit unserer Nachbarn, sondern auch den europäischen
Gasmarkt – und damit uns.“
Über die Gasförderung vor den Inseln Schiermonnikoog und Borkum durch den
niederländischen Energiekonzern One-Dyas wird seit Jahren gestritten. Ende
März hatte One-Dyas mitgeteilt, man habe mit der Förderung begonnen –
zunächst in einer Testphase und auf niederländischem Hoheitsgebiet.
One-Dyas plant aber, von einer Bohrplattform aus auch unter dem Meeresboden
auf deutschem Gebiet Gas zu fördern. Das niedersächsische Landesamt für
Bergbau, Energie und Geologie hatte dafür 2024 eine auf 18 Jahre befristete
Genehmigung erteilt.
## Fridays for Future: Erlaubnis während Rekordhitze absurd
Der Konzern schätzt, aus dem Feld über mehrere Jahre zwischen 4,5 und 13
Milliarden Kubikmeter Gas gewinnen zu können. Dies entspräche knapp 6 bis
16 Prozent der rund 80 Milliarden Kubikmeter, die Deutschland allein im
vergangenen Jahr verbraucht hat.
„Dass die Regierung an dem Tag, an dem die extreme Hitze deutschlandweit
neue Höchstwerte erreicht, ein neues Gasfeld vor Borkum erlaubt, ist ein
schlechter Fiebertraum“, erklärte die Klimainitiative Fridays for Future.
Während überall in Europa Menschen massiv unter der extremen Hitze litten,
„treiben Merz und Reiche die Krise immer weiter voran“.
Schmelzende Straßen, verdorrte Ernten und Hitzetote seien jetzt schon
Realität in der Klimakrise. Statt Menschen zu schützen, stelle die
Bundesregierung sich an die Seite der Gaslobby.
Jede weitere Tonne fossiler Energien heize die Erderhitzung weiter an: „Ein
neues Gasfeld in der Nordsee bedeutet buchstäblich Öl ins Feuer der
Klimakrise zu gießen.“ Für den späten Mittwochabend kündigte Fridays for
Future eine Demonstration vor dem Bundeswirtschaftsministerium an.
## Verfahren gegen Förderung laufen noch
„Union und SPD wollen politische Realitäten schaffen – trotz unseres
laufenden Gerichtsverfahrens gegen Gasbohrungen vor Borkum“, sagte Sascha
Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die
Bundesregierung versuche damit offenbar, Druck auf die zuständigen Gerichte
und Genehmigungsbehörden auszuüben.
Ein Bündnis von Umweltschutzorganisationen um die DUH und die Stadt Borkum
klagt vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht VG gegen die
Gasförderung. Sie fürchten Umweltschäden für das Unesco-Weltnaturerbe
Wattenmeer.
Auch in den Niederlanden sind Prozesse anhängig. Müller-Kraenner zeigte
sich „zuversichtlich, dass die Gerichte in Niedersachsen und den
Niederlanden ihre Entscheidungen weiterhin unabhängig treffen und geltendes
Umweltrecht durchsetzen“.
In der Vorgängerregierung hatte der damalige Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) das Projekt gebremst. Er erklärte noch im August
2024, vor einer Unterzeichnung die Gerichtsurteile abwarten zu wollen. Die
Grünen lehnen das Vorhaben weiter ab.
„Deutschland braucht die Gasbohrungen vor Borkum nicht“, so die
niedersächsische Landtagsabgeordnete Britta Kellermann. Ohne Not und noch
bevor wichtige Gerichtsurteile gefällt seien, opfere die Bundesregierung
das Wattenmeer dem Gewinnstreben fossiler Energiekonzerne: „Das ist
unverantwortlich und ein fatales Signal.“
2 Jul 2025
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Erdgas
Gasförderung
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