| # taz.de -- Gesetz zu Energieeffizienz: Die Hitze von Rechenzentren nutzen | |
| > Betreiber von Datencentern müssen künftig die riesigen Abwärmemengen | |
| > besser nutzen. Dafür braucht es auch eine bessere kommunale Wärmeplanung. | |
| Bild: Da fällt viel Abwärme an: Netzwerkkabel im Rechenzentrum | |
| Freiburg taz | Die Rechenzentren in Deutschland verbrauchen aktuell etwa 20 | |
| Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr – ein Anteil von vier Prozent am | |
| gesamten Stromverbrauch. Für die Jahre bis 2045 rechnen die | |
| Übertragungsnetzbetreiber mit einem Anstieg auf bis zu 88 Milliarden. Weil | |
| damit sogar der heutige Verbrauch der Stahlindustrie deutlich übertroffen | |
| wäre, hat der Gesetzgeber die Digitalbranche im Jahr 2023 mit dem | |
| [1][Energieeffizienzgesetz] explizit in die Pflicht genommen – etwa indem | |
| Abwärme genutzt werden muss. Doch die Vorschriften sind in der Praxis oft | |
| schwer umzusetzen, weil es an einer übergeordneten Raumplanung fehlt. | |
| Betreiber von Rechenzentren sind künftig verpflichtet, die [2][entstehende | |
| Abwärme zu einem Teil zu nutzen]. Ab Mitte kommenden Jahres müssen neue | |
| Rechenzentren mindestens zehn Prozent der eingesetzten Strommenge in Form | |
| von Abwärme nutzbar machen. In zwei Schritten steigt dieser Wert bis Mitte | |
| 2028 auf 20 Prozent. | |
| Das aber sei ein unrealistischer Wert, sagt Kilian Wagner, Bereichsleiter | |
| für nachhaltige digitale Infrastrukturen beim Digitalverband Bitkom: „Oft | |
| brauchen die Abnehmer im Sommer keine Wärme, dann ist der Wert von 20 | |
| Prozent über das Jahr manchmal gar nicht mehr zu erreichen.“ Für die | |
| Rechenzentren ist es mitunter einfacher, wenn vor Ort niemand Interesse an | |
| der Wärme hat, weil die Pflicht zur Nutzung dann nämlich entfällt – was | |
| freilich nicht im Sinne der Energieeffizienz ist. | |
| Folglich ist die Standortwahl für die Energieeffizienz enorm wichtig. | |
| Werner Neumann, Energieexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) | |
| in Hessen – im Rhein-Main-Gebiet befindet sich Europas größter | |
| Internetknotenpunkt – fordert nun, dass Rechenzentren nur noch genehmigt | |
| werden dürfen, wenn auch die Abwärme genutzt wird. Die Standorte müssten | |
| entsprechend im Landesentwicklungsplan sowie in den Regionalplänen | |
| verankert werden. Zudem sei die Stadtplanung gefordert, Rechenzentren als | |
| Wärmequelle bei der [3][kommunalen Wärmeplanung] zu berücksichtigen. | |
| ## Wärmenutzung bleibt auf der Strecke | |
| Eine solche ganzheitliche Planung unterstützt auch die Deutsche | |
| Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff): „Es mangelt häufig daran, | |
| dass Rechenzentren nicht in die kommunale Wärmeplanung integriert werden“, | |
| sagt deren geschäftsführender Vorstand Christian Noll. | |
| Auch der Digitalverband Bitkom könnte sich mit einer übergeordneten | |
| Standortplanung für Rechenzentren anfreunden: „Frankreich hat 30 Standorte | |
| im Land für Rechenzentren ausgewiesen, solche Planung wäre auch für | |
| Deutschland ein guter Ansatz“, sagt Nachhaltigkeitsexperte Wagner. Die | |
| Rechenzentren seien nämlich in der Regel sogar sehr interessiert daran, | |
| ihre Abwärme abzugeben. | |
| Doch weil die Standortwahl sich primär an anderen Faktoren orientiert, | |
| bleibt die Wärmenutzung mitunter auf der Strecke. Vor allem brauchen große | |
| Rechenzentren hohe elektrische Anschlussleistungen. Aktuell gibt es in | |
| Deutschland mehr als 100 Datencenter mit jeweils mehr als fünf Megawatt | |
| Leistung – und die Ansprüche steigen rapide. Bedingt durch die Entwicklung | |
| der Künstlichen Intelligenz sind Anlagen mit bis zu 50 Megawatt geplant und | |
| solche bis 100 Megawatt angekündigt. Da fällt zwangsläufig viel Abwärme an. | |
| Ein weiteres Hemmnis: Fossile Energieträger seien derzeit häufig noch | |
| günstiger als die Abwärme der Rechenzentren, heißt es beim Bitkom. Die | |
| Abwärme liegt typischerweise bei nur rund 30 Grad Celsius – meist zu | |
| niedrig, um sie ohne weiteres direkt zu nutzen. Eine zusätzliche Wärmepumpe | |
| ist daher erforderlich. Mit steigenden CO₂-Preisen dürfte sich der Einsatz | |
| aber zunehmend lohnen, sagt Wagner. | |
| ## Technisch aufrüsten | |
| Einfacher als die Anforderungen an die Wärmenutzung sind die | |
| Effizienzvorgaben beim Stromverbrauch zu erfüllen – im Gesetz als | |
| „Energieverbrauchseffektivität“ bezeichnet. Ab Mitte 2026 müssen neue | |
| Rechenzentren einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von 1,2 erreichen. | |
| Dieser bezeichnet das Verhältnis zwischen dem Gesamtstromverbrauch des | |
| Rechenzentrums und dem Strom, den alleine die IT benötigt. | |
| Bestehende Rechenzentren müssen bis 2030 auf einen Wert von 1,3 kommen. | |
| Aktuell beziffert Bitkom den mittleren Wert im Bestand noch auf 1,48, daher | |
| werden zahlreiche ältere Einrichtungen technisch nachrüsten müssen. | |
| Im Wärmesektor könnte es deutliche Fortschritte geben, würden statt der | |
| derzeit noch vorherrschenden Luftkühlung die Server künftig auf | |
| Wasserkühlung umstellen. Damit würde sich nutzbare Wärme auf einem deutlich | |
| günstigeren Temperaturniveau von rund 50 Grad auskoppeln lassen. Bisher | |
| geschieht das nur selten, weil es aufwendig ist. | |
| Somit hat die Energieeffizienz von Rechenzentren noch viel Luft nach oben | |
| und die Fortschritte sind zäh. Deneff-Vorstand Noll kann der aktuellen | |
| Situation gleichwohl Positives abgewinnen: „Die Diskussion darüber hat | |
| Fahrt aufgenommen.“ | |
| 13 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Vertagtes-Energieeffizienzgesetz/!5943383 | |
| [2] /Abwaermenutzung-aus-Rechenzentren/!6076379 | |
| [3] /Waermeplanung-in-Schleswig-Holstein/!6071706 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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