# taz.de -- Pläne für Datenzentren in Spanien: Der Durst der KI | |
> Amazon, Meta und Google wollen im spanischen Aragonien Rechenzentren | |
> bauen. Dort gibt es Platz und Erneuerbare Energien – aber zu wenig | |
> Wasser. | |
Bild: Aragonien: viel Wind, wenig Wasser | |
Madrid taz | Die [1][spanische Region Aragonien] wird bald schon das | |
„Virginia Europas“ sein. Das verspricht der Chef der regionalen | |
Koalitionsregierung aus der konservativen Partido Popular (PP) und der | |
rechtsextremen VOX, Jorge Antonio Azcón. Auf dem dünn besiedelten Land | |
sollen – ganz wie im US-amerikanischen Osten – riesige Datenzentren | |
entstehen. | |
Amazon unterhält bereits drei Rechenzentren und will jetzt ein weiteres | |
errichten. Der US-amerikanische Multi verspricht Investitionen in Höhe von | |
15,7 Milliarden Euro. Microsoft zieht es ebenfalls mit knapp 2 Milliarden | |
Euro in die Region, die vom Zentrum Spaniens bis an die Pyrenäengrenze zu | |
Frankreich reicht. Und Facebook-, Whatsapp- und Instagram-Eigner Meta | |
meldet ebenso Interesse an wie Google, IBM und Oracle. | |
23 große Rechenzentren bestehen bereits in Spanien. Bis 2026 soll die | |
installierte Leistung um 371 Prozent zunehmen. Der Großteil davon in | |
Aragonien. „Aragonien wird das neuralgische Zentrum der Datenverarbeitung | |
in Spanien und ein Bezugspunkt für ganz Europa sein“, sagte Azcón kürzlich | |
auf einer Tagung. | |
Aragonien habe alles zu bieten, was die großen Datenanlagen und Zentren | |
[2][für Künstliche Intelligenz] brauchen: riesige, preisgünstige | |
Freiflächen für mehrere Hektar große Zentren und erneuerbare Energie dafür | |
aus Wind und Sonne, wie sonst kaum eine Region in Europa. | |
## Knotenpunkt für Überseeverbindungen | |
Und vor allem liegt der Süden Aragoniens an den großen | |
Glasfaserverbindungen zwischen den Ballungsgebieten der Iberischen | |
Halbinsel, Barcelona, Madrid, Bilbao und Lissabon. Und mehr noch, Spanien | |
ist Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Internetleitungen von Europa nach | |
Afrika und Lateinamerika geht. | |
Eins allerdings ist hier rar, auch wenn Regierungschef Azcón dies nicht | |
wahrhaben will: Wasser. „Und genau das ist in riesigen Mengen zur Kühlung | |
der Datenzentren notwendig“, sagt Aurora Gómez, die Sprecherin der | |
Initiative TuNubeSecaMiRío (Deine Cloud trocknet meinen Fluss aus). | |
Hier liegt das eigentliche Problem des Ausbaus der Rechenzentren und | |
Clouddienste. Die Niederschlagsmenge in Spanien ging zwischen 1991 und 2020 | |
um 17,1 Prozent zurück. 14,6 Prozent des Landes [3][befinden sich aktuell | |
im Wassernotstand, ein weiteres Viertel ist in Alarmbereitschaft]. Ein | |
Großteil Aragoniens ist von jeher besonders trocken. Ein Teil ist gar | |
Wüste. | |
## Vorwurf: Wilder Westen | |
Gómez und ihre Gruppe stammen aus der Bewegung der Hacker und der | |
Verfechter freier Software, jetzt widmen sie sich der Frage, was für | |
Auswirkungen die immer größere Infrastruktur für das virtuelle Leben im | |
Netz auf das reale Leben hat. „Die Unternehmen machen keine genauen Angaben | |
über den tatsächlichen Wasserverbrauch“, beschwert sich Gómez. Zumindest in | |
Spanien nicht. | |
Nur in einem Fall hat die spanische Presse erfolgreich recherchiert, bei | |
einem geplanten Datenzentrum von Meta nahe der zentralspanischen Stadt | |
Talavera. Sobald das Zentrum in Betrieb ist, werden mindestens acht Prozent | |
des Trinkwassers der Region zur Kühlung der Rechner gebraucht. „Es ist wie | |
im Wilden Westen. Sie suchen arme Regionen und versprechen Arbeitsplätze, | |
um die natürlichen Ressourcen ausbeuten zu können“, sagt Gómez und wirft | |
den Unternehmen „koloniales Denken“ vor. | |
„Die Unternehmen verheimlichen die Zahlen zum Wasserverbrauch, da sie | |
wissen, dass dies politische Diskussionen auslösen und zu Regulierung | |
führen könnte“, sagt Ana Valdivia, Professorin am Oxford Internet | |
Institute. Sie untersucht die Auswirkung der Zentren für Künstliche | |
Intelligenz auf die Umwelt. Das Ergebnis: Die Rechenzentren für KI | |
benötigen noch mehr Wasser als die für herkömmliche Dienste. | |
Normale [4][Rechenzentren der großen Technologieunternehmen verbrauchen | |
demnach rund 25 Millionen Liter Wasser pro Jahr], die neuen Großzentren bis | |
zu 600 Millionen Liter. Letzteres entspricht dem Verbrauch von 13.000 | |
spanischen Haushalten. In den USA ist die Datenbranche unter den zehn | |
Industrien mit dem höchsten Wasserverbrauch. Meist kommt für die Kühlung | |
Trinkwasser zum Einsatz, da die Aufbereitung von Brauchwasser die | |
Betriebskosten in die Höhe treiben würde. | |
„Das Wasser für die Datenindustrie fehlt dann anderswo“, sagt Gómez. Góm… | |
und Co schauen genau dorthin, wo Azcón hin möchte, nach Virginia. Dort ist | |
Wasser so knapp, dass die Behörden überlegen, wie sie gebrauchtes Wasser | |
wieder zu Trinkwasser aufbereiten können. | |
1 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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