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# taz.de -- Schwarz-Rot und das Richterdebakel: Was, wenn der Riss viel zu tief…
> Egal ob das Richterdebakel Unfall oder Absicht war, Spahn muss weg. Das
> entscheidende Problem zwischen Schwarz-Rot wäre damit trotzdem nicht
> gelöst.
Bild: Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn ist entweder inkompetent oder er …
Das Richter*innenwahldesaster ist angerichtet, und die schwarz-rote
Koalition, die alles besser machen wollte als die Streitampel, steht wenige
Monate nach den Bundestagswahlen zerstritten vor einem Scherbenhaufen.
Während die einen noch mit (berechtigten) Vorwürfen und
Rücktrittsforderungen gegen den CDU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn um
sich schmeißen, bemühen sich andere schon darum, die Scherben wieder
aufzusammeln und das Mitte-Zwangsprojekt Schwarz-Rot irgendwie noch
zusammenzukitten. Aber was nur, wenn die Risse viel zu tief liegen, um sie
einfach mit etwas Sekundenkleber zu flicken?
Das Scheitern der Wahl lässt sich auf zwei Arten erklären. Entweder war es
tatsächlich ein Unfall. Spahn hatte unterschätzt, wie groß die Opposition
gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf in seiner eigenen
Fraktion ist, begriff es erst am Freitag und musste das Votum kurzfristig
absagen. Er wäre also ein Stümper, der die wichtigste Aufgabe seines Amts
nicht beherrscht. Dafür spricht: Es ist kaum vorstellbar, dass er sich
freiwillig einer solch großen und, für seine ohnehin umstrittene Position,
riskanten Blamage aussetzt. Dagegen spricht: Jens Spahn ist ein erfahrener
Parlamentarier, der seit 2002 den Bundestag von innen kennt. Dass die von
[1][AfD, Nius und Co betriebene Hetzkampagne gegen Brosius-Gersdorf] die
Zustimmung in seiner Fraktion zum Kippen bringt, hätte er wissen müssen –
aber er hat trotzdem nicht gehandelt.
Hier also die zweite Erklärung: Spahn hat das Desaster passieren lassen, um
sich vom linksliberalen Lager abzugrenzen. Oder, das wäre der schlimmste
Fall, um bewusst die Koalition zu torpedieren. Nicht wenige sagen ihm nach,
auf die nächste Kanzlerschaft mit schwarz-blauer Koalition zu schielen.
## Die Brandmauer kaschiert den entscheidenden Riss
Sicher lässt sich nicht sagen, welche Variante nun stimmt. Das Debakel
konfrontiert uns aber mit einem viel grundsätzlicheren Problem, das mit
einem – überfälligen – Rücktritt Spahns nicht gelöst wäre: In
entscheidenden Punkten sind sich CDU und AfD viel näher als Schwarz-Rot.
Sei es in der Migrationsfrage, der Sozial- und Verteilungspolitik oder eben
i[2][n Sachen Grundrechte für Frauen, queere Menschen und
Rassismusbetroffene].
Der Vorfall bestätigte lediglich eine Entwicklung, die sich schon beim
gemeinsamen Votum von AfD und CDU im Februar zeigte: dass die Brandmauer
den entscheidenden politischen Riss – zwischen denen, die an einer durch
das Grundgesetz geleiteten und liberalen Ordnung festhalten, und denen, die
an ihr vorbeiregieren wollen – nur künstlich kaschiert.
Will die CDU wirklich das Mittekonstrukt aufrechterhalten, muss die
Unionsspitze nicht nur kurzfristig ihre Fraktion in den Griff kriegen,
sondern sich langfristig dem Mitte-links-Lager annähern. Passiert das
nicht, gibt es bei der nächsten Wahl wohl nur zwei Optionen: Schwarz-Blau
oder, deutlich unwahrscheinlicher, Rot-Rot-Grün.
13 Jul 2025
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## AUTOREN
Pauline Jäckels
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