# taz.de -- „Superman“: Berufswunsch Weltretter | |
> Der neue „Superman“-Film verspricht eine Rückkehr in gute alte Zeiten. | |
> James Gunns nostalgisches Update gelingt am besten, wenn er am albernsten | |
> ist. | |
Bild: Oh Superman: David Corenswet als Supie | |
Die Erwartungen sind hoch. Dieser „Superman“ soll nicht nur als Film dieses | |
Sommers erfolgreich sein. Auf ihn gründen sich die Hoffnungen für ein neues | |
Franchise, ja mehr noch: ein ganzes Franchise-Universum. | |
Nachdem das „Marvel Cinematic Universe“ seine besten Zeiten hinter sich zu | |
haben scheint und der Konkurrenzentwurf eines „DCEU“ (DC Extended Universe) | |
mit Henry Cavill als „Man of Steel“ und Ben Affleck als Batman als | |
gescheitert gilt, soll „Superman“ den Grundstein legen für eine neue, | |
besser gesagt grundüberholte Filmwelt (nun einfach „DCU“ genannt). In der | |
werden dann nach bewährtem Rezept die einschlägigen Superhelden in | |
wechselnden Konstellationen die Welt retten und Abenteuer bestehen, was | |
über Kontinente und Jahre hinweg die Massen in die Kinos ziehen wird. So | |
der Plan. | |
Wenn jemand den Körperbau für eine solche Erwartungslast hat, dann ja wohl | |
Superman. In diesem Zusammenhang fällt gleich schon auf, dass nicht nur der | |
Titel, der erstaunlicherweise ohne Beigabe wie „Neubeginn“ oder gar | |
„Morgenrot“ auskommt, eine schlanke Ansage macht, sondern dass auch | |
Schauspieler David Corenswet etwas weniger „swole“, soll heißen | |
muskelbepackt, dasteht als die letzten Jahre üblich für Helden seiner Art. | |
Was in unseren Zeiten, in denen die Männer der „manosphere“ sich in ihren | |
Fitnessräumen gegen „wokeness“ in Stellung bringen, schon einer politischen | |
Aussage gleichkommt. Damit ist auch bereits ein Hauptdilemma des Films | |
berührt. Eigentlich will dieser verschlankte „Superman“ eine Rückkehr in | |
gute alte Zeiten markieren, in jenes rosige Früher, als Superfilme noch | |
angeblich „einfach Spaß machten“ und nicht so aufgeladen waren mit | |
Bedeutung beziehungsweise Verkaufsstrategien. Aber der Zeitgeist, das | |
lästige Wesen, er schlecht sich auch da ein, wo man ihn eigentlich gar | |
nicht haben will. | |
Zu anderen Zeiten hätte man den Aufruhr vielleicht sogar genossen, den | |
James Gunn im Vorfeld der Premiere mit seiner Bemerkung auslöste, | |
„Superman“ sei die „Geschichte von Amerika … die Story eines Immigrante… | |
Gunn soll als Produzent das neue DCU verantworten und hat bei „Superman“ | |
selbst die Regie übernommen. Bei der Premiere sah er sich ob der | |
einschlägigen Vorwürfe, Superman sei jetzt wohl „superwoke“, regelrecht in | |
die Defensive gedrängt. Es sei ein Film für jedermann, verteidigte er sein | |
Projekt, und Ko-Star Nathan Fillion, der im Film als „Green Lantern“ | |
Superman zur Hilfe eilt, versuchte mit dem Hinweis zu beruhigen: „It's just | |
a movie“. | |
## Superhund Krypto hilft dem Helden | |
Für „just a movie“ wäre James Gunn eigentlich genau der richtige Kandidat. | |
Schließlich ist er der Mann, der mit „Guardians of the Galaxy“ am längsten | |
den „Fun“ im Marvel-Universum wach halten konnte. Sein „claim to fame“ | |
besteht darin, einem hölzernen Darsteller wie Chris Pratt mit der Rolle des | |
nerdigen „Starlord“ zu Superstar-Status verholfen zu haben. Ganz zu | |
schweigen vom nicht geringen Inszenierungstalent, das dazu gehört, aus | |
einem richtigen Holzstab beziehungsweise Baumstamm mit nur einer einzigen | |
Dialogzeile – „I am Groot“, im Original von Vin Diesel eingesprochen – | |
einen absoluten Publikumsfavoriten zu machen. | |
Aber nichts mehr ist heutzutage eben „just a movie“. Zuerst versucht es | |
„Superman“: Alles scheint gestrafft, bereinigt, aufs Wesentliche reduziert. | |
Statt der hinlänglich bekannten Background-Story vom Alien-Baby, das in | |
Smallville, Kansas bei den gutmütigen Adoptiveltern Jonathan und Martha | |
Kent aufwächst, präsentiert der Film seine Fakten in kurzen | |
Schrifteinblendungen zu Beginn. Den Erklärungen, was vor 300, vor 30 und | |
vor 3 Jahren passierte, folgt schließlich der ungewöhnliche Hinweis, dass | |
Superman vor 3 Minuten seine erste Niederlage erlitten habe. | |
Da liegt er dann, der geschlagene, tatsächlich physisch verletzte Held, | |
und pfeift seinen „Superhund“ Krypto herbei. Perfekt ausgestattet mit | |
rotem Cape kommt dieser schwanzwedelnd in Gestalt eines weißen | |
Terriermischlings daher, und man hat eine Ahnung, wer der Publikumsfavorit | |
dieses Films sein wird. | |
## Fast eine flotte Romcom | |
Die neue Superman-Welt ist in vielem ganz die alte: In seiner arktischen | |
„Festung der Einsamkeit“ lässt sich Superman von freundlichen Robotern den | |
Körper restaurieren, bevor es schließlich zurück nach Metropolis in die | |
Räume des „Daily Planet“ geht, die noch ganz in der Art von „His Girl | |
Friday“ gestaltet sind, nur dass die Schreibmaschinen fehlen. | |
Dort verwandelt sich „Superman“ fast zur flotten Romcom, wenn der | |
Sportredakteur Steve Lombard (Beck Bennett) Clark Kent für sein gefühlloses | |
Schreiben aufzieht und Clark sich mit Kollegin Lois (Rachel Bosnahan) auf | |
eine Weise angiftet, die ein ausführliches „Will-they-won’t-they“ in | |
Aussicht stellt. Aber dann liegen sich die beiden in der nächsten Szene in | |
Lois’ Apartment auch schon in den Armen und es wird klar, dass Lois über | |
Clarks Geheimidentität längst im Bilde ist. | |
Aus dem Traum von „Superman“ als Romcom wird also nichts. Dennoch gehören | |
die Beziehungsszenen mit Clark und Lois zu den Höhepunkten dieses Films, | |
allein schon weil die beiden Schauspieler glaubhaft vermitteln, dass ihre | |
Figuren sich zueinander hingezogen fühlen – und das einmal nicht auf diese | |
gequälte Weise, mit der sexuelle Anziehung im Kino sonst oft signalisiert | |
wird. | |
Obwohl schnell deutlich wird, dass Lois selbstverständlich die bessere | |
Journalistin ist und der gutmütige Clark ihr intellektuell nicht ganz das | |
Wasser reichen kann, strahlen die beiden beim Zusammensein eine | |
Überschwänglichkeit und Ausgelassenheit aus, die man im Superheldengenre | |
schon lange nicht mehr gesehen hat. | |
## Bösewicht und Zeitgeist | |
Aber dann kommt leider der eigentliche Plot ins Spiel und mit ihm der | |
Bösewicht und eben der Zeitgeist. Natürlich ist Lex Luthor (ein | |
glatzköpfiger Nicholas Hoult) heutzutage [1][ein Tech-Milliardär, der über | |
unbegrenzte Ressourcen verfügt], aber immer noch mehr will. Einer, der | |
nicht nur sein eigenes „Taschenuniversum“ als Strafkolonie für Feinde und | |
abgelegte Exfreundinnen führt, sondern diverse Kriege schürt und die Medien | |
beeinflusst, das volle Programm eben. Was ihn antreibt, scheint jedoch | |
nicht der Traum von der Weltherrschaft zu sein, wie es sich für | |
Genre-Bösewichte eigentlich gehört, sondern der Neid auf Superman. | |
Die armen Bevölkerungen von Boravia und Jorharpur, der beiden | |
Fantasieländer, in deren Krieg sich Superman und Luthor einmischen, wissen | |
davon leider nichts. In Boravia herrscht ein Autokrat namens Vasil Ghurkos, | |
verkörpert von [2][Zlatko Buric („Triangle of Sadness“)], der die Rolle des | |
unangenehmen osteuropäischen Oligarchen inzwischen im Schlaf beherrscht. | |
Über Jorharpurs Regierungsform erfährt man nichts. Repräsentiert wird es | |
vor allem durch einen kleinen Jungen, der sich dem Einmarsch Boravias in | |
sein Land entgegenstellt und dabei nach Superman ruft. | |
Denn das ist und bleibt die eigentliche Stärke von Superman: die Rettung | |
der Einzelnen. Wieder und wieder inszeniert Gunn, wie Superman im Chaos der | |
einstürzenden Brücken, der fallenden Autos und zutretenden Monster das eine | |
Mädchen, die eine Frau, und einmal sogar das eine Eichhörnchen rettet. | |
Die globalen Konflikte – sie sind eben doch nicht Supermans Sache, scheint | |
der Film zu suggerieren. Er funktioniert jedenfalls immer dann am besten, | |
wenn es ein bisschen albern zugeht. Für einen kurzen Ausflug in den wahren | |
Ernst, in dem Superman seine „Menschlichkeit“ trotz fremder Herkunft | |
verteidigt, ist man trotzdem dankbar. | |
9 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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