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# taz.de -- „Yps“ feiert Geburtstag: Der Trick mit dem Gimmick
> Urzeitkrebse und Katapulte: Als „Yps“ 1975 das erste Mal am Kiosk lag,
> war es ein Novum im Magazinbereich. Zum 50. Jubiläum gibts eine neue
> Ausgabe.
Bild: Bunt und voller Männer: „Yps: Forever Kult!“
Gimmick, das war das Zauberwort. Als am 4. September 1975 das erste
Yps-Comic „mit Gimmick“ auf den Markt kam, war ich gerade einmal sechs
Jahre alt und meine Einschulung lag erst wenige Wochen zurück. Schnell
lernte ich lesen und genauso schnell investierte ich mein wöchentliches
Taschengeld von 1,50 Mark in Comic-Hefte. Sehr zum Missfallen meiner Mutter
übrigens, die diese Art von Lektüre als „Schund“ bezeichnete. Ich hingegen
verschlang Comics geradezu und das Yps-Heft stand schon früh im Fokus
meines Interesses.
Es war – anders als alle anderen Comics und Zeitschriften – in dünne Folie
verpackt, weil es mit einer Beigabe kam, dem besagten „Gimmick“ nämlich.
Das Wort selber hatte ich noch nie gehört. Laut Duden ist ein Gimmick
„etwas möglichst Ungewöhnliches, Auffallendes, was die Aufmerksamkeit auf
ein bestimmtes Produkt, auf eine wichtige Aussage der Werbung für ein
Produkt lenkt; ein Werbegag“. Auch ohne diese Erklärung war mir als Kind
klar, dass es hier um etwas ganz Besonderes ging. Denn dass man zu einem
Comic etwas dazubekam, war ein absolutes Novum, das kein anderes
Comic-Heft, keine Zeitschrift für Erwachsene bot. Preislich lag Yps
deswegen über den anderen Heften. Und sprengte mein Taschengeldbudget. Nur
sehr selten ließ sich mein Vater breitschlagen, mir beim gemeinsamen
Supermarktbesuch ein Heft zu spendieren. Die meisten las ich im Wartezimmer
meines Kieferorthopäden, der mehrmals pro Jahr meine Zahnspange
kontrollierte. Auf kleinen Tischen stapelten sich dort die Comics,
inklusive Yps-Hefte. Ich hätte Stunden in diesem Wartezimmer verbringen
können.
Fast ein viertel Jahrhundert gab es die Yps. Doch spätestens mit der
Jahrtausendwende änderten sich die Kinderinteressen und wie so viele andere
Printmagazine verschwand auch Yps aus den Zeitschriftenregalen. Im
Oktober 2000 erschien die letzte reguläre Ausgabe – drei Tage vor dem 25.
Jubiläum.
## Ein bisschen Kindheit zurückholen
Doch jetzt, zum 50. Jubiläum, ist Yps zurück, mit dem Extra-Heft „Forever
Kult“, das in die Popkultur der 1970er- und 80er-Jahre entführt. Es wird
zusammen mit dem Jubiläumsheft Nr. 1284 im Originalformat und -design
verkauft, das alles enthält, was ein gutes Comic-Heftchen früher ausmachte:
verschiedene Geschichten wie die um das „Yps-Fernseh-Team Ynni+Yan“, „Pif
und Herkules“ und „Ben’s Bande“, sowie ein paar Seiten mit Rätseln,
Knobeleien und Witzen. Darunter solche Kracher wie „Papa, ich werde
Anglistik studieren!“. „Aber du magst doch gar keinen Fisch.“ Spätestens
damit sollte die Zielgruppe klar sein: Ü50-Erwachsene, die sich mit den 48
bunten Seiten ein bisschen Kindheit zurückholen wollen.
Heute könnten die meisten Kinder vermutlich weder mit den wirklich nicht
witzigen Witzen etwas anfangen, noch mit den recht simpel gestrickten
Bildergeschichten. Vor 50 Jahren war das definitiv anders. Comic-Hefte gab
es am Zeitungskiosk, im Tabakladen und im Supermarkt. Sie kosteten wenig,
förderten die Freude am Leben und boten Abwechslung in einer Zeit, als das
Fernsehen auf zwei Kanälen nur wenige Kindersendungen zeigte und man sich
ansonsten mit Basteln, Spielen und Hörspielkassetten die Zeit vertrieb.
Wenn man nicht gerade Hausaufgaben zu erledigen hatte. Oder mit den
Freunden draußen herumtobte.
Comic-Hefte gab es in der Bundesrepublik bereits kurz nach Kriegsende, wie
man in „Forever Kult“ nachlesen kann. Den Anfang machte 1951 Walt Disneys
„Micky Maus“ im frisch gegründeten Ehapa-Verlag. Es folgten andere Verlage
und Comics, bereits zwei Jahre später etwa das deutsche Pendant „Fix und
Foxi“. In den 1960er-Jahren kamen Comics mit Wildwestthematik wie „Lasso“,
„Silberpfeil. Der junge Häuptling“ und „Bessy“ dazu, später dann „S…
oder „Roter Blitz“. Der Ehapa-Verlag heißt heute Egmont Ehapa Media, ist
Marktführer bei den Kinder- und Jugendzeitschriften – und verlegt auch Yps.
## Nur die männliche Leserschaft ist mitgedacht
Was Yps von all den anderen Heften unterschied, war nicht nur der höhere
Preis, sondern eben das „Gimmick“. Vorbild für dieses Konzept war ein
französisches Magazin, das bereits seit 1969 erschien und durch eine
Beilage aufgewertet wurde: PifGadget. Zwar hatte es auch in Deutschland
bereits vereinzelt Beilagen zu Heften gegeben, doch dass ein Magazin
vollständig darauf ausgerichtet war, war in Deutschland etwas gänzlich
Neues. Der Hamburger Verlag Gruner + Jahr erwarb von dem französischen
Herausgeber Édition Vaillant die Lizenz für das Konzept und damit auch
gleich den Zugriff auf jede Menge guter Comics.
Eine aus der Yps-Anfangsmannschaft ist die Redakteurin Hannelore
Müller-Scherz. Sie hatte zuvor bereits beim Magazin Eltern von Gruner +
Jahr eine Kinderbeilage konzipiert und dafür auch Comics akquiriert. Mit
diesem Vorwissen kam sie zur neuen Yps-Redaktion um Chefredakteur Norbert
Hinze. Und schon bald reiste Hannelore Müller-Scherz „nach Belgien, Paris
und Madrid“, um „Comics im großen Stil zu besorgen“, wie es in „Forever
Kult“ heißt. Auch das trug sicher zur Popularität der Hefte bei. Trotz der
Bedeutung von Müller-Scherz, einer Frau: „Yps: Forever Kult“ enthält nur
einen Artikel über sie und einen über die legendäre Hörspielproduzentin
Heikedine Körting. All die anderen Texte sind von oder über Männer. Eine
Presseanfrage bestätigt, was ich schon damals vermutete, nämlich „dass die
Leserschaft des Yps-Magazins seit seinen Anfängen zum größeren Teil
männlich war und bis heute ist.“ Ich war nicht mitgedacht. Doch die
„Gratis-Geschenke“ reizten mich als Grundschülerin trotzdem genug, um die
Hefte haben zu wollen.
Da gab es Urzeitkrebse zum Selberzüchten, ein Schleuderkatapult oder eine
ominöse „Wunder-Schrumpffolie mit Spezial-Malstift“. Ich hatte keine
Ahnung, was das war, aber es klang aufregend, unbekannt, neu. Und deshalb
wollte ich es haben. Mein absolutes Highlight war allerdings das „Handbuch
für das große Abenteuer“ aus Heft Nr. 195. „Alles für das
Überlebens-Training unter freiem Himmel“ versprach das kleine neongrüne
Buch mit altmodischen Schwarz-Weiß-Zeichnungen. Ich lernte es auswendig und
überredete schließlich meine Eltern dazu, mein neues Wissen auch in echt
ausprobieren zu können.
Mit Zelt und Schlafsack, einem Kochtopf und Streichhölzern campierte ich
mehrere Tage und Nächte in einem privaten Waldgrundstück in der
Nachbarschaft, übte Feuermachen und Knoten, Fährtenlesen und
Wetterbeobachtung. Kurz darauf trat ich den Pfadfindern bei, bei denen ich
bis zum Abitur aktiv war. Comics und Graphic Novels lese ich bis heute
gerne.
1 Sep 2025
## AUTOREN
Gaby Coldewey
## TAGS
Magazin
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Französischer Comic
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