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# taz.de -- Petitionsplattform innn.it: Haltung statt Gemeinnützigkeit
> Als Reaktion auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs verzichtet die
> Petitionsplattform innn.it auf ihre Steuerbegünstigung.
Bild: Die innnt.it-Petition für ein AfD-Verbot wurde über 1,1 Millionen Mal u…
Freiburg taz | Nach fünfjährigem Rechtsstreit gibt die Plattform innn.it
entnervt auf und verzichtet auf die Gemeinnützigkeit. Sie reagiert damit
auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom Dezember, das von ihr Neutralität
einforderte. Innn.it will aber lieber Haltung zeigen, als neutral zu sein.
„Petitionen mit Wirkung“ verspricht die Plattform innn.it.
Erfolgversprechende Petitionen werden von einem Team um Gründer und
Vorstand Gregor Hackmack betreut und in Kampagnen umgesetzt. Auch
direkt-demokratische Bürgerbegehren sollen daraus entstehen. Bis 2022
gehörte innn.it zum globalen Netzwerk change.org, seitdem ist man
selbständig.
Im Jahr 2023 wurden 246 Petitionen unterstützt, am bekanntesten ist die
Petition „Prüft ein AfD-Verbot“, die über 1,1 Millionen Mal unterzeichnet
wurde. Doch schon seit 2021 gibt es Streit um die Gemeinnützigkeit der
Plattform. Weil sie auch Petitionen gegen private Unternehmen unterstützte,
sah das Finanzamt Berlin den Gemeinnützigkeitszweck „Förderung des
demokratischen Staatswesens“ nicht mehr erfüllt.
Dagegen klagte der Petitionsverein und hatte beim Finanzgericht Cottbus im
November 2023 zunächst auch Erfolg. Die Plattform fördere „demokratische
Teilhabe“, so die Richter:innen. Der Begriff des „demokratischen
Staatswesens“ dürfe nicht zu eng ausgelegt werden.
## Zu früh gefreut – Revision erfolgreich
Allerdings ging das Finanzamt mit Erfolg in Revision. Der Bundesfinanzhof
(BFH) in München, das höchste deutsche Finanzgericht, hob im Dezember das
Cottbusser Urteil auf und verlangte eine neue Entscheidung der ersten
Instanz. Die Begründung hierfür wurde erst im Mai nachgereicht. [1][(Az.:
VR 28/23)]
So will der BFH Petitionen zu nicht-staatlichen Sachverhalten nur
akzeptieren, wenn sie auch Gegenstand einer parlamentarischen Befassung
sein könnten. Damit hätte innn.it wohl leben können, auch wenn
Boykottaufrufe gegen private Unternehmen dann nicht mehr möglich gewesen
wären.
Viel problematischer findet Gregor Hackmack jedoch, dass der BFH von
innn.it auch strenge Neutralität verlangt. Praktisch würde dies bedeuten,
dass auf innn.it nicht nur Unterschriften für ein AfD-Verbot gesammelt
werden könnten, sondern auch dagegen. Diese vom BFH verlangte „geistige
Offenheit“ ging innn.it aber zu weit.
Vor wenigen Tagen beschloss die innn.it-Mitgliederversammlung, dass man den
Rechtsstreit nicht fortführen wird und auf die Gemeinnützigkeit verzichtet.
Mit den BFH-Vorgaben zur Neutralität könne man eine „Petitionsplattform mit
Haltung“ nicht gemeinnützig betreiben.
„Das BFH-Urteil ist ein Rückschritt für die Zivilgesellschaft“, sagt
innn.it-Vorstand Hackmack. Stephanie Handtmann von der Allianz
„Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ sieht im BFH-Urteil einen
Appell an den Gesetzgeber, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren.
## Auf Linie eines Attac-Urteils
Das aktuelle Urteil des BFH liegt auf der Linie seines Attac-Urteils von
2019. Schon damals entschied der BFH, dass die „Förderung des
demokratischen Staatswesens“ nicht den Einsatz für „Einzelinteressen“
erlaube, weshalb die Kapitalismusskeptiker:innen von [2][Attac
ihre Gemeinnützigkeit verloren].
Mit der aktuellen CDU/CSU-geführten Bundesregierung dürfte sich wenig an
den Neutralitätsanforderungen ändern. Schließlich hat die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion erst [3][im Januar (damals noch in der
Opposition) 551 Fragen gestellt], ob staatlich geförderte und gemeinnützige
[4][NGOs ausreichend neutral agieren].
23 Jun 2025
## LINKS
[1] https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail…
[2] /Attac-ohne-Gemeinnuetzigkeit/!6000705
[3] /551-Fragen-im-Bundestag/!6069900
[4] /Antwort-auf-551-Fragen-zu-NGOs/!6071785
## AUTOREN
Christian Rath
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