# taz.de -- Der letzte taz-Handverkäufer in Berlin: Auf Abschiedstournee | |
> Einst gab es in Kneipen Zeitungen zu kaufen. Das ist aus der Mode | |
> gekommen. Olaf Forner ist der letzte Handverkäufer der taz in Berlin. | |
Bild: Olaf Forner bei der Arbeit in einer Berliner Kneipe | |
Berlin taz | Vor der Böse Buben Bar in Berlin-Mitte sitzt Corinna Boje nahe | |
der Hauswand. Die Abendsonne scheint auf den kleinen Holztisch, den Boje, | |
blonde Kurzhaarfrisur, roter Lippenstift, mit anderen teilt. Wein rankt die | |
Jugendstilfassade hinter dem Grüppchen hinauf. Auf dem Tisch Sektflöten, | |
ein Erdnussschälchen und ein Tagesspiegel. Den hat Boje gerade von Olaf | |
Forner gekauft, einem der letzten Tages- und Wochenzeitungsverkäufer | |
Berlins. Knapp 30 Jahre ist er schon im Geschäft. Corinna Boje gefällt das. | |
„Es ist einfach viel persönlicher, die Zeitung von Olaf zu kaufen. Wir | |
quatschen dann auch immer ein bisschen. Solche Begegnungen hat man ja im | |
anonymen Alltag immer seltener.“ | |
Die Zeitungen transportiert Forner in einer roten Tasche, ihr Gewicht zieht | |
seine Schulter herunter. Gut 40 Exemplare von 12 verschiedenen Zeitungen | |
stecken darin, unter ihnen auch die taz. Eine Auswahl trägt Forner in der | |
Hand, als er an die Kneipentische tritt. „Interesse an Presse?“, fragt er | |
mit lauter Stimme. | |
Forner, Jahrgang 1965, scheint mit seinem grünem Fußballtrikot von Union | |
Berlin, seinen fransigen, kinnlangen Haaren und der verwaschenen „Eisern | |
Union“-Kappe nicht so richtig zum Sekt-und-Nüsschen-Flair von Berlin-Mitte | |
zu passen. Doch für Stammgäste wie Corinna Boje gehört er dazu. | |
Die Abendsonne dringt kaum ins Innere der Böse Buben Bar. Es ist dunkel, im | |
goldfarbenen Zapfhahn an der Holztheke spiegelt sich das schummerige Licht | |
der Wandlampen. Der Wirt hinter der Bar kauft Forner eine taz ab. Exemplare | |
der ganzen Woche liegen ordentlich drapiert auf einem Tisch. Den Gästen | |
Zeitungen zum Lesen anzubieten, gehört für den Wirt zum guten Service dazu. | |
Ein paar Stammgäste nutzten das tatsächlich auch noch, meint der Gastronom, | |
doch es würden immer weniger. Es lohne sich deshalb nicht wirklich. Auch | |
Forner will seinen Job als Zeitungsverkäufer bald aufgeben. Die Arbeit | |
rechne sich einfach nicht mehr. Dass die taz Mitte Oktober ihre gedruckte | |
Ausgabe unter der Woche einstellt, will er zum Anlass nehmen, auch seine | |
abendlichen Verkaufsrunden zu beenden. | |
Es gibt noch etwa 15 Berliner Wirte wie den der Böse Buben Bar, die Forner | |
regelmäßig Zeitungen abkaufen. Dazu kommen Stammkund*innen wie Corinna | |
Boje. Doch insgesamt ist sein Umsatz drastisch zurückgegangen. „Wenn’s gut | |
läuft, verkaufe ich an einem Abend unter der Woche so um die 10 Zeitungen | |
an den Tischen“, sagt Forner. „Vor 15 Jahren waren es noch etwa 60.“ Rund | |
30 Euro verdiene er damit an einem Abend unter der Woche. | |
Forner verabschiedet sich noch von Bojes Feierabendrunde und geht zurück | |
zu seinem Rad. Die schwere Tasche behält er über der Schulter, der | |
Gepäckträger ist schon belegt. Zwei Fahrradtaschen hängen daran, ebenfalls | |
rot. Die sind allerdings prall gefüllt mit Gemüse von einer Bio-Kiste und | |
[1][Stadionheften des 1. FC Union Berlin.] An Spieltagen ist Forner nämlich | |
auch dort Zeitungsverkäufer. Heute sind die Heftchen besonders brisant: Da | |
stehe schon drin, dass Christopher Trimmel, ein Kapitän des Bundesligisten, | |
im Verein bleibe, flüstert Forner. „Die Info wird erst morgen offiziell | |
bekannt.“ | |
Die Böse Buben Bar war heute der erste Stopp auf seiner Route, es stehen | |
noch 15 weitere Lokale an. Forner tritt kräftig in die Pedale, die Zeit | |
sitzt ihm im Nacken, denn gerade unter der Woche sind die Kneipen schon | |
früh leer. Das sei einmal anders gewesen. „Wenn sich die Leute früher | |
vorgenommen haben, abends um zehn zu Hause zu sein, sind sie beim fünften | |
Versuch um zwei gegangen.“ Heute würden die meisten Läden unter der Woche | |
spätestens um halb elf schließen. „Alles was wir heute machen, machen wir | |
effektiver und professioneller, egal ob Job, Kinder, Partnerschaft oder | |
Hobbies“, glaubt Forner. Für Kneipen bleibe weniger Zeit. | |
Er hat sein Rad an einer belebten Kreuzung abgestellt und mit einem | |
Rahmenschloss zugesperrt. Mit der Ware in der Hand geht er jetzt etwas | |
schwerfällig die Tische des Außenbereichs des „Hackbarth’s“ entlang, ei… | |
Eckkneipe in Mitte. Das Publikum ist jung, zurechtgemacht, die Bärte sind | |
perfekt rasiert. Haarsträhnen fallen gerade im richtigen Maß aus den | |
Spangen, es riecht nach dezent duftendem Parfum. | |
„Hier noch jemand ohne Buchstabenallergie?“, ruft Forner verschmitzt und | |
streckt seinen Arm voller Zeitungen nach vorn. In den Gesichtern stehen | |
peinlich berührte Blicke, verschämtes Grinsen macht sich breit, alle | |
starren angestrengt in ihr Getränk. Eine Zeitung verkauft Forner hier | |
nicht. Es scheint, als könne damit niemand etwas anfangen, als würde Forner | |
die Sundowner-Atmosphäre qua seiner lauten Stimme stören. | |
Doch davon lässt er sich nicht beirren. Forner betritt das Hackbarth’s, | |
verkauft das verabredete Kontingent an den Wirt und geht zurück zu seinem | |
Rad. Die Stadt hat im Laufe seiner Karriere als Zeitungsverkäufer ein neues | |
Gesicht bekommen. Viele Berliner Kneipen, durch die er vor Jahren noch | |
gezogen ist, steuert er heute gar nicht mehr an. „Da sind nur Touristen | |
drin, die haben eh kein Interesse an einer deutschsprachigen Zeitung“, sagt | |
Forner. | |
Sich selbst beschreibt er als Dinosaurier. Das passt. Ein Lebewesen, das es | |
eigentlich gar nicht mehr gibt, dem eine gewisse Faszination anhaftet. | |
Etwas Schillerndes, dem der Lebensraum fehlt. | |
Forner kam 1965 in Ostberlin zur Welt, hat seine Jugend in der DDR | |
verbracht. Wer ihn von früher kennt, prostet ihm zu, freut sich über einen | |
kleinen Schnack und kauft ihm eine Zeitung ab. Doch an anderen Tischen | |
wirkt es, als passe der letzte Zeitungsverkäufer Berlins nicht mehr so | |
richtig hinein in diese Welt. | |
Der Handverkauf, also der Verkauf von Zeitungen direkt aus der Hand, war | |
schon immer ein Nischengeschäft. Denn wirtschaftlich war und ist der | |
Verkauf über Abonnements für die Verlage deutlich relevanter. Das liege | |
auch daran, dass die Verlage auf die Abos angewiesen seien, um Einnahmen | |
und Ausgaben wirtschaftlich planen zu können, sagt Astrid Blome vom | |
Institut für Zeitungswissenschaften in Dortmund. Auch bei der taz ist das | |
so, der Handverkauf dient nur dazu, Aufmerksamkeit zu generieren. | |
Die erste Zeitung, die in Deutschland direkt aus der Hand verkauft wurde, | |
war die Berliner B. Z. am Mittag. Sie gilt als erste Boulevardzeitung | |
Deutschlands. Der Berliner Ullstein Verlag konzipierte sie 1904 nach | |
US-amerikanischem Vorbild und bediente damit in der entstehenden Metropole | |
Berlin eine Marktlücke. Anfang des 20. Jahrhunderts verkauften die Verlage | |
für gewöhnlich eine Morgenausgabe, die in der Nacht gedruckt wurde, und | |
eine am Nachmittag gedruckte Abendausgabe. Die B. Z. am Mittag hingegen | |
erschien gegen 13 Uhr und lieferte kurze, aktuelle Informationen. | |
„Die Zeitung sollte zwischendurch, zum Beispiel in der Mittagspause und der | |
U-Bahn, gelesen werden“, so Blome. Entsprechend simpel waren die Texte, die | |
Titelseite musste außerdem schnell Aufmerksamkeit erregen. „Während die | |
Morgen- und Abendausgabe größtenteils über Abos verkauft wurde, kam es beim | |
Straßenverkauf darauf an, jeden Tag neu Interesse zu wecken“, sagt Blome. | |
Das gelang am besten mit reißerischen Schlagzeilen, Klatsch und mit der | |
Verkündung vermeintlicher Sensationen. | |
Diese Themen ziehen immer noch. „Problemtitel wie Kernkraft, Israel, | |
Umweltverschmutzung, all diese Dinge, mit denen sich die taz ja eigentlich | |
befasst, sind Kaufhemmnisse“, sagt Forner. In den ersten Jahren als | |
Zeitungsverkäufer hatte er weder taz noch Tagesspiegel dabei, sondern die | |
Boulevardzeitungen Berliner Kurier und B. Z., die Nachfolgezeitung der B. | |
Z. am Mittag, die heute zum Axel-Springer-Verlag gehört. Über einen | |
Bekannten kam Forner vor rund 17 Jahren zur taz und wurde [2][Genosse.] | |
Denn trotz der für den Straßenverkauf oft sperrigen Titelthemen ist er | |
überzeugter tazler. „Jeden Tag einen unserer Leser verärgern – Bascha | |
Mika“, zitiert Forner einen Spruch, den die ehemalige Chefredakteurin | |
gesagt haben soll. Das habe ihn eingenommen für die taz: „Nicht für eine | |
bestimmte Zielgruppe schreiben, gegen den Strom schreiben, aber kein | |
Querdenker sein“, so sieht er das. | |
Schon lange findet es Forner wichtig, bei seinen Verkaufstouren mehrere | |
Zeitungen anzubieten. „Zu Bildung gehört ja auch, dass man ein breites | |
Meinungsspektrum kennt, aus dem man dann aussuchen kann.“ Zeitungen hätten | |
seinen Horizont erweitert, sagt der 59-Jährige, während er auf seinem Rad | |
den Bezirk Mitte verlässt. „Ich bin Arbeiterkind, aber ich habe mir | |
Zeitungen gekauft, seitdem ich lesen konnte.“ Er habe gelernt, in der | |
DDR-Presse zwischen den Zeilen zu lesen. Auch in Büchereien sei er viel | |
gewesen. „Die DDR-Literatur war einfach geschrieben. Das fehlt heute. Klar, | |
das Politische ging gar nicht, aber wenn es um das Menschliche ging, war | |
sie am normalen, einfachen Menschen dran.“ | |
Forner findet, dass Zeitungen es heute nicht mehr schaffen, Inhalte so zu | |
vermitteln, dass sie für eine breite Masse verständlich sind. „Wir, die | |
Bildungsmenschen, wo ich mich dazu zähle, haben die einfachen Menschen der | |
Bild-Zeitung überlassen.“ Durch Populismus und eine herabwürdigende Sprache | |
habe diese Art Journalismus viele Menschen für die Inhalte der AfD und von | |
rechten Medien empfänglich gemacht. Forner wünscht sich außerdem mehr | |
Themen in einfacher Sprache, denn viele Menschen, zum Beispiel mit | |
Behinderung, würden oft ausgeschlossen. | |
Auch in der Kulturkneipe Watt im Prenzlauer Berg verkauft er fast täglich | |
ein festes Kontingent. Heute unterschreibt er dort außerdem [3][eine | |
Petition,] denn dem Watt droht die Schließung. Der bestehende Mietvertrag | |
läuft im September aus und soll nicht verlängert werden. Stattdessen werde | |
der dreifache Mietpreis verlangt, erzählt der Mann an der Bar, als er | |
Forner Klemmbrett und Kuli zuschiebt. Der Gentrifizierung sind hier schon | |
viele Kneipen und Wohnungen zum Opfer gefallen. | |
Zwei Stufen führen vom Innenbereich des Watt hinaus auf einen breiten | |
Bürgersteig. Zwischen Bierbankgarnituren sitzt an einem kleinen Tisch | |
Claude, ein Mann mit weißem Haar, Armbanduhr und französischem Akzent. Er | |
blättert in einem Buch über die Malerin Gabriele Münter. Von Forner kauft | |
er die Wochenzeitung Der Freitag, weil ihm „das Titelbild so gut gefällt“, | |
sagt er. Heidi Reichinnek und Gregor Gysi, die Zukunft und die | |
Vergangenheit der Linkspartei also, sind darauf abgebildet. Als Claude das | |
Münter-Buch zur Seite legt und sich der Zeitung annimmt, sitzt Forner schon | |
wieder im Sattel. | |
Jetzt geht es nur einmal quer über eine große Kreuzung, hinüber zum Metzer | |
Eck, der ältesten Kneipe im Prenzlauer Berg. Seit 1913 ist sie in | |
Familienbesitz. Forner parkt das Rad neben dem Außenbereich des Lokals. | |
Dann tritt er an die Tische: „Gibt es hier vielleicht jemanden, der sich | |
nicht schämen würde, lesend mit einer Zeitung gesehen zu werden, die er | |
vorher käuflich erworben hat?“, ruft er und ist nach dem langen Satz fast | |
außer Atem. Doch es bleibt still. Forner geht zurück zu seinem Rad. „Da war | |
nichts zu holen“, sagt er. Das habe er gleich gespürt. Die Arbeit als | |
Zeitungsverkäufer schule das Gespür für soziale Situationen und Menschen. | |
Forners Streifzüge durch die Berliner Gastronomie bringen ihn in Kontakt | |
mit verschiedenen Milieus. Dabei habe er gelernt, dass es in Gruppen immer | |
Meinungsführer gebe, sagt er, und wie wichtig Kompromisse im menschlichen | |
Miteinander seien. „Das, was jetzt bei der letzten Regierungsbildung oft zu | |
hören war, 'Wenn zwei Leute eine Koalition bilden, sind beide Lügner, weil | |
sie ihre Meinung nicht durchsetzen’ – Wie bekloppt ist denn das?“, sagt er | |
kopfschüttelnd. Dann steigt Olaf Forner wieder aufs Rad. „Als nächstes | |
fahren wir zu einem Laden, da gibt es bayerische Tapas. Cool, oder?“ | |
Das Leibhaftig liegt nur etwa 50 Meter vom Metzer Eck entfernt. „Mir würde | |
was fehlen, wenn Olaf nicht mehr kommt“, sagt Wirt Marcus Wanke. Forner | |
habe immer ein Thema parat, oft sei das deckungsgleich mit den Inhalten, | |
die in den Zeitungen verhandelt würden. „Gastronomen schmoren ja sehr im | |
eigenen Saft, ich bringe die Berichte von anderswo“, meint Forner | |
augenzwinkernd. | |
Die letzte Abendsonne scheint auf die Tische vor dem Leibhaftig. An einem | |
warten ein älteres Paar und zwei Jugendliche auf ihr Essen. Forner | |
präsentiert seine Ware. Die Zeit kündigt auf dem Titelblatt unter anderem | |
einen Artikel zum Thema Pflege an. „Um Gottes Willen“, kommentiert das der | |
ältere Herr, entscheidet sich lieber für den Berliner Tagesspiegel und | |
befindet sich sogleich mittendrin in einem Gespräch über Altersvorsorge. | |
„Es ist wichtig, frühzeitig ein persönliches Assistenzmodell zu | |
entwickeln“, sagt Forner. | |
Er kennt sich damit aus, er arbeitet auch als Assistent für ambulante | |
Dienste. Allein durch das Verkaufen von gedruckten Zeitungen kann er sich | |
schon lange nicht mehr finanzieren. Als das Essen für den Tisch kommt, ist | |
Forner bereits auf dem Weg zurück zum Rad. „Lassen Sie sich von der Pflege | |
nicht übers Ohr hauen, das Beste ist eine Eins-zu-eins-Betreuung!“, ruft er | |
dem Senior noch zu. | |
Die nächste Radetappe führt Richtung Helmholtzplatz, ebenfalls im | |
Prenzlauer Berg. Forner gibt jetzt richtig Gas, in kurzen Abständen knackt | |
seine Gangschaltung laut. Um das linke Knie trägt er eine Bandage. Mit dem | |
Meniskus hat er immer wieder Probleme. | |
Eigentlich ist Olaf Forner immer unterwegs. Neben dem Zeitungsverkauf und | |
seinem Job als persönlicher Assistent engagiert er sich für Inklusion beim | |
1. FC Union Berlin und bei der Evangelischen Allianz in Deutschland. Er | |
organisiert Veranstaltungen und schreibt und veröffentlicht eigene Texte. | |
Außerdem ist er in einem Gemeinschaftsgarten Mitglied, organisiert dort | |
unter anderem einen Büchertausch. „Rumliegen“, das sei nichts für ihn, sa… | |
Forner. „Du spürst nur, dass du wer bist, wenn du was machst.“ | |
## Rahmenschloss zu, Rahmenschloss auf | |
Nächster schneller Stopp ist unter anderem auch ein Bioladen. | |
Fahrradständer ausklappen, Rahmenschloss zu, ein Paket Zeitungen unter den | |
Arm, Runde drehen, zurück zum Rad, Zeitungen in die Tasche, Rahmenschloss | |
auf, weiter geht’s. | |
Im Café Babel kauft der Wirt eine taz, im Il Pane e le Rose im benachbarten | |
Friedrichshain gehen zwei Ausgaben des Freitag an Gäste, die die | |
frühsommerliche Nacht genießen. Einen Moment nimmt sich Forner hier für ein | |
Gespräch über die schlechten Arbeitsbedingungen in der Gastronomie, dann | |
muss er rasch weiter. Über den mit Baumblüten bedeckten Asphalt geht es zum | |
Chez Maurice. | |
Holger, ein Mann in Hemd, mit schulterlangem angegrautem Haar und kleinen | |
Brillengläsern, sitzt auf dem Gehsteig davor. Er winkt ab, als Forner ihm | |
eine Zeitung anbietet. „Les’ ich alles digital“, sagt er. Trotzdem freut … | |
sich, Forner zu sehen. „Hier im Viertel verändert sich alles, aber du bist | |
immer noch da.“ | |
Forner schmerzt die Vorstellung, ab Mitte Oktober nicht mehr mit seiner | |
Schultertasche voller Zeitungen durch die Berliner Lokalitäten zu ziehen. | |
„Aber ich will das ersetzen durch Stadtführungen. ‚Das Nachtleben in | |
Prenzlauer Berg – wie es früher war, und was davon übrig geblieben ist‘ �… | |
so was zum Beispiel.“ | |
Plötzlich schlägt er sich an die Stirn. „Ich hab was vergessen!“, ruft er. | |
Forner läuft zum Rad. Tasche packen, aufsteigen und aufschließen, das | |
erledigt er quasi in einer einzigen fließenden Bewegung. An der Haltestelle | |
Greifswalder- und Danziger Straße schiebt Olaf Forner sein Rad in die Tram. | |
Außer Atem sagt er: „Ich muss noch die Buttons für das Union-Spiel am | |
Samstag abholen!“ Dann trägt die Straßenbahn ihn davon. | |
25 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.fc-union-berlin.de/de/meldungen/rot-weisse-vereinszeitschrift-b… | |
[2] /Genossenschaft/!p4271/!vn/ | |
[3] https://www.openpetition.de/petition/online/kulturkneipe-von-schliessung-be… | |
## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
## TAGS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt Zeitungskrise | |
Zeitung | |
Zeitungszusteller | |
Berlin | |
Auslieferung | |
Seitenwende | |
Social-Auswahl | |
Hinz&Kunzt | |
Öffentlichkeit | |
Mindestlohn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Chefredakteurin über Obdachlose und Corona: „Die Solidarität ist riesig“ | |
Das Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ ist erstmals nur digital | |
erschienen. Den Verkäufer*innen fehlen die sozialen Kontake, erklärt Birgit | |
Müller. | |
Essay Journalismus und Öffentlichkeit: Das Ende vom Morgengebet | |
Wir brauchen Informationen, ruft die Öffentlichkeit. Aber wer braucht | |
eigentlich die Öffentlichkeit? Verendet der Journalismus? | |
Ausnahmen vom Mindestlohn: Weniger Geld für zwei Millionen | |
Die Union fordert Ausnahmen vom Mindestlohn. Die würden nach Berechnungen | |
der Hans-Böckler-Stiftung zwei Millionen Menschen treffen. |