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# taz.de -- Linkes Hausprojekt „H48“ in Berlin: Investitionsobjekt statt Wo…
> Kein Happy End in Sicht beim Neuköllner Wohnprojekt. Die Räumungsklagen
> häufen sich, ein Kaufangebot der Bewohner:innen lehnt der Eigentümer
> ab.
Bild: Ein langer Kampf: Schon 2021 kämpften die Bewohner:innen für den Erhalt…
Berlin taz | „H48 bleibt unser Haus“, steht auf einem Transparent, das
Bewohner:innen der Hermannstraße 48 in Neukölln aus einem Fenster
entrollt haben. Doch momentan sieht es für das Hausprojekt alles andere als
gut aus: Der Eigentümer, die „Hermannshof 48 Grundbesitz mbH“, hinter der
eine sächsische Immobilienfirma steht, versucht auch die letzten
verbleibenden Wohngemeinschaften mittels Räumungsklagen loswerden – um die
Immobilie gewinnbringend weiterverkaufen zu können. Ein kürzliches
Kaufangebot der Hausgemeinschaft lehnte er ab.
[1][Seit Jahren kämpfen die Bewohner*innen der H48 nun schon um den
Erhalt ihres Hausprojekts.] Als ihr Haus 2021 verkauft wurde, versuchten
sie es über das bezirkliche Vorkaufsrecht zu erwerben. Der Versuch
scheiterte vor Gericht. Seither will der Eigentümer die Bewohner*innen
loswerden – und setzt dabei auf Massenkündigung und Räumungsklage. Sein
Plan: den Wohnraum in Gewerbefläche umwandeln. Dafür argumentiert er, die
Mietverträge seien eigentlich Gewerbeverträge und somit fristlos kündbar.
Viele Bewohner*innen verließen das Haus in der Folge, andere
entschieden sich zu kämpfen. Sie reichten ihrerseits Klage ein, um den
Kündigungsgrund auszuhebeln. Doch das ist bislang erfolglos: In drei Fällen
schmetterte das Gericht die Klagen bereits ab, bei sieben
Wohngemeinschaften stehen die Entscheidungen noch aus.
Nun will der Besitzer das Haus laut den Bewohner*innen schon wieder
abstoßen. Die Bewohner*innen berichten von einer erwünschten
Verkaufssumme im achtstelligen Bereich. Das Angebot der Hausgemeinschaft
über 9,5 Millionen Euro, welches sie in Gesprächen mit Banken und
Miethäusersyndikat erarbeiten konnten, ließ er links liegen. Eine
taz-Anfrage an „O&S ImmoConsulting“, die Immobilienfirma des mutmaßlichen
Eigentümers Oliver Sahr, ließ dieser unbeantwortet.
## Bedeutung für die Szene
Der hohe Kaufpreis sei ungerechtfertigt, finden die Bewohner*innen, denn
das Haus habe einen riesigen Sanierungsstau. „Wir wären eigentlich die
besten Eigentümer“, sagt Miriam Fichtel, eine Bewohnerin, die ihren echten
Namen nicht in der Zeitung lesen will. Im Gegensatz zu den Eigentümern
kümmere sich die Hausgemeinschaft um die Instandhaltung des Gebäudes. Man
wolle den Wohnraum langfristig erhalten, umweltfreundlich sanieren und die
Nachbarschaft mitgestalten.
Für viele Leute im Kiez sei die „H48“ ein wichtiger Bezugspunkt und
Vernetzungsort, sagt Fichtel. Das seit den 80er Jahren bestehende
Hausprojekt beherbergt neben Wohngemeinschaften auch einen Projektraum, der
als politischer und nachbarschaftlicher Begegnungsraum genutzt wird.
„Wenn diese kleine Insel der Hausgemeinschaft jetzt noch wegbricht, dann
ist der Schillerkiez einfach nur weiter plattgentrifiziert“, klagt Fichtel.
Berlin brauche [2][keine neuen Gewerbeflächen,] sondern bezahlbaren
Wohnraum. „Eine Schweinerei, dass schon jetzt so viele Leute ausziehen
mussten – und jetzt stehen hier Wohnungen einfach leer“, sagt Fichtel.
## Runde Tische scheiterten
Das Bezirksamt hatte sich bereits in der Vergangenheit als
Vermittlungsinstanz angeboten und lud auch im Mai erneut zu einem runden
Tisch ein, bei dem über einen möglichen Verkauf an die Hausgemeinschaft
verhandelt werden sollte. Auf die Einladung ging der Eigentümer laut der
Hausgemeinschaft nicht ein.
Mehr als solche Vermittlungsversuche seien allerdings nicht mehr drin, sagt
Jochen Biedermann, Bezirksstadtrat von den Grünen. Denn [3][mit dem
vereitelten Vorkaufsrecht] sei der konkrete Machthebel des Bezirksamts
weggebrochen. Man sei aber nach wie vor an Deeskalation interessiert und
werde weiterhin den Willen dazu signalisieren, eine gemeinsame Lösung zu
erarbeiten, sagt Biedermann. Dazu brauche es jedoch die Bereitschaft von
beiden Parteien, sich zu bewegen – die sehe man gerade allerdings nur bei
der Hausgemeinschaft.
Die verbleibenden Bewohner*innen kündigen an, hartnäckig zu bleiben,
und hoffen auf das letztendliche Einlenken der Eigentümer. Es sei nicht zu
spät, den Fehler einzusehen – das Kaufangebot ihrerseits bestehe weiterhin.
18 Jun 2025
## LINKS
[1] /Hausprojekt-H48-in-Neukoelln/!6019726
[2] /Hochhaus-Plaene-in-Berlin-Friedrichshain/!6082195
[3] /Vorkaufsrecht-in-der-Warschauer-Strasse/!6086029
## AUTOREN
Lea Kleinsorge
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Hausbesetzung
Selbstverwaltete Wohnprojekte
Berlin
Wohnungen
Vorkaufsrecht
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Berlin-Neukölln
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