| # taz.de -- Mitbegründer über Hausprojekt: „Wir haben die Vermieter entrech… | |
| > Das Hamburger Hausprojekt „Hayn-/Hegestraße“ feiert 50-jähriges Bestehen | |
| > seines Mietvertrages. Der ist einzigartig: Er überlebte schon 52 | |
| > Kündigungen. | |
| Bild: Auch schon wieder einige Jahre her: Die Fassade des Hauses in der Haynstr… | |
| taz: Herr Vetter, warum muss ein Mietvertrag gefeiert werden? | |
| Bernd Vetter: Weil das ein ganz besonderer Mietvertrag ist mit ganz vielen | |
| günstigen Vereinbarungen für die Mietergruppe Haynstraße/Hegestraße. Wir | |
| zahlen heute noch in Eppendorf eine Miete von 3,49 Euro pro Quadratmeter. | |
| In der Umgebung werden sonst 15 bis 22 Euro pro Quadratmeter gezahlt. Und | |
| weil wir diesen Mietvertrag in 50 Jahren gegen 52 Kündigungen und zwölf | |
| Räumungsklagen erfolgreich verteidigt haben. | |
| taz: Wie kam es damals zu diesem Mietvertrag? | |
| Vetter: Eine Spekulantenfirma hat das Grundstück 1969 gekauft, um dieses | |
| [1][schöne, alte Haus] abzureißen und es durch einen gesichtslosen Neubau | |
| zu ersetzen. Die Idee war, die bis dahin leerstehenden Wohnungen über den | |
| Asta vorübergehend an StudentInnen zu vermieten. Da der Asta damals links | |
| bis linksradikal besetzt war, sind wir, darunter erfahrene Politstrategen | |
| aus vielen Organisationen, in die Haynstraße gekommen. Wir haben uns | |
| zusammengeschlossen und haben den Abriss politisch weggekämpft. Nachdem wir | |
| die Räumungsprozesse gewonnen haben, hat die Firma das Grundstück an einen | |
| anderen Spekulanten verkauft, mit dem wir daraufhin den neuen Mietvertrag | |
| ausgehandelt haben. | |
| taz: Wie erklären Sie sich den Erfolg im Kampf um den Mietvertrag? | |
| Vetter: Damals sind viele glückliche Umstände und eben auch die gute | |
| Arbeit, die wir geleistet haben, zusammengekommen. Das war auch das erste | |
| Mal, dass in Hamburg die zum Teil verfeindeten, linken Gruppen | |
| zusammengearbeitet haben – an diesem Projekt Haynstraße. | |
| taz: Wer lebt heute in der Haynstraße? | |
| Vetter: Es leben noch zehn bis fünfzehn Personen hier, die bereits um den | |
| Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags hier gewohnt haben. Diese haben | |
| zum Teil Kinder bekommen, die sich vor circa zehn Jahren nochmal | |
| zusammengetan haben, um [2][dieses Projekt] von ihren Eltern | |
| weiterzuführen. Wir haben sie als Kinder des Hauses in die Mietergruppe | |
| aufgenommen, einige wohnen auch schon im Haus. Wenn eine Wohnung frei wird, | |
| dann bestimmt die Hausversammlung, die aus allen BewohnerInnen besteht, wer | |
| einziehen darf. Wir haben eine totale Basisdemokratie. Wir wollen, dass nur | |
| Leute bei uns wohnen, die sich hinter unsere politischen Grundsätze | |
| stellen, und wir in dieser Richtung auch Initiativen machen können. | |
| Verbindlich für alle ist die Mieterarbeit im Zusammenhang mit dem Projekt | |
| Haynstraße. | |
| taz: Sind Sie auch [3][in derzeitigen Mietdebatten aktiv?] | |
| Vetter: Ich bin für die Mietergruppe einer der Initiatoren der | |
| [4][Volksinitiativen „Keine Profite mit Boden und Miete“]. Wir haben über | |
| zwei Jahre mit SPD, Grünen und den entsprechenden SenatorInnen verhandelt | |
| und haben erreicht, dass in der Hamburger Verfassung jetzt steht, dass | |
| Wohngrundstücke nicht mehr von der Stadt verkauft werden dürfen. Außerdem | |
| hat die Stadt beschlossen, dass ab 2025 jährlich mindestens 1.000 ewig | |
| preisgebundene Sozialwohnungen gebaut werden müssen – 20 Jahre lang. | |
| taz: Könnte ein vergleichbares Projekt heute nochmal entstehen? | |
| Vetter: So in dieser Form wahrscheinlich nicht. Wir haben viele Forderungen | |
| in diesem Mietvertrag untergebracht, den heutzutage wahrscheinlich ohne | |
| weiteres kein Vermieter mehr abschließen wird. Es gab dabei nie | |
| Unterstützung von staatlicher Seite und das Ganze basiert am Ende auf | |
| Verhandlungsgeschick. Es haben schon mehrere Gerichte gesagt, dass dieser | |
| Vertrag in Deutschland einzigartig ist und es wahrscheinlich auch bleiben | |
| wird. | |
| taz: Kann man also sagen, dass Sie eine Art Knebelvertrag zu Gunsten der | |
| Mieter:innen geschlossen haben? | |
| Vetter: Ja, das kann man so sagen. Wir haben im Prinzip die Vermieter im | |
| großen Umfang entrechtet. | |
| 18 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.denkmalverein.de/gerettet/wohnprojekt-haynstrasse-1 | |
| [2] /Jenseits-des-Immobilienmarkts/!5973342 | |
| [3] /Streitgespraech-ueber-Mieteninitiative/!5734222 | |
| [4] https://keineprofitemitbodenundmiete.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Krischan Meyer | |
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