# taz.de -- Compact-Prozessbeginn am Dienstag: Faesers Verbot auf dem Prüfstand | |
> Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt in einem Großverfahren über das | |
> Verbot des rechtsextremen Magazins Compact. Das Urteil soll noch im Juni | |
> verkündet werden. | |
Bild: Jürgen Elsässer gibt sich siegessicher | |
Berlin taz | Ab Dienstag wird das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in | |
Leipzig über das Verbot des rechtsextremen Compact-Verlags verhandeln. | |
Innenministerin Faeser hatte das Magazin Compact im Juli 2024 verboten. Das | |
BVerwG hat das Verbot jedoch einen Monat später vorläufig ausgesetzt – bis | |
zur jetzigen mündlichen Verhandlung. | |
Der Compact Verlag gibt das Monatsmagazin Compact mit einer verkauften | |
Auflage von rund 40.000 Exemplaren heraus. Eine Tochtergesellschaft | |
produziert CompactTV, das auf YouTube täglich eine Schwerpunkt-Sendung | |
produziert und inzwischen rund 512.000 (kostenfreie) Abonnent:innen hat. | |
Hauptgesellschafter des Verlags und Chefredakteur des Magazins ist Jürgen | |
Elsässer, der bis 2010 als Redakteur für linksradikale Medien wie ak, junge | |
welt, jungle World und Konkret schrieb. Nach einer etwa zehnjährigen | |
anti-deutschen Phase öffnete er sich ab 2000 immer mehr für | |
nationalistische Positionen, gründete 2010 Compact als Querfront-Projekt | |
und engagierte sich ab 2014 als AfD-Unterstützer. Ab 2021 hat der | |
Verfassungsschutz Compact als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. | |
Im Juli 2024 verbot die damalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die | |
Compact Magazin GmbH und angeschlossene Gesellschaften unter Berufung auf | |
das Vereinsgesetz. Die Gesellschaften richteten sich gegen die | |
verfassungsmäßige Ordnung, so Faeser. Straftaten wurden Compact nicht | |
vorgeworfen. | |
In der 79-seitigen Verbotsverfügung hieß es, Compact agiere | |
„kämpferisch-aggressiv“ gegen die zentralen Werte des Grundgesetzes, | |
insbesondere Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde. Compact vertrete | |
offen den „Sturz des Regimes“ und ein völkisch-nationalistisches | |
Gesellschaftskonzept, das ethnisch Fremde nach Möglichkeit aus dem | |
deutschen Staatsvolk ausschließt. Menschen nicht-deutscher Abstammung | |
würden ständig diffamiert und mit Kriminalität in Verbindung gebracht, etwa | |
wenn behauptet wird, die Zuwanderung verwandele Deutschland „in eine große | |
Vergewaltigungszone, in der Frauen nunmehr Freiwild sind.“ | |
Compact klagte gegen das Verbot und erhob einen Eilantrag. Für beides ist | |
in erster und einziger Instanz das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig | |
zuständig. Das Gericht gab dem Eilantrag statt und setzte das Verbot nach | |
vier Wochen vorläufig aus. Der Erfolg der Klage sei offen, im Zuge einer | |
Interessensabwägung habe die Pressefreiheit bis zur mündlichen Verhandlung | |
Vorrang. Compact propagiere zwar Aussagen, die die Menschenwürde verletzen, | |
im Eilverfahren könne jedoch nicht festgestellt werden, ob diese die | |
Publikationen „prägen“. | |
In der nun anstehenden Hauptverhandlung über die Compact-Klage muss der 6. | |
Senat des BVerwG nun entscheiden, ob die verfassungswidrigen Äußerungen | |
Compact prägen oder ob verfassungsrechtlich unproblematische Inhalte | |
wichtiger sind. Die Richter:innen wollen dabei nicht Seiten zählen, | |
sondern das „Gesamtbild“ bewerten. | |
Schon in der Eil-Entscheidung hatten die Richter:innen klar gemacht, | |
dass sie die Anwendung des Vereinsgesetzes auf einen Verlag und damit auch | |
auf journalistische Medien unproblematisch finden. Tatsächlich hat das | |
Leipziger Gericht schon oft das vereinsrechtliche Verbot von (insbesondere | |
PKK-nahen kurdischen) Medien bestätigt. | |
Entscheidend dürfte in Leipzig sein, ob der Eingriff in die Pressefreiheit | |
verhältnismäßig ist oder ob es mildere Mittel als ein Verbot des gesamten | |
Verlags mitsamt Magazin und TV-Programm gäbe. Denkbar wäre etwa das Verbot | |
einzelner Videos auf rundfunkrechtlicher Grundlage nach der Ausstrahlung. | |
Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst drei Verhandlungstage von | |
Dienstag bis Donnerstag angesetzt. Weitere Verhandlungstage sind möglich. | |
Ein erster Verhandlungstermin im Februar war auf Juni verschoben worden, | |
weil im Februar eine Verlängerung jedenfalls nicht im Großen Sitzungssaal | |
möglich gewesen wäre. So findet die Verhandlung gegen die AfD-nahe | |
Mediengruppe immerhin erst nach der Bundestagswahl statt. Das Urteil wird | |
sicher nicht in dieser Woche, aber wohl noch im Juni verkündet. | |
Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer zeigte sich auf CompactTV | |
siegesgewiss, weil über seine Klage die gleichen Richter entscheiden, die | |
im [1][August das Verbot vorläufig aussetzten]. Da könnte er sich | |
allerdings täuschen. Die Richter haben nicht mit einer wahrscheinlich | |
erfolgreichen Klage argumentiert, sondern mit einem „offenen“ | |
Verfahrensausgang. Elässer räumte ein, dass er im Verbotsfall auch „einen | |
Plan B, Plan C und Plan D“ habe. | |
Interessant ist, dass auf der Gegenseite mit Alexander Dobrindt (CSU) ein | |
neuer Innenminister verantwortlich ist. Ob er die Argumentation von Faeser | |
gegenüber Compact aufrechterhält, wollte das Ministerium auf taz-Anfrage | |
nicht beantworten. | |
Am 6. Senat des BVerwG ist auch die Nichtzulassungsbeschwerde der AfD im | |
Verfahren um die Einstufung als extremistischer Verdachtsfall anhängig. | |
Eigentlich war längst mit einer Entscheidung des BVerwG gerechnet worden. | |
Der Senat will aber zunächst das Compact-Verfahren abschließen. | |
8 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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